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Kommentar: Der Hass nach Englands Elfmetern ist so verstörend wie vielsagend

Kommentar

Der Hass nach Englands Elfmetern ist so verstörend wie vielsagend

Florian Eisele
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    In Manchester wurde ein Wandbild beschädigt, das Marcus Rashford zeigt. Mit Plastiktüten wird der rassistische Schriftzug verdeckt.
    In Manchester wurde ein Wandbild beschädigt, das Marcus Rashford zeigt. Mit Plastiktüten wird der rassistische Schriftzug verdeckt. Foto: Christopher Furlong, Getty Images

    Wer das Knien der englischen Nationalspieler vor Spielbeginn als inhaltsleeren Show-Effekt abgetan hat, hat schon in den ersten Stunden nach dem verlorenen EM-Finale anschaulich vermittelt bekommen, wie tief das Problem noch verwurzelt ist. Die drei Spieler, die die Elfmeter verschossen hatten, waren jung, nervös – und dunkelhäutig.

    Bukayo Saka (19), Jadon Sancho (21) und Marcus Rashford (23) wurden in sozialen Medien aufs Übelste rassistisch beleidigt. Unter dem Motto „Diese N*** haben uns die Euro gekostet“ wurde zur Gewalt gegen schwarze Menschen aufgerufen. In englischen Medien gibt es Berichte, wonach schwarze Menschen attackiert und in die Themse gestoßen wurden. Bürgerrechtsorganisationen riefen dazu auf, in Großbritannien nicht das Haus zu verlassen, falls man dunkelhäutig ist.

    Unglaublich, aber wahr: Das ist Europa im Jahr 2021. Und der Anlass für diesen zügellosen Hass ist ein verlorenes Fußballspiel.

    Marcus Rashord engagiert sich für hungernde Kinder

    Dass Marcus Rashford im Fokus der Attacken steht, ist geradezu grotesk. Der 23-Jährige von Manchester United engagiert sich sozial und hat während der Corona-Krise ein Hilfsprogramm für hungernde Schulkinder gestartet. Mit einem offenen Brief an die Regierung sorgte er dafür, dass auch in Englands Sommerferien kostenlose Mittagessen an bedürftige Kinder verteilt wurden. Das dürfte mehr sein, als diejenigen, die nun über ihr Handy zu Hass und Gewalt aufrufen, jemals geschafft haben.

    Und doch wurde ein Bild, das Rashford an einer Hausmauer in Manchester zeigt, in der Nacht des Finals mit rassistischen Parolen besprüht. Dieser Hass-Ausbruch ist der traurige Schlussakkord einer Europameisterschaft, die neben allem sportlichen Unterhaltungswert abseits des Spielfelds allerlei negative Schlagzeilen lieferte. Von der Kumpelei der Uefa mit Diktatoren, die ihnen in Zeiten von Corona das Stadion vollmacht, über das peinliche Herumeiern beim Regenbogenprotest bis hin zum Beleg, warum es wichtig ist, gegen Rassismus einzutreten.

    Der ehemalige englische Nationalstürmer Alan Shearer fand deutliche Worte. Mit Blick auf die rassistischen Äußerungen sagte er: "Was stimmt mit solchen Leute nicht? Das ist absolut zum Kotzen." Auch nach seiner aktiven Karriere ist Shearer offenbar ebenso direkt wie zielsicher.

    Trotz aller sportlicher Höhepunkte: Diese EM hinterlässt einen schalen Nachgeschmack.

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