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Kommentar: Der Fußball leidet unter den abartigen Auswüchsen

Kommentar

Der Fußball leidet unter den abartigen Auswüchsen

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    Neymars Wechsel für 222 Millionen ist einer der Auswüchse des modernen Profifußballs.
    Neymars Wechsel für 222 Millionen ist einer der Auswüchse des modernen Profifußballs. Foto: Francois Mori (dpa)

    Der Fußball, dieser wunderbare Sport, liegt auf der Krankenstation. Die Maßlosigkeit etlicher Beteiligter hat bösartige Tumore verursacht. Weil es um die Selbstheilungskräfte der Profi-Sektion schlecht bestellt ist, benötigt sie externe Hilfe.

    Besonders deutlich zeigten sich die Symptome in den vergangenen Wochen. Die Auswüchse gewerbsmäßigen Kickens treten vor allem dann in den Vordergrund, wenn ausnahmsweise mal kein Ball in einem der mehr oder weniger wichtigen Wettbewerbe rollt.

    Wenn keine juvenile Elf unter der Leitung Joachim Löws den eher unbedeutenden Confed Cup in Russland holt. Wenn nicht gerade die deutsche U21 Europameister wird. Im Vakuum zwischen den elendig langen Saisons treten die Missstände besonders deutlich hervor. Cristiano Ronaldo schleust Millionen Euro am Fiskus vorbei. Neymar wechselt für die absurde Ablösesumme von 222 Millionen Euro von Barcelona nach Paris, gesponsert aus Katar. Der Brasilianer gibt an, seinem Herzen gefolgt zu sein. Fans und weniger zahlungsfähige Klubs regen sich auf. Ethisch nicht vertretbar, der Fußball entferne sich von den Zuschauern.

    Will mit seinem Streik einen Wechsel zum FC Barcelona erzwingen: Ousmane Dembélé
    Will mit seinem Streik einen Wechsel zum FC Barcelona erzwingen: Ousmane Dembélé Foto: Guido Kirchner (dpa)

    Der Dortmunder Ousmane Dembélé macht das im wörtlichen Sinne und bestreikt das Training seines Vereins, weil er zum FC Barcelona wechseln will. Sicherlich, um seinem Herzen zu folgen.

    Danach schließt der FC Bayern einen Sponsorendeal mit dem Flughafen Dohas ab. Der Hauptstadt Katars. Der Entscheidung liegt die gleiche marktwirtschaftliche Notwendigkeit zugrunde, die den Münchnern eine sportlich irrsinnige Vorbereitungstour nach China einbrockt. Internationale Märkte erschließen, lautet der Fachbegriff. Dabei gibt es keine wie auch immer geartete Notwendigkeit für Sportvereine, Geschäfte mit Regimes zu machen, für die Menschenrechte eher im Bereich gut gemeinter Vorschläge zu verorten sind. Die Funktionäre können sich nicht länger auf die Lüge zurückziehen, der Sport sei unpolitisch. Er ist es spätestens dann nicht mehr, wenn Deals mit korrupten Machthabern abgeschlossen werden.

    Die Ultras sorgen für gute Vermarktungsmöglichkeiten

    Die Millionen können nur gescheffelt werden, weil die Bundesliga ein Hochglanzprodukt ist. Abgesehen von den Spielern sorgen die Fans für gute Vermarktungsmöglichkeiten. Die Anhänger strömen ins Stadion, sorgen für tolle Stimmung und spektakuläre Choreografien. Hauptverantwortlich dafür ist die sogenannte Ultra-Bewegung. Diese Intensivfans sind es auch, die gegen die Abartigkeiten des Profifußballs am lautesten protestieren. Ein kleiner Teil von ihnen ist gewalttätig. Diese Minderbemittelten sind es aber, die das Bild der Ultras prägen. Den Fans trotzdem einen Schritt entgegenzugehen, wie es DFB-Chef Reinhard Grindel gemacht hat , ist richtig. Er plant das Aus für Kollektivstrafen bei Verfehlungen Einzelner. Der Verbandschef hat die Bedeutung der Ultras anerkannt. Nur mit ihnen bleibt die Stimmung weiter so hervorragend. Nur im Dialog können Pläne erarbeitet werden, die Gewalttäter aus den Stadien zu drängen.

    Der Patient Profifußball ist deswegen aber noch nicht geheilt. Dafür braucht es eine Fastenkur. Erst wenn die Fans mit ihren Tickets, Pay-TV-Abos und Fanartikel-Käufen keine Milliarden mehr in das System pumpen, besteht die Chance auf ein Umdenken. Wer aber will schon trotz der widerlichen Auswüchse auf Profifußball verzichten? Heute Abend startet die Bundesliga mit der Partie des FC Bayern gegen Bayer Leverkusen in die neue Saison. Dieser wunderbare Sport wird wieder schnell seinen Zauber entfalten. Die Empörung über manch Perversion bleibt. Damit allein ist es aber nicht getan.

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