Japanern wird nachgesagt, sie seien gut organisiert. Zur Halbzeit der Olympischen Spiele in Tokio lässt sich feststellen: Das stimmt. Wenn man das zugrunde liegende System verstanden hat. Der Bustransfer zwischen den einzelnen Wettkampfstätten zum Beispiel. Die Abfahrtszeiten, die im Hotel aushängen, unterscheiden sich um 20 Minuten von denen, die auf der App angezeigt werden. Die tatsächliche Abfahrtszeit liegt in etwa zwischen den beiden Zeitangaben. Wer das weiß, kommt super klar.
Blauhemden helfen bei Olympia 2021 in Tokio
Schwierig wird es nur, wenn man Anschlussbusse erwischen möchte. Denn auch die fahren nach ihrem eigenen System. Irgendwann kommt aber jeder von A nach B. Nicht nur für Journalisten ist das das entscheidende Kriterium in der Bewertung der Organisation einer Großveranstaltung.
Wer trotzdem irgendwo strandet, auf den stürzen sich die freiwilligen Helferinnen und Helfer. In ihren blauen Hemden sind sie wie Schwebteilchen, die sich gleichmäßig in der riesigen Olympia-Blase verteilt haben. Wohin man blickt: Blauhemden. Sie sind überall und stehen dem Hilflosen mit (viel) Rat und (nicht ganz so viel) Tat zur Seite. Das gilt auch für Sportler. Denn mancher wird ja davon überrascht, dass er plötzlich an einer Siegerehrung teilnehmen soll. Was nun? Wohin gehen? Wann aufs Podium steigen? Wann in welche Kamera lächeln? Mit oder ohne Maske?
Es gibt eine Grafik als Wegweiser zur Siegerehrung
Wie alles rund um die Spiele ist auch dieser Ablauf genau orchestriert. Bei den Slalomkanuten gelang es einigen wagemutigen Investigativjournalisten, von der Tribüne aus einen Blick auf das ausgefuchste Konzept zu erhaschen. Darauf zu sehen: Liebevoll gestaltete Strichmännchen, die auf einem Podest stehen. Alle drei recken ihre dünnen Strichärmchen in die Höhe. Dreimal werden sie auf dem Podium fotografiert. Einmal mit „Mask on“, dann „off“ und dann wieder „Mask on“. Die zweite Fotoeinlage findet vor dem Podest statt. Ein Pfeil zeigt die Laufrichtung dorthin an. Am wichtigsten aber: Bitte erst auf das Podium steigen, wenn der eigene Name zu hören ist. Nicht dass es da zu Verwechslungen kommt.
Klar ist: Diese Spiele funktionieren wie ein Schweizer Uhrwerk. Ein Rädchen greift ins andere. Und wenn das System ins Stocken gerät, ist mit Sicherheit ein freundlicher Helfer zur Stelle. Denn wer will schon in die Situation kommen, eine olympische Goldmedaille zu gewinnen, um dann nicht zu wissen, wo er sie abholen kann.