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Kommentar: Beckenbauer – eine Lichtgestalt rückt in den Schatten

Kommentar

Beckenbauer – eine Lichtgestalt rückt in den Schatten

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    Franz Beckenbauer steht derzeit stark unter Kritik.
    Franz Beckenbauer steht derzeit stark unter Kritik. Foto:  Peter Endig (dpa)

    Der Abgrund, in den Fußball-Deutschland gerade blickt, wird jeden Tag schwindelerregender. Spätestens seit gestern steht auch die Lichtgestalt des deutschen Fußballs auf der Kippe. Franz Beckenbauer, der Mann, der die WM 2006 nach Deutschland geholt hat, wie es damals in rauschhafter Dankbarkeit hieß. Im Licht der aktuellen Ereignisse klingt die Formulierung absurd und bitter.

    Jenseits der 6,7 Millionen Euro, von denen bislang keiner im Deutschen Fußball-Bund überzeugend sagen kann, wohin sie geflossen sind, ist nun klar: Es hat vor der WM-Vergabe einen deutschen Bestechungsversuch gegeben. Belegt durch ein Dokument, das die Unterschrift des Kaisers trägt. Es ist an Jack Warner, eine der dunkelsten Gestalten des Weltverbandes Fifa, gerichtet und stellt Warner „diverse Leistungen“ in Aussicht. Im Gegenzug, das ist zu vermuten, dürfte das stimmberechtigte Mitglied des

    Wie das Ende aussieht, weiß derzeit niemand

    Beckenbauer und Teile seines Organisationsteams haben Deutschland in den Kreis jener korrupten Republiken befördert, auf die wir Deutsche gerne mit dem Finger zeigen. Beckenbauer selbst ist dafür nicht zur Verantwortung zu ziehen. Er ist ohne Amt. Sollte der Vorgang justiziabel sein, wäre er verjährt. Von jener unantastbaren Lichtgestalt, die der 70-Jährige als bewundernswerter Spieler, erfolgreicher Trainer und strahlender Präsident des FC Bayern war, wird am Ende der DFB-Affäre nicht mehr viel übrig bleiben.

    Wie das Ende aussieht, weiß derzeit niemand. Wenigstens aber nähren die jüngsten Ermittlungsergebnisse die Hoffnung, dass es überhaupt ein Ende geben könnte. Eines, an dem sichtbar wird, welche Rolle der DFB bei der WM-Vergabe 2006 tatsächlich gespielt hat. Dafür war es notwendig, dass Wolfgang Niersbach als Präsident zurückgetreten ist.

    Auch wenn sich später herausstellen sollte, dass manches hinter seinem Rücken lief, für das er nun den Kopf hinhalten musste: Als Mitglied des 2006er-Komitees verbot es sich, ihn weiter gewähren zu lassen. Rainer Koch und Reinhard Rauball dagegen sind unbelastet. Die beiden Juristen haben Aufklärung versprochen und schlagen nun ein anderes Tempo an, wie Beckenbauer bereits erfahren musste. Aber auch sie werden irgendwann an Grenzen stoßen. Zu Ermittlungen über das eigene Haus hinaus sind sie nicht befugt. Auf Ergebnisse der Steuerfahndung werden sie lange warten müssen und Aussagen vor der vom DFB beauftragten Wirtschaftskanzlei Freshfields sind freiwillig.

    Der Schlüssel zur Wahrheit liegt in der Schweiz

    Bleibt die Hoffnung auf die US-Staatsanwaltschaft, die Warner angeklagt hat und seine Auslieferung aus Trinidad und Tobago betreibt. Der Schlüssel zur Wahrheit in der DFB-Affäre liegt zweifellos beim Weltverband in Zürich. Die Fifa wird aber nur dann zur Aufklärung beitragen, wenn ihr die Staatsanwälte auf die Füße treten oder die Blatters und Platinis sich gegenseitig ans Messer liefern. Das könnte spätestens mit den Präsidentenwahlen im Februar geschehen.

    Bis dahin wird die Zahl derer zunehmen, die vom DFB-Skandal erschöpft sind, auch weil Deutschland größere Sorgen hat. Die darauf verweisen, dass die Bundesliga reibungslos läuft, Deutschland Weltmeister ist und die WM 2006 für jeden, der sie erlebt hat, ein Sommermärchen bleibt. Alles richtig. Trotzdem ist es wichtig zu wissen, aus welchem Sumpf das Märchen entsprungen ist. Und wenn es nur um die Wahrheit geht.

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