Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Koks-Affäre: Der Fall Daum: Zehn Jahre danach

Koks-Affäre

Der Fall Daum: Zehn Jahre danach

    • |
    Christoph Daum
    Christoph Daum Foto: dpa

    Vor genau zehn Jahren schien die Karriere von Christoph Daum beendet.Mittels einer Haarprobe wurde im Kokain-Konsum nachgewiesen. Manglaubte nicht, dass Daum jemals eine deutsche Mannschaft wirdtrainieren können. Es kam anders. Ein Blick in unser Archiv: So habenwir vor zehn Jahren auf der Seite drei berichtet.

    Christoph Daum war noch neu in Leverkusen, als er eines Tages seine Spieler um sich scharte. Daum hatte eine Schüssel auf den Knien und gab allen Spielern einen Löffel. Stars, wie Ulf Kirsten, erhielten große Löffel. Wen Daum zum Durchschnitt zählte, dem gab er einen kleineren; Nachwuchsspieler erhielten Teelöffel.

    "Ihr habt unterschiedlich viel geleistet, deshalb kriegt ihr unterschiedliche Löffel", hat Daum gesagt. "Aber wehe jemand wird neidisch und spuckt in diesen Topf. Da ist unsere Suppe drin, davon müssen wir leben." So hat der Fußball-Trainer Christoph Daum mit seinen Spielern gesprochen. "Wenn du 1,50 Meter groß bist, sagt er, du seist in Wirklichkeit einsachtzig. Und du legst Dich mit jedem an, weil du es glaubst", hat Kirsten einmal erzählt. Später hat Daum Spieler über glühende Kohlen geschickt und ist selbst hinterher. Da war er freilich schon längst der Motivationsguru, der Heißmacher, oder einfach: "Psycho-Daum" ( Bild). Der Trainer also, der nur lange genug selbst auf elf Fußkranke einreden muss, ehe sie losziehen, um sogar dem FC Bayern das Fürchten zu lehren.

    Wo Daum gehobelt hat, sind die Späne nur so geflogen. Frei nach dem Motto: Sorgt ihr für die Getränke, ich sorge für die Show. Sein öffentlich ausgetragenes Wortgefecht mit dem Manager des FC Bayern, Uli Hoeneß, der verzweifelt versucht hatte, seinen etwas schwerblütigen Trainer Jupp Heynckes (Daum: "Jede Wetterkarte ist interessanter als ein Satz von dem da.") aus Daums Schusslinie zu retten, ist Fernseh-Geschichte. Daum hat an diesem Tag freilich auch das Feuer an jene Lunte gelegt, die am Samstag zur Explosion geführt hat.

    Immer wieder Zweiter

    Zwischendurch hat Daum, der in Oelsnitz im Erzgebirge geboren ist, über "soziometrische Untersuchungen der Teamhierarchie" referiert. Das hat ihm neben dem Ruf des Großmauls, wenigstens noch den des Fachmanns eingetragen. Ein Prädikat das umso schwerer wiegt, als der 46-Jährige, anders als viele seiner Trainer-Kollegen, in jüngeren Jahren weder Welt- noch Europameister war, ja nicht einmal in der Bundesliga gekickt hat. Daums größter Erfolg als Spieler: deutscher Amateurmeister mit dem 1. FC Köln.

    Als Trainer hat er vieles nachgeholt. Deutscher Vizemeister 1989 und 1990 mit Köln, Meister und Supercup-Sieger mit dem VfB Stuttgart (1992), türkischer Supercup- und Pokalsieger (1994) sowie türkischer Meister (1995) mit Besiktas Istanbul und viel zu oft Zweiter mit Bayer Leverkusen, meist hinter dem FC Bayern. Nur mit der Nationalmannschaft, die er nächsten Sommer in eine bessere Zukunft hätte führen sollen, wird es nun nichts mehr.

    Eine Sonderstellung unter den Bundesliga-Trainern bleibt ihm aber auch so gewiss. Daum auf der Bank ­ das war allerorten ein Action- und Live-Erlebnis, das allsamstäglich einen Stammplatz unter den größten Aufführungen auf den Fußball-Trainerbänken dieser Welt sicher hatte. Solche Auftritte zehren freilich. Daum hat immer nur am Saisonanfang wie ein Fußball-Trainer ausgesehen. Spätestens zum Ende der Vorrunde hin traten die Augen weit zurück, wurde das Gesicht fleckig und der ganze Kerl noch fahriger als er es sonst schon war. Daum, das hat Bayer Leverkusens Manager Reiner Calmund am Samstag immer wieder betont, sei vor allem anderen ein Arbeitstier gewesen. Einer, der Tag und Nacht für den Verein geschuftet habe. Besessen von seinem Job und irgendwie auch süchtig danach.

    Das ist das Bild, das der Fußball-Trainer Daum allwöchentlich am Spielfeldrand abgegeben hat. Seit Samstag weiß das Fußball-Publikum nun was es da in Wirklichkeit gesehen hat. Von Anton Schwankhart

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden