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Käsekuchen für Sieger del Potro - Federer relaxt

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Käsekuchen für Sieger del Potro - Federer relaxt

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    Käsekuchen für Sieger del Potro - Federer relaxt
    Käsekuchen für Sieger del Potro - Federer relaxt Foto: DPA

    "Ich bin total relaxt. Es war ein sagenhaftes Jahr mit der Heirat und der Geburt unserer wunderbaren Töchter. Ich stand in vier Grand-Slam-Finals, habe in Roland Garros und Wimbledon gewonnen. Was will ich mehr?" sagte der entthronte fünfmalige Champion und gratulierte lächelnd seinem Bezwinger Juan Martin del Potro.

    Tränen wie nach der Fünfsatz-Pleite in Melbourne gegen Rafael Nadal vergoss diesmal nicht Federer, sondern der Überraschungssieger. "Es ist unglaublich", stammelte del Potro mit rotgeweinten Augen. "Das ist die größte Sensation meines Lebens." Auf der Tribüne klatschte Guillermo Vilas begeistert Beifall. Er hatte es 1977 als einziger Argentinier vor del Potro geschafft, in Flushing Meadows zu gewinnen.

    Mit dem silbernen Pokal für seinen ersten Sieg im ersten Grand-Slam-Finale stand del Potro wie entgeistert auf dem Center Court. Dass sein größter Traum durch das 3:6, 7:6 (7:5), 4:6, 7:6 (7:4), 6:2 in 4:06 Stunden schon mit 20 Jahren in Erfüllung gegangen war, konnte er nicht gleich begreifen. "Mir fehlen die Worte." Selbst der größte Preisgeldscheck seiner Karriere entlockte der neuen Nummer fünf der Weltrangliste keine Jubelschreie.

    Zusätzlich zu den 1,6 Millionen Dollar für den Sieg kassierte er 250 000 Dollar für Platz drei in der US-Turnierserie. Und der Sponsor spendierte als Zugabe eine Luxus-Karosse - ein Zahltag mit summa summarum mehr als zwei Millionen Dollar. Del Potro trieb das nicht gerade Schweißperlen auf die Stirn. Auf die Frage, was er für das Geld kaufen wolle, antwortete er trocken: "Einen Käsekuchen für meinen 21. Geburtstag am nächsten Mittwoch."

    Wie vom Blitz getroffen war er nach dem Matchball auf den blauen Hartplatz gesunken und hatte - alle Viere von sich gestreckt - für ein paar Sekunden die Welt um sich herum vergessen. "Ich habe an meine Eltern und meine Freunde gedacht", erzählte del Potro. "Ihnen gehört ein Teil dieses Erfolgs. Sie haben immer an mich geglaubt."

    Der Endspieldebütant hatte bei seinem Lieblingsturnier soviel Spaß, dass er nach einem grandiosen Longline-Winner die Zuschauer in der ersten Reihe mit "High Five" abklatschte. "Dafür hat es auch schon eine Verwarnung gegeben", meckerte ausgerechnet der einstige Heißsporn John McEnroe. Doch der Altmeister hatte auch Lob für den Youngster: "Es ist unglaublich, wie schnell der Junge gelernt hat."

    Branchenprimus Federer nahm die Niederlage mit 800 000 Dollar "Abfindung" wie ein Gentleman hin. "Im zweiten Satz habe ich gedacht: Okay, ich habe ihn unter Kontrolle. Das war wohl mein Problem", erkannte er - zu spät für einen möglichen 16. Grand-Slam-Sieg und die Option, die erste Niederlage im sechsten US-Open- Endspiel noch abzuwenden.

    "Es ist eins von den Finals, die ich hätte gewinnen müssen", resümierte Federer. Doch ihm fehlten diesmal die Präzision und die Bedingungslosigkeit, mit der er seine Gegner sonst in Schach hält. Die gefährlich unterschnittene Rückhand, mit der del Potro so viel Mühe hatte, spielte er nicht konsequent genug. Als er im vierten Satz nur noch zwei Punkte vom Sieg entfernt war, ließ er die Gelegenheit ungenutzt verstreichen.

    Und dann kam "Mister Vorhand" zum Zug und fuhr erstaunlich abgeklärt den ersten Sieg im siebten Vergleich ein. Mit seinem peitschenden Paradeschlag setzte er den Schweizer, den er schon im Halbfinale der French Open in fünf Sätze gezwungen hatte, enorm unter Druck. Seinen Aufschlag, der vor einem Jahr noch als laues Lüftchen übers Netz wehte, hat er zu einem Sturm entwickelt. Und trotz seiner Größe von 1,98 Meter ist del Potro extrem beweglich und erläuft schier aussichtslose Bälle. Beim 6:2, 6:2, 6:2-Halbfinalsieg hatte er schon Rafael Nadal damit zur Verzweiflung getrieben.

    Für Federer endete das erste Turnier nach der Geburt seiner Töchter Charlene Riva und Myla Rose zwar nicht ganz so erfolgreich wie für "Comeback-Mami" Kim Clijsters, doch der 28-Jährige hat den Spagat zwischen Windeln wechseln und Asse schlagen routiniert gemeistert. "Es war schön, dass ich sie jeden Tag bei mir hatte", sagte er über den Start ins Familienleben. Mit seiner Frau Mirka will er nun beraten, ob die Babys auch die Fernreisen nach Asien und Australien mitmachen sollen. Beruflich hat er die restlichen Ziele für 2009 klar benannt: die Spitzenposition in der Weltrangliste behaupten und die ATP-Weltmeisterschaft in London gewinnen.

    Für die Endrunde hat sich durch seinen ersten Grand-Slam-Titel auch del Potro qualifiziert. Der jüngste Spieler in den Top 20 ist zum zweiten Mal bei der WM dabei und wird vom 22. bis 29. November unter anderen gegen Federer, Rafael Nadal (Spanien), Andy Murray (Großbritannien) und Titelverteidiger Novak Djokovic antreten. Drei Plätze für die Endrunde sind noch zu vergeben.

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