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Interview: "Unsere Kurve" kontert Rummenigge: "Fußball gehört allen, die ihn lieben"

Interview

"Unsere Kurve" kontert Rummenigge: "Fußball gehört allen, die ihn lieben"

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    Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München.
    Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München. Foto: Roland Weihrauch, dpa (Archiv)

    Herr Peter, Sie sind Vorstandsmitglied des Bündnisses "Unsere Kurve", in dem sich Fanorganisationen von der Bundesliga bis zur Regionalliga zusammengeschlossen haben. Der Verein hat nun ein Konzeptpapier zur Wiederzulassung von Fans in Stadien erstellt. Wie sinnvoll erachten Sie es, Zuschauer wieder in die Stadien zu lassen?

    Jost Peter: Grundsätzlich ist es so, dass derzeit vieles möglich ist, wenn man ein Konzept hat und Regeln einhalten kann – zum Beispiel der Besuch von Gaststätten. Ob es sinnvoll ist, das direkt umzusetzen – dazu gibt es aus Fanperspektive sehr unterschiedliche Sichtweisen. Denn eines ist klar: Eine Fankultur wie wir sie aus den Stadien vor Corona gewohnt sind, kann es trotz aller Konzepte nicht geben.

    Sie sprechen damit Regeln wie Abstandhalten oder ein mögliches Gesangsverbot an. Einige Ultra-Gruppierungen wie in Frankfurt haben schon erklärt, unter diesen Umständen auf den Stadionbesuch verzichten zu wollen.

    Peter: Diese Meinung zieht sich weit in die organisierten Fanszenen – nicht nur bei den Ultra-Gruppen, auch bei "Unsere Kurve". Ein Ausleben eines Fan-Daseins ist unter Corona-Bedingungen gar nicht möglich. Ob man überhaupt von Stimmung sprechen kann bei dem, was zu erwarten ist? Wenn jegliches Singen, Schreien und Rufen verboten ist, wird aus dem Fußballspiel eher eine Theaterveranstaltung.

    Von der Zulassung von Gästefans über einheitliche Standards bis zur gerechten Verteilung von Tickets: In Ihrer Stellungnahme formulieren Sie einige Kernforderungen. Glauben Sie, dass die DFL dies in ihrer Mitgliederversammlung am Dienstag berücksichtigt?

    Peter: Einige unserer Forderungen sind bereits in dem Leitfaden der DFL aufgeführt – etwa, dass Fanvertretungen bei der Erstellung des Hygienekonzepte beteiligt werden sollten. Das ist alleine schon deshalb wichtig, weil die Akzeptanz eines solchen Papiers größer sein wird, wenn man es zusammen macht.

    Eine zentrale Forderung betrifft den Datenschutz und Rücknahme der Sicherheitsmaßnahmen nach der Pandemie: Vereine und Verbände sollen sicherstellen, dass die beim Ticketkauf erhobenen Daten nicht Sicherheitsbehörden weitergegeben werden.

    Peter: Die Schutzmaßnahmen vor Corona dürfen nicht dazu führen, dass meine Bürgerrechte eingeschränkt werden. Es gibt bestimmte Notwendigkeiten. Aber auch in Restaurants ist klar geregelt, wann die Daten wieder zu vernichten sind: nämlich nach 14 Tagen. Ein ähnliches Vorgehen ist beim Fußball möglich. Diese Daten wurden weitergegeben, um Infektionsherde einzuschränken – aus keinem anderen Grund.

    Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge vom FC Bayern haben zuletzt das geforderte Mitspracherecht der organisierten Fanszene kritisiert. Rummenigge brachte gar die Frage auf, wem der Fußball gehört.

    Peter: Wir sagen ganz klar: Der Fußball gehört all denen, die ihn lieben. Wenn Herr Rummenigge sich dazugehörig fühlt, ist er herzlich willkommen. Die Formulierung, dass die Ultras den Fußball für sich reklamieren, ist jedenfalls Unsinn. Grundsätzlich ist so, dass es in vielen Vereinen noch nicht so ist, dass einen regelmäßigen Austausch zwischen Fans und Verein gibt. Corona ist eine gute Chance, das jetzt zu tun. Diese Aufgabe steht in den meisten Vereinen bevor.

    Haben Sie den Eindruck, von der DFL und Klubs ernstgenommen zu werden?

    Peter: Grundsätzlich Ja. Die Erarbeitung der Konzepte ist eine lokale Aufgabe. Wir wünschen uns gewisse Richtlinien wie die Einbindung von Fans und die gerechte Verteilung von Eintrittskarten. Wir haben sehr positive Beispiele wie Darmstadt, Freiburg oder Bielefeld. Es ist nicht immer nur eine Frage der Bereitschaft. Dieser Dialog muss auch organisiert werden.

    Ein Forderung aus von "Unser Fußball" lautet: "Wir wollen nicht zurück zu einem kaputten System." Glauben Sie, dass bei Themen wie Anstoßzeiten, TV-Gelder oder Ablösesummen ein Umdenken stattgefunden hat?

    Peter: Wir haben weiterhin die Hoffnung, dass das stattfinden kann. Die Kommissionen von DFB und DFL sind ja noch nicht angelaufen. Es gibt Arbeitsgruppen, die schon jetzt an diesen Inhalten arbeiten.

    Jost Peter ist Vorstandsmitglied des Vereins Unsere Kurve, in dem sich Fanorganisationen von der Bundesliga bis zur Regionalliga zusammengeschlossen haben.
    Jost Peter ist Vorstandsmitglied des Vereins Unsere Kurve, in dem sich Fanorganisationen von der Bundesliga bis zur Regionalliga zusammengeschlossen haben. Foto: Jost Peter

    Wobei die Anstoßzeiten im neuen TV-Vertrag geregelt sind – und der läuft bis zum Jahr 2025.

    Peter: Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Alle aktiven Fans in Deutschland fordern einen grundsätzlichen Wandel des Fußballs. Das ist ein Prozess, der über Jahre geht. Der Rückhalt ist da: Bei der Initiative "Unser Fußball" haben über eine halbe Million Fans unterzeichnet – darunter sind nicht nur Fanclubs oder Ultragruppen, sondern auch Einzelpersonen. Der Wunsch, dass der Fußball seine Marktmacht zugunsten des sportlichen Wettbewerbs zurückdrängt – der ist weit verbreitet und geht weit über die organisierte Fanszene hinaus.

    Andreas Rettig regt eine andere Verteilung der TV-Gelder an, etwa nach Kriterien wie Nachhaltigkeit. Halten Sie das für realistisch?

    Peter: Wir wünschen uns, dass das kommt. Aber mit kurzen Forderungen zu Themen wie Gehaltsobergrenzen oder TV-Geldern wird man keinen Anklang finden. Wir brauchen dazu langfristige Gespräche und wir bereiten uns darauf vor.

    Wollen Sie denn selbst wieder ins Stadion gehen angesichts der aktuellen Bedingungen?

    Peter: Ich muss gestehen, dass ich da völlig unentschlossen bin. Zum einen kann es nicht das sein, was ich gewohnt bin. Es gehört ja so vieles dazu, was man gemeinschaftlich machen würde – und nun müsste ich als Einzelperson das Stadion betreten und es auch als Einzelperson wieder verlassen. Allerdings ist für jemanden, der seit 40 Jahren kein Spiel von Rot-Weiss Essen verpasst hat, die Sehnsucht schon extrem.

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