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Interview: Markus Wasmeier über den Krebs seiner Frau: "Teil unseres Lebens"

Interview

Markus Wasmeier über den Krebs seiner Frau: "Teil unseres Lebens"

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    Ski-Legende Markus Wasmeier und seine Frau Brigitte haben schwere Zeiten durchlebt. In einem Buch haben dies offengelegt. Der 55-Jährige ist als Alpin-Experte ein gefragter Mann.
    Ski-Legende Markus Wasmeier und seine Frau Brigitte haben schwere Zeiten durchlebt. In einem Buch haben dies offengelegt. Der 55-Jährige ist als Alpin-Experte ein gefragter Mann. Foto: Ursula Düren, dpa

    Sie haben in Ihrem Buch „Dahoam“ ganz offen über die Krebserkrankung Ihrer Frau Brigitte geschrieben und vor kurzem auch in einem Beitrag des BR über diese schwere Zeit gesprochen. Wie waren die Reaktionen auf diese Offenheit?

    Markus Wasmeier: Da kommen sehr viele Reaktionen. Sehr viele Betroffene melden sich. Wir versuchen dann, ein bisschen eine Hilfestellung zu geben. Viele klammern sich an ein paar Sätze in dem Buch, in denen sie meinen, wir hätten die Behandlungsmethode schlechthin gefunden. Dabei kann man das ja nicht vergleichen. Das muss man den Menschen dann auch sagen. Meine Frau ist da sehr tapfer, hat viele auch zurückgerufen und die Leute motiviert, dass sie sich nicht hängen lassen dürfen. Dass man den Dialog mit den Ärzten führen muss. Dass man sich immer eine zweite oder dritte Meinung einholen muss. Die Medizin steckt da leider noch in den Kinderschuhen.

    Wie kam die Entscheidung zustande, diesen sehr privaten Teil Ihres Lebens in die Öffentlichkeit zu tragen?

    Wasmeier: Ich hätte das nie gemacht, wenn meine Frau nicht so offen gewesen wäre. Sobald so etwas draußen ist, ist das natürlich ein Thema. Aber die Krankheit ist nun mal ein Teil unseres Lebens geworden. Wie man damit umgeht und wie man das verarbeitet hängt von der Mentalität jedes Einzelnen ab. Wir wollten eine Geschichte erzählen, wie es auch gehen kann. Mit Humor und vor allem einer Akzeptanz der Krankheit. Man muss es akzeptieren, denn man kann es ja nicht ändern. Aber man muss das beste daraus machen, was mit Humor und Unterstützung gehen kann. Man kann da von außen sehr viel beitragen, dass sich der Patient nicht so einsam fühlt. Vielen Menschen hat das geholfen, viele haben sich bei uns bedankt.

    Aber die eigentliche Intention des Buches war eine andere...?

    Wasmeier: Ich wollte viele Dinge erzählen, die mich in den vergangenen Jahren beschäftigt haben. Es sollte um Werte gehen. Darum, wie die Menschen miteinander umgehen. Da geht es um banalste Dinge. Werte sind enorm wichtig und man muss sie den Kindern vorleben. Dass man eben nicht nur sagt: Geht's raus und spielt's – und selbst liegt man auf dem Sofa vor dem Fernseher. Darum ging es mir eigentlich. Während des Schreibens ist dann die Frage aufgekommen, ob wir die Krankheit aufnehmen sollen. Dabei geht es ja dann um meine Frau, sie legt sich bloß. Ich kann nur aus der Perspektive des Begleiters erzählen.

    Fast schon banal nimmt sich dagegen der Sport aus. Trotzdem die Frage: Wie beurteilen Sie die deutsche Alpin-Mannschaft kurz vor der WM in Are?

    Wasmeier: Es gibt ja momentan sehr viele Verletzte, weshalb das Team eher klein ist. Dafür schlagen sie sich ziemlich gut. Der Sieg von Josef Ferstl in Kitzbühel war der Hammer. Da hat er gezeigt, dass der Sieg in Gröden kein Zufall war. Das war eine super Leistung. Bei den Damen kommt jetzt hinter Viktoria Rebensburg eine Kira Weidle. Kleinere gute Ansätze der Jüngeren sind auch da, aber die brauchen eben noch Zeit. Da muss noch viel gearbeitet werden.

    Josef Ferstl hat sich mit dem Sieg in Kitzbühel ins Rampenlicht befördert. Was für ein Fahrertyp ist er?

    Wasmeier: Man sagt immer, er ist der Fitteste. Aber als Fittester musst du ja noch lange nicht der Schnellste sein. Er hat eine brachiale Kraft und die geht ihm oft im Weg um. Wenn er es unbedingt will, dann setzt er den Ski so hart und brutal, dass kein Feingefühl mehr da ist. Und dann geht da auch nichts vorwärts. Über die Jahre hat er immer wieder Fehler gemacht. Technisch hat er alles drauf und ich hoffe, dass ihm der Sieg in Kitzbühel die Lockerheit gegeben hat, dass er nicht zu viel will. Dass er ein bisschen lässiger fährt. Mit dem Sieg ist er ein Anwärter auf eine Medaille. Der Charakter der WM-Strecke ist aber ein ganz anderer als in Kitzbühel. Das Gelände ist nicht allzu schwierig. Aber umso einfacher eine Abfahrt, desto schwieriger wird es zu gewinnen, denn die Dichte ist dann brutal.

    Sie kennen Felix Neureuther seit vielen Jahren sehr gut. Wie stark schätzen Sie ihn nach seinem überstandenen Kreuzbandriss ein?

    Wasmeier: Felix arbeitet jeden Tag an seiner Fitness. Daran, seine Sicherheit und Selbstverständlichkeit wieder zu bekommen. Ihm geht noch seine Frechheit ab, mit der er früher manche Passagen gefahren ist. Man darf nicht vergessen, dass ein Kreuzbandriss eine komplett andere Verletzung ist, als alles was er vorher hatte. Da wieder auf die Beine zu kommen ist für keinen leicht. Manche schaffen das gar nicht mehr. Dafür fährt er eh schon wieder super. Felix hat sich in den vergangenen Wochen sehr gut entwickelt. Mal schauen, wie es bei der WM läuft. Großereignisse schreiben immer ihre eigenen Geschichten.

    Unter der Woche gab es Gerüchte, Neureuther werde nach der WM sein Karriereende verkünden. Könnte da was dran sein?

    Wasmeier: Ich kenne Felix sehr gut und weiß, dass es schnell gehen kann. Umgekehrt würde er einen unheimlichen Auftrieb bekommen, wenn es wieder läuft. Er ist jetzt in einem gesetzteren Alter, in dem man nicht mehr flinker wird. Die Entscheidung wird ausschließlich mit der Gesundheit zu tun haben. Vom Herzen her würde er ewig fahren.

    In Schladming sah es im Ziel fast so aus, als würde er sich verabschieden.

    Wasmeier: Das war so emotional, weil ihn das Publikum extrem bejubelt hat. Felix ist ein Athlet, der als Sympathieträger quasi nationenfrei ist. Der ist überall beliebt. Und Felix ist in einem Alter, in dem er das auch registriert. Ein junger Fahrer sieht nicht, dass es etwas ganz besonderes ist, im Ziel von 40.000 Menschen bejubelt zu werden. Felix ist dankbar, das erleben zu dürfen.

    Nicht ganz so gut läuft es derzeit für Stefan Luitz. Dem Allgäuer wurde sein erster Weltcup-Sieg im Zuge der „Sauerstoff-Affäre“ aberkannt. Dagegen zieht er jetzt vor den Cas. Wie haben Sie das Durcheinander erlebt?

    Wasmeier: Dabei geht es ja um einen Fall, den die Welt-Antidoping-Agentur erlaubt, der Ski-Weltverband aber nicht. Das hat damit zu tun, dass die Fis nicht will, dass die Athleten im Startbereich mit technischen Hilfsmitteln gefilmt werden. Es soll kein falscher Eindruck entstehen. Klar ist, dass Stefan nicht gedopt hat. Leider muss er das jetzt mit dem Gang vor den Cas bestätigen und damit auch für alle anderen Athleten Klarheit schaffen. Diese Sache hat ihn komplett aus der Bahn geschmissen. Athleten sind sensibel. Und so etwas nimmt dir die entscheidenden Prozente deiner Konzentration. Der muss sich auf einmal vorkommen wie ein Verbrecher, dabei ist das überhaupt nicht der Fall.

    Sollte Luitz auch vor dem Cas seinen Sieg aberkannt bekommen: Trauen Sie ihm zu, in einem anderen Rennen ganz nach oben aufs Podest zu fahren?

    Wasmeier: Definitiv. Stefan ist hoch talentiert. Und ein ganz feiner Kerl, der das Herz am richtigen Fleck hat.

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