Peter Stiller ist seit September 2009 Mannschaftsarzt des Zweitligisten FC Augsburg. Der 32-Jährige ist Experte für Sportverletzungen. Auch der Mediziner ist überrascht, dass die Verletzung von Bayern-Star Arjen Robben so lange nicht erkannt wurde.
Fünf Zentimeter soll das Loch im linken Oberschenkelmuskel von Arjen Robben groß sein. Dennoch sagt der Bayern-Star, er sei von der Diagnose überrascht. Ist das möglich?
Stiller: Das ist schon etwas seltsam. Bei einem Muskelriss dieser Größenordnung und entsprechend oberflächlicher Lage müsste man das Loch bei Belastung des Oberschenkels eigentlich schon von außen sehen. Das ist dann eine richtige Delle.
Wie konnte Robben dann mit dieser Verletzung bei der WM spielen? Nur mithilfe von Spritzen?
Stiller: Bei einem Sportler wie Arjen Robben ist es möglich, dass andere Fasern den Job des abgerissenen Bündels übernehmen. Außerdem gibt es heute viele Behandlungsmöglichkeiten, etwa Massagetechniken oder Elektrotherapien. Aber wenn er dieselbe Verletzung damals schon gehabt hat, ist das komisch. Dann ist die Frage, ob nicht doch mit Spritzen gearbeitet wurde. Das ist aber Geschmackssache.
Bayerns medizinische Abteilung vermutet hinter der schweren Verletzung einen nicht korrekt behandelten Muskelbündelriss ...
Stiller: Auch heute gilt: Ein Muskelfaser- oder -bündelriss sollte ausheilen. Man kann die Stelle spritzen, dann schmerzt sie nicht mehr, aber weitere Belastungen schädigen die Fasern weiter - bis sie reißen. Das ist wie bei einem Seil.
War sich Robben dieses Risikos nicht bewusst?
Stiller: Wenn der Arzt sagt, er bekommt Sie für eine WM wieder hin, würden die meisten wohl zusagen. Eine Weltmeisterschaft ist das Größte, was ein Fußballer erreichen kann. Dafür werden alle legalen Mittel ausgeschöpft.
Robben sagt auch, er sei schmerzfrei ...
Stiller: Wenn das Bündel komplett abgerissen und die Schwellung abgeklungen ist, wäre das möglich.
Kann Robben in acht Wochen wieder fit werden?
Stiller: Das ist realistisch. Ein Untrainierter bräuchte drei, vier Monate bis zur alten Muskelfunktion. Die Fragen stellte Christian Paul