Trainer Julian Nagelsmann umarmte jeden seiner Spieler persönlich, die Fans jubelten. Nach dem 2:1 (1:1)-Arbeitssieg gegen den FC Augsburg am Mittwoch wittert 1899 Hoffenheim Morgenluft im Abstiegskampf. Es scheint, dass der 28-Jährige als neuer Trainer den Hoffenheimern gut tut. Julian Nagelsmann hat als Fußballer beim FC Issing angefangen. Issing ist ein kleines Örtchen zwischen Lech und Ammersee im Landkreis Landsberg. Issing liegt nicht im Allgäu, wie der Sky-Kommentator gestern während des Spiels FC Augsburg gegen Hoffenheim meinte.
Zielstrebig, ehrgeizig und trotzdem „mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben“, so wird Nagelsmann, Vater eines kleinen Buben, beschrieben. Genau so hatte er auch seine Karriere als Fußballer geplant. Nach den Anfängen beim FC Issing wechselte Nagelsmann, der noch einen älteren Bruder und eine jüngere Schwester hat, zum Nachwuchs des FC Augsburg und wurde später Kapitän der U 17 bei den Münchner Löwen.
Schwere Verletzungen setzten seiner Karriere ein jähes Ende – vorübergehend wollte Nagelsmann mit dem Fußball nichts mehr zu tun haben. Er forcierte sein BWL-Studium, bis Thomas Tuchel ihm den Trainerjob schmackhaft machte. Tuchel, seit dieser Saison Trainer bei Borussia Dortmund, hatte damals die zweite Mannschaft des FC Augsburg trainiert und Nagelsmann wurde sein „Co“. Der Issinger fand Gefallen, schmiss sein BWL-Studium und widmete sich per Fernstudium der „Sportwissenschaft und angewandten Trainingslehre“. Unter dem späteren Löwen-Trainer Alexander Schmidt arbeitete er weiter als Co-Trainer, damals noch bei der U 17 in Augsburg, ehe er 2010 zur TSG Hoffenheim wechselte. Nur ein Jahr später hatte Nagelsmann den ersten Cheftrainerposten: Bei der U 16 der Kraichgauer. Im Winter 2012/13 stellte er seinen ersten „Bundesliga-Rekord“ auf, er wurde nämlich jüngster Co-Trainer bei den Hoffenheimer Profis.
Auf dem Boden geblieben: Julian Nagelsmann
Auch wenn Nagelsmann zum Nachwuchs zurückkehrte, der Erfolg blieb, denn schon im folgenden Jahr holte er mit Hoffenheims A-Jugend den deutschen Meistertitel. Dass diese Erfolge nicht von ungefähr kommen, zeigt seine A-Lizenz-Prüfung, die bestand er nämlich mit einer glatten 1,0.
Dass Nagelsmann – trotz allen Erfolgs – mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben ist, zeigt die Tatsache, dass er in der Saison 2010/11 – damals schon als Nachwuchstrainer in Hoffenheim – noch mal als Spieler beim FC Issing ausgeholfen und „mit seinen Toren erheblich zum Aufstieg in die Kreisklasse beigetragen hat“, sagt sein damaliger Issinger Trainer Manfred Gruber.
Nagelsmann hat ab Ende Februar an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Köln noch vier schriftliche Prüfungen, eine Lehrprobe und am 7. März das mündliche Examen zu absolvieren. Die wahre Prüfung durchlebt er aber schon jetzt. mm/dpa/AZ