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Handball: Folgt auf den EM-Titel ein Boom?

Handball

Folgt auf den EM-Titel ein Boom?

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    Die deutschen Handballer haben bei der Europameisterschaft den Titel geholt. Kann der Sport davon profitieren und mehr in den Fokus von Kindern und Jugendlichen rücken? Funktionäre in der Region hoffen das, sind aber skeptisch.
    Die deutschen Handballer haben bei der Europameisterschaft den Titel geholt. Kann der Sport davon profitieren und mehr in den Fokus von Kindern und Jugendlichen rücken? Funktionäre in der Region hoffen das, sind aber skeptisch. Foto: Jens Wolf, dpa

    Als die Schlusssirene ertönte und die deutschen Handballer auf dem Spielfeld tanzten, wurde Herbert Vornehm für einen Moment richtig emotional. Er habe Tränen in den Augen gehabt, erzählt der Handball-Abteilungsleiter des TSV Haunstetten.  Mit Vereinskollegen hatte er das Finale der Europameisterschaft in Polen angesehen, die Freude in der Runde und der Jubel waren groß. „Das war typisch deutsch, wie sich die Mannschaft in das Turnier reingekämpft hat“, erörtert Vornehm. Endlich habe die Auswahl des Deutschen Handballbundes einmal wieder erfolgreich und schön zugleich gespielt. Schön genug, um Kinder und Jugendliche in Handballmannschaften der Region zu locken?

    Branchenkenner Vornehm ist skeptisch. „Einen Boom erwarte ich nicht“, sagt er. 2007, als die deutschen Handballer Weltmeister wurden, seien zwar kurzfristig mehr Jugendliche ins Training gekommen, der große Ansturm jedoch sei ausgeblieben. Der Grund: In der Region – mit dem Bundesligisten FC Augsburg vor der Haustür – genießt Fußball einen höheren Stellenwert, zieht deutlich mehr Jugendliche an.

    Auch wenn er keinen Boom erwartet, neue Spieler für seine Nachwuchsmannschaften würde sich Funktionär Vornehm wünschen. Wenngleich Haunstetten als einer weniger Vereine Teams in allen Altersklassen aufbietet. „Man kann nicht genug Spieler haben“, sagt Vornehm und fügt hinzu, warum: „Von zehn Jugendlichen bleibt einer hängen.“

    TSV Haunstetten könnte vom EM-Titel profitieren

    Glaubt man Willi Kubasta, könnte Haunstetten einer der Vereine sein, der von einer Handball-Euphorie profitiert, schließlich kann der TSV mit höherklassigen Mannschaften locken. Kubasta ist Handball-Abteilungsleiter der TSG Augsburg in Lechhausen, seit mehr als 25 Jahren schon. Die Spiele der deutschen Mannschaft und andere Begegnungen der Europameisterschaft hat er im Fernsehen und Internet verfolgt. „Wir waren begeistert vom Auftreten unserer Jungs“, erzählt Kubasta.

    Diese Begeisterung will die TSG nun nutzen und in Grundschulen für den Handballsport werben. „Es wäre schön, wenn Neue kommen würden“, sagt Kubasta. Die weibliche A-Jugend ist derzeit das einzige Nachwuchsteam der TSG. Wie andere Klubs tut sich der Verein schwer, Jugendliche anzulocken. Zu groß sei heute deren Angebot an Freizeitmöglichkeiten, meint Kubasta. Ob der Titelgewinn daran etwas ändert? Kubasta selbst glaubt nicht an einen Boom, allenfalls an einen kleinen Aufschwung: „2007 sind nicht so viele gekommen wie erhofft.“

    Nachmittagsunterricht an Schulen ist ein Hindernis

    Florian Heß, stellvertretender Abteilungsleiter der Handballer der DJK Augsburg-Hochzoll, sieht das ähnlich. Seine Abteilung verfügt über eine Männermannschaft sowie drei Jugendmannschaften und hat ebenfalls mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Heß verweist darauf, dass zunehmender Nachmittagsunterricht es Schülern immer schwerer mache, Zeit fürs Training zu finden. Großen Zulauf nach der EM erwartet er nicht. „Wir hoffen auf einen Aufschwung“, sagt Heß. „Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass das nicht passiert.“

    Norbert Kiederle, Handball-Abteilungsleiter des TSV Göggingen, ist ein wenig hoffnungsvoller. Nicht nur, was die Zukunft des jungen Nationalteams angeht, dem er attestiert, „noch nie so eine gute Perspektive wie jetzt“ gehabt zu haben. „Ich hoffe schon, dass wir einen Schub bekommen“, sagt Kiederle. „Neuzugänge würden uns absolut nicht schaden.“ Bereits während der Europameisterschaft hätten sich Interessierte gemeldet und im Training vorbeigeschaut – sehr zur Freude des Abteilungsleiters.

    Nach dem Weltmeistertitel 2007 seien rund 20 Jugendliche zum Verein gestoßen, erzählt Göggingens Kiederle. Etwa die Hälfte davon sei der Abteilung treu geblieben, zwei spielten inzwischen bei den Männern in der Bezirksoberliga. Wegen des veränderten Freizeitverhaltens glaubt Kiederle allerdings nicht, dass sich der Zulauf in diesem Jahr ähnlich steigern wird.

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