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Glosse: Radsport: Schmuddelig wie der Ü18-Bereich in der Videothek

Glosse

Radsport: Schmuddelig wie der Ü18-Bereich in der Videothek

Tilmann Mehl
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    Maximilian Schachmann (M.) siegte vor Marcus Burghardt (r) und Andreas Schillinger.
    Maximilian Schachmann (M.) siegte vor Marcus Burghardt (r) und Andreas Schillinger. Foto: Hendrik Schmidt, dpa

    Wasser ist nass, nachts ist es dunkel, der Radsport hat ein Imageproblem. Seit vor etlichen Jahren Analysemethoden offenbart haben, dass die meisten Siege auf einem erheblichen pharmazeutischen Wissen basieren, nehmen die Deutschen selbst von den großen Rennen nur noch beiläufig Kenntnis. Die Tour de France hat ein ähnlich schmuddeligen Ruf wie ehedem die Ü18-Abteilung in der Videothek. Mit dem Unterschied: Dafür haben sich immer Interessierte gefunden.

    Der Bund Deutscher Radfahrer hingegen musste die nationale Meisterschaft beinahe absagen. Es fand sich keine Stadt oder Gemeinde, die ihre Straßen zur Verfügung stellen wollten. Letztlich erklärten sich doch noch die Betreiber des Sachsenrings bereit, die Rennen für Frauen und Männer auszutragen. Sie konnten am wenigsten für die Farce, welche sich den Zuschauern bot. Aus Sicherheitsgründen wurden über 90 Prozent der Starter aus dem Rennen genommen. Von 190 Radlern überquerten lediglich 15 die Ziellinie. Wer mehr als zwei Minuten Rückstand hatte, wurde disqualifiziert. Ansonsten hätte sich die Kollisionsgefahr auf dem 13 Kilometer langen Rundkurs massiv erhöht.

    Nach 180 Kilometern und über vier Stunden hatte sich ein Trio des Teams Bora-hansgrohe vom Rest des nur noch kleinen Feldes abgesetzt. Statt aber in einem Zielsprint, den deutschen Meister auszumachen, hatten sich die drei bereits auf einen Sieger geeinigt und trudelten gemeinsam ins Ziel. Maximilian Schachmann darf nun ein Jahr das Trikot des Deutschen Meisters tragen. Das offenbart ein eigentümliches Bild von sportlichem Wettkampf.

    Vor dem Rennen hatte Radsportpräsident Rudolf Scharping wegen der Probleme bei der Suche nach einem Ausrichter noch die Städte kritisiert. Diese sollten doch bitte ein Mal im Jahr einige Straßen kostenlos abzusperren. „Ansonsten ist die einmalige Nähe im Radsport, bei dem man Weltklasse-Athleten direkt zu den Menschen bringt und jeder an diesem Ereignis teilnehmen kann, bald nur noch ein schönes Kapitel in den Geschichtsbüchern.“

    Dafür aber wären nicht die Städte verantwortlich. Sondern einzig und allein die Sportler.

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