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Glosse: Im Zweifel ist der Tennisschläger schuld

Glosse

Im Zweifel ist der Tennisschläger schuld

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    Harter Aufschlag: Alexander Zverev zertrümmert mal wieder einen seiner Schläger.
    Harter Aufschlag: Alexander Zverev zertrümmert mal wieder einen seiner Schläger. Foto: Dean Lewins, dpa

    Sage keiner, ein Tennisschläger habe keine Seele. Mag ihn einer auch noch so ballprügelnd schwingen, sind es doch zarte Pflänzchen, die erst in einer feinen Hand ihr edles Gemüt offenbaren. Und wer es besonders gut mit ihnen meint, spricht mit ihnen in ganzen Sätzen oder liest ihnen abends aus dem Leben von Jimmy Connors vor. Der Schläger dankt es dem Spieler mit dem klaren Klang seiner Saiten.

    Wehe, wer seinen Tennis-Schläger schlecht behandelt

    Wehe aber, wer seinen Schläger schlecht behandelt. Wer ihn anschreit oder ihm missmutig in die Spannung zupft, der erntet ein Wimmern, dem verweigert er sich bei Slice und Volley. Wer ihm gar sein eigenes Versagen anlastet, wer ihn züchtigt, wird als hässlicher Verlierer den Court verlassen.

    Alexander Zverev weiß, wovon die Rede ist. Im festen Glauben, es sei der Schläger selbst, der böswillig eine Rückhand ins Netz gedroschen habe, hat er schon zahlreiche seiner edlen Spielgeräte zu Kleinholz verarbeitet. Mit dem Wert der teuren Spielgeräte, die er zerstört hat, ließe sich eine Känguru-Aufzuchtstation in Australien finanzieren. Dabei ist Zverev erst 23. Möglicherweise aber ist das genau der Grund für seine Ausraster, wie er selbst vermutet.

    Alexander Zverev schied bei den French Open gegen den Italiener Jannik Sinner ausgeschieden - wieder flog der Schläger.
    Alexander Zverev schied bei den French Open gegen den Italiener Jannik Sinner ausgeschieden - wieder flog der Schläger. Foto: Christophe Ena, dpa

    Einer muss schuld sein, wenn der Ball ins Netz rauscht

    Gerechtigkeit, Schuld und Sühne sind zentrale Themen der Menschheitsgeschichte. Kaum einer verkörpert sie anschaulicher als der Tennisprofi, der nach einem missratenen Volley seinen Schläger so lange auf den Boden drischt, bis das Spielgerät tot ist. Eine öffentliche Hinrichtung. Einer muss schuld sein, wenn der Ball ins Netz rauscht, muss büßen. Deshalb hat der Bulgare Dimitrov vor einigen Jahren in einem Finale gleich drei Schläger zur Rechenschaft gezogen. Damit liegt er in der Tabelle der Schlägerzerstörer trotzdem hinter dem Zyprioten Bagdatis, der es auf vier vernichtete Arbeitsgeräte in einem Match brachte, eines davon noch in der Verpackung.

    Wenn der dämlichen Tastatur nichts mehr einfällt

    Wer freilich ohne Schuld ist, breche den ersten Schläger. Besser, der Sportredakteur erinnert sich seiner eigenen Nöte, wenn das Hirn beim Schreiben nichts mehr hergibt. Wie er Gedanken nur noch ins Netz denkt, weil der dämlichen Tastatur nichts einfällt. Wie er das dumme Stück an die Wand werfen und die Einzelteile an den Schredder verfüttern möchte. Wie er stattdessen einen Tennisball geknetet hat. Ja, einen Tennisball. Könnte auch Zverev helfen.

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