Deutschland hat eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt, in der Gesellschaft geht der Trend scheinbar zu gesünderer Ernährung und mehr Sport. Also: „Wie gesund leben wir?“ Diese Frage stellten sich jetzt die Experten des Statistischen Bundesamts und holten aus ihrem gigantischen Datenberg eine Menge interessanter Antworten. Sie widerlegen dabei manche landläufige Vorstellung.
Etwa dass sich die Bundesbürger tatsächlich gesünder ernähren, lässt sich anhand nüchterner Zahlen kaum belegen. Im Gegenteil. Die Deutschen geben eher weniger für Obst aus, obwohl die Preise stark gestiegen sind. Pro Kopf essen sie 65 Kilo Frischobst – vor 15 Jahren waren es noch zehn Kilo mehr. Und trotz des öffentlichen Rummels um vegetarische oder vegane Ernährung sank der Verzehr von Fleisch und Wurstwaren seit dem Jahr 2001 nur um ein einziges Kilo auf 87 Kilogramm im Jahr pro Bundesbürger.
Zahl der stark Übergewichtigen steigt an
Lediglich bei Fett, Butter und Zucker sparten die deutschen Verbraucher zehn Prozent der Menge im Vergleich zu 2001. Unter dem Strich nimmt der Durchschnitts-Deutsche in seiner Nahrung damit 32 Kilo reinen Zucker im Jahr zu sich – das entspricht der Hälfte der verzehrten Menge Frischobst. Dafür landet im Jahr immerhin 97 Kilo frisches Gemüse auf dem Teller, drei Kilo mehr als vor 15 Jahren. Auch der Zigaretten- und Alkoholkonsum ging um über zehn Prozent zurück. Dennoch überrascht es nicht, dass die Zahl der stark Übergewichtigen zunimmt.
So leidet inzwischen jeder sechste Deutsche an Adipositas-Fettleibigkeit – das heißt, sein sogenannter Body-Mass-Index liegt über 30. Mit rund elf Millionen Betroffenen liegt die Zahl bundesweit fast 40 Prozent höher als vor 15 Jahren. Nur ein Viertel der Bevölkerung treibt regelmäßig Sport. Rechnet man die bewusste körperliche Bewegung wie Laufen und Spazierengehen dazu, kommen die Sporttreibenden damit auf eineinhalb Stunden pro Tag. Der Durchschnittsbürger verwendet laut den Statistikern am Tag nur 27 Minuten für körperliche Bewegung. Zum Vergleich: Vor dem Fernseher verbringen die Deutschen täglich gut zwei Stunden.
Meiste Bürger bewerten Gesundheitszustand als gut
Doch geht es den Bundesbürgern dabei gesundheitlich schlecht? Nein, sagen zwei Drittel der Bevölkerung. Sie bewerten ihren Gesundheitszustand als gut oder sehr gut. Nur acht Prozent erklären, ihnen gehe es gesundheitlich schlecht oder sehr schlecht. Dabei gibt es kaum Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Statistisch war jeder Vierte einmal im Jahr im Krankenhaus – allerdings ist diese Zahl durch Mehrfachaufenthalte stark verzerrt.
Und auch die durchschnittliche Lebenserwartung steigt von Jahr zu Jahr: Ein Mädchen, das heute in Deutschland auf die Welt kommt, wird demnach im statistischen Durchschnitt 83 Jahre alt, ein Junge 78 Jahre. Seit der deutschen Reichsgründung 1871 haben die Menschen hierzulande im Schnitt über 40 Lebensjahre dazugewonnen, wie die Wiesbadener Statistiker anhand historischer Sterbetafeln ausrechneten.
Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist sicher die medizinische Versorgung: Das Gesundheitssystem lassen sich die Deutschen viel kosten. Die Ausgaben stiegen seit 2001 um mehr als 50 Prozent auf rund 330 Milliarden Euro im Jahr. Mit Pro-Kopf-Ausgaben von über 4000 Euro liegt Deutschland dabei weltweit auf Platz sechs hinter den Niederlanden, Schweiz, Norwegen, Luxemburg und Spitzenreiter USA mit 8650 Euro pro Kopf.