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Geköpfter Ballack: Hetzkampagne: Trainer und Politiker sind entsetzt

Geköpfter Ballack

Hetzkampagne: Trainer und Politiker sind entsetzt

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    Polens Trainer Leo Beenhakker ist über die Berichterstattung der polnischen Medien entsetzt.
    Polens Trainer Leo Beenhakker ist über die Berichterstattung der polnischen Medien entsetzt.

    Bad Waltersdorf (dpa) - Mit einer öffentlichen Entschuldigung hatLeo Beenhakker auf die üble Hetzkampagne polnischer Medien reagiert,die den EM-Auftakt gegen Deutschland überschattet.

    "Das wareine schreckliche Sache", sagte Polens Nationalcoach in BadWaltersdorf. "Verrückte, schmutzige und kranke Leute" seien für dieBerichterstattung der Zeitung "Super Express" verantwortlich gewesen.Auch die Europäische Fußball-Union (UEFA) und einige Politikerverurteilten den martialischen Zeitungs-"Krieg".

    Zuvor hatte Marek Saganowski vor der WM-Revanchezusätzlich Öl insFeuer gegossen. "Dieser deutsche Panzer stört mich nicht. Ich werdegern mit ihm zusammenstoßen", wurde der 29-jährige Angreifer in derZeitung "Dziennik" zitiert.

    Beenhakker sichtlich gezeichnet

    Welch große Wellen der Bericht schlug, zeigte sich auf derPressekonferenz im EM-Quartier in Bad Waltersdorf. Der sichtlichgezeichnete Beenhakker begann seine Ausführungen mit einerEntschuldigung "im Namen des gesamten Teams". "Wir wollen uns bei denDeutschen offiziell dafür entschuldigen, was gestern auf der Titelseiteeiner polnischen Zeitung stand", sagte der Niederländer.

    "SuperExpress" hatte eine Fotomontage abgedruckt, auf der Beenhakker dieabgetrennten Köpfe von DFB-Kapitän Michael Ballack und BundestrainerJoachim Löw in den Händen hält. Die Überschrift lautete: "Leo, bringuns ihre Köpfe". Am Donnerstag legte das Blatt nochmals nach:"Deutsche, wir werden Euch aufessen - wie immer", prangte auf dem Titel.

    WährendBeenhakker versuchte, seine Profis ("Sie haben es gesehen") trotz desgeschmacklosen Vorfalls auf die sportlichen Aspekte zu fokussieren,ließen die Reaktionen nicht lange auf sich warten. Der polnischeBotschafter in Deutschland, Marek Prawda, verurteilte in der "Welt" dieFotomontage als "idiotische Geschmacklosigkeit". So etwas sei völligunnötig "und sollte eigentlich ignoriert werden."

    Zumindest impolnischen Team spiele die Kampagne "keine Rolle", sagte derWolfsburger Jacek Krzynowek: "Wir müssen das von uns fernhalten."Bundestrainer Joachim Löw, der Beenhakker sehr schätzt, reagiertebesonnen und sieht darin eher einen Einzelfall. "Ich glaube nicht, dassdas repräsentativ ist, was da in einer Zeitung wohl geschrieben wordenist", sagte Löw.

    Kritik von der UEFA

    Der Vorsitzende des Bundestags- Sportausschusses,Peter Danckert, bezeichnete den "Skandal" als "absolut unterirdisch".Der "Bild"-Zeitung sagte der SPD-Politiker: "Ich hoffe, dass diepolnische Regierung angemessen darauf reagiert."

    UEFA-Sprecher RobertFaulkner kritisierte die Kampagne ebenfalls. "Das ist sicherlich nichtetwas, was wir begrüßen. Wir meinen, man sollte über Fußball reden. Wirwussten seit der Auslosung, dass diese Begegnung eine gewisse Brisanzmit sich bringt. Wir hoffen aber, dass das Geschehen auf dem Platz imMittelpunkt stehen wird", sagte er in Basel.

    Chefredakteur verteidigt Fotomontage

    Doch zumindest für"Super Express" scheint der sportliche Aspekt der Partie gegen dieDFB-Auswahl zweitrangig zu sein. Mit Verweis auf die Schlacht beiTannenberg 1410 und das Jahr 1945 führte das Blatt historische Gründean, warum Polen gegen Deutschland siegen soll. Chefredakteur SlawomirJastrzebowski verteidigte in der "Polska" die üble Montage: "Das siehtbrutal aus, ist aber nur eine symbolische Darstellung der Erwartungenunserer Leser." Zudem hätten nicht die Polen, sondern die Deutschendiesen Schlagabtausch begonnen.

    Auch "Fakt" machte bei derantideutschen Hetze mit. Das Boulevardblatt warnte vor einerdeutsch-österreichischen Verschwörung auf Kosten Polens: "Unsere Gegnermachen keinen Hehl daraus, dass sie sich auf das Ergebnis ihres Spieleinigen könnten." Wenn Österreich im Spiel gegen Polen einen Siegbrauche und Deutschland bereits die Vorrunde in der Tasche habe, würdeDeutschland die Partie einfach verkaufen, spekulierte die Zeitung.

    Saganowskivergriff sich ebenfalls im Ton. "Dieser deutsche Panzer hat einenDieselmotor. Er braucht viel Anlaufzeit. Deshalb ist es ideal, dass wirschon das erste Spiel gegen Deutschland spielen", zitierte ihn"Dziennik". Eines immerhin hatte auch der Profi des FC Southamptonregistriert: "Vergessen wir nicht, dass es am Sonntag nicht zu einemKrieg, sondern zu einem Sportwettkampf kommen wird."

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