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Vierschanzentournee 2020: Geiger und Eisenbichler: Eine Wohngemeinschaft mit Siegpotenzial

Vierschanzentournee 2020

Geiger und Eisenbichler: Eine Wohngemeinschaft mit Siegpotenzial

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    Wie „Yin und Yang“ sieht Markus Eisenbichler (links) das Zusammenleben mit dem Oberstdorfer Zimmerkollege Karl Geiger.
    Wie „Yin und Yang“ sieht Markus Eisenbichler (links) das Zusammenleben mit dem Oberstdorfer Zimmerkollege Karl Geiger.

    Es ist mächtig Dampf unterm Kessel: Der Lokalmatador startet als Mitfavorit, der Vorjahreszweite kämpft gegen die Formkrise und ein "Neuer" schwingt das Zepter. Wenn mit der Qualifikation am Samstag (ab 16.30 Uhr) und dem Auftaktspringen am Sonntag (ab 17.30 Uhr) die 68. Vierschanzentournee in Oberstdorf startet, gehen die Athleten der deutschen Skisprung-Nationalmannschaft mit gemischten Gefühlen vom Bakken.

    "Ich habe einen positiven Eindruck von den Jungs. Wenn sie vom Skispringen reden, kommt ein Grinsen auf", sagte der neue Bundestrainer Stefan Horngacher. "Sie machen einen sortierten Eindruck und haben die nötige Ruhe."

    Da ist allen voran die Wohngemeinschaft Geiger/Eisenbichler, das "Schlafzimmer der Harmonie". Doch während Markus Eisenbichler im vergangenen Jahr als Zweiter in Oberstdorf und späterer Tournee-Zweiter noch der Vorzeigespringer war, hängt der 28-Jährige zehn Monate nach seinem dreifachen WM-Titelgewinn im Tal. "Ich bin eigentlich ganz positiv und körperlich fit. Und das mit dem Springen wird schon wieder", sagte der Athlet vom TSV Siegsdorf. Mit Blick auf die im Vergleich zu den Vorjahren kürzere Ruhephase über Weihnachten ergänzte "Eisei": "Ich habe über die Tage mein Handy ausgemacht. Wer was von mir wollte, konnte mir den Buckel runterrutschen. Jetzt kann ich loslegen – ich kann aus dem Bett fallen und weiß sofort, was ich zu tun habe."

    Karl Geiger ist beim DSV die personifizierte Konstanz

    Und selbst wenn nicht, könnte er seinen Zimmerkollegen Karl Geiger fragen. Denn der 26-jährige Oberstdorfer geht – weitaus deutlicher als im Vorjahr – als deutsche Nummer eins in die Tournee. "Es ist ein schmaler Grat zwischen sehr gut und ausgezeichnet. Ich strebe die ausgezeichneten Sprünge an, und wenn mir von diesen Sprüngen ein paar bei der Tournee rausrutschen, bin ich megahappy", sagte Geiger.

    Im Schatten des Nebelhorns heizt Oberstdorf kräftig ein. Auf der Schattenbergschanze steigt am Samstag die Qualifikation, am Sonntag der Auftakt zur 68. Vierschanzentournee.
    Im Schatten des Nebelhorns heizt Oberstdorf kräftig ein. Auf der Schattenbergschanze steigt am Samstag die Qualifikation, am Sonntag der Auftakt zur 68. Vierschanzentournee. Foto: Ralf Lienert

    Denn Geiger ist in diesem Winter, in dem die restlichen DSV-Adler bisweilen flügellahm daherkommen, die personifizierte Konstanz. Der zweifache Weltmeister ist als Dritter der einzige Deutsche in den Top 15 des Weltcups. Dahinter folgen Pius Paschke auf 18, Stephan Leyhe als 21., Constantin Schmid als 23. sowie die Leistungsgaranten der vergangenen Winter, Richard Freitag und Eisenbichler als 30. und 32. "Wir haben geschaut, was in der Vergangenheit passiert ist, wie die Konkurrenz trainiert und wohin die technische Entwicklung geht", sagte Bundestrainer Horngacher.

    Auch der 50-Jährige, als Aktiver zweifacher Weltmeister mit dem österreichischen Team, steht mit der Tournee vor dem Härtetest. "Wir haben versucht, neue Dinge aufzureißen. Mit Karl ist uns das schon gelungen, mit Stephan (Leyhe) teilweise – aber wir kommen der Sache mit allen Athleten näher." Einen Trumpf haben aber alle Adler, glaubt man Horst Hüttel: "Man spürt, dass bei Markus ein unheimliches Grundvertrauen in seine Arbeit steckt", sagte der DSV-Teammanager und fügt an: "Und wie bei allen Jungs, herrscht eine große Freude für die Trainingsarbeit. Deshalb stimmt es mich positiv, dass alle Jungs positiven Schwung finden."

    Geiger sieht die 27.000 Zuschauer in Oberstdorf mittlerweile als Privileg

    Tatsächlich ist Geiger dabei nicht nur der sportliche Leuchtturm – die Ergebnisliste des Oberstdorfers führt heuer ausschließlich einstellige Platzierungen auf. Geiger war nie schlechter als Rang sieben. Mit Constantin Schmid, als Siebter in Nizhny Tagil, hat zudem nur ein einziger weiterer DSV-Springer überhaupt ein Top-Ten-Resultat erreicht. Trotzdem: Mehr als Rang zwölf sprang für Geiger auf der Heimschanze noch nie heraus. 51, 51, 38, 26, 27, 17 und 12 lauten die Platzierungen des Allgäuers bei seinen bisherigen Tournee-Auftritten in Oberstdorf. Ein Pluspunkt: Inzwischen sieht der Oberallgäuer die imposante Kulisse von 27.000 Zuschauern, die berauschend wie erdrückend wirken kann, mehr "als Privileg" denn als Druckfaktor. "Die Tournee ist immer besonders – auch wenn der Fokus heuer noch etwas mehr auf mir liegt", sagte Geiger. "Aber man muss immer noch springen, wie in jedem Jahr. Das ändert sich nie."

    Und so könnte der Geiger-Zähler heuer so stark ausschlagen wie nie – die Konstanz des 26-Jährigen könnte beim Sprünge-Marathon der Tournee Trumpf sein. Denn während sich die Mitfavoriten Kamil Stoch und Stefan Kraft Ausreißer nach unten leisteten, flog Geiger verlässlich. Verlässlich gut. Dass er in diesem Winter noch auf einen Weltcup-Sieg wartet, sollte den 26-Jährigen indes nicht beunruhigen. Den letzten Tourneesieger ohne Tagessieg gab es 1999, als Janne Ahonen triumphierte, ohne einmal auf dem Treppchen oben gestanden zu haben. Bis heute ist Ahonen Tournee-Rekordsieger. Und so dürften die deutschen Skisprung-Fans auf eines hoffen: Namen und Zahlen sind eben doch nicht immer Schall und Rauch.

    Lesen Sie dazu auch: Ex-Skisprung-Trainer Schuster spricht über die Chancen der Deutschen

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