Die Frage, wer im kroatischen Team den größten Eindruck bei der WM hinterlassen hat, war lange umstritten. Traditionelle Beobachter, die auf Ballbehandlung, Passspiel und Regietalent Wert legen votierten für Luka Modric. Wer dem Spiel ohne Ball, Ausstrahlung und allem was unter soft skills läuft, größere Bedeutung beimisst, kam an der Metzgerstochter Kolinda Grabar-Kitarovic nicht vorbei.
Kolinda hatte ihren Stammplatz auf den Rängen, wo sie der Doppeldeckung aus Gianni Infantino und diversen Ostpotentaten alles Mafiöse nahm. Dass sie im Hauptberuf kroatische Staatspräsidentin ist, hat sie nicht davon abgehalten in einer Art Schlafanzug in den Landesfarben zum Dienst zu erscheinen.
Grabar-Kitarovic mit Angela Merkel zu vergleichen, wäre unfair
Jetzt über Angela Merkel in schwarz-rot-goldener Verpackung nachzudenken wäre unfair. Die Kanzlerin hat andere Stärken, wenn sie die deutsche Nationalelf besucht. Sie kommt vor dem Anpfiff zu Kaffee und Kuchen. Klatscht nur, wenn die anderen klatschen und behält in der Spielerkabine den Blazer an. Selbst in Momenten völliger emotionaler Entäußerung wie nach dem WM-Triumph in Brasilien, hatte sie es bei der einarmigen Tanten-Umarmung ihrer Jungs belassen.
Nie würde sie, wie ihre kroatische Amtskollegin, die Spieler im Sergio-Ramos-Stil umklammern, bis ihnen die Luft weg bleibt und ihrer Begeisterung alles nieder knutscht, was gerade rumsteht. Peinlich! Wie Merkel hätten kroatische Kommunikantions-Experten sich ihre Präsidentin gewünscht. Graber-Kitarovic habe vergessen, Würde zu bewahren, kommunizierten sie in Sorge um das Ansehen Kroatiens. Sind die völlig ballaballa? Endlich mal eine Präsidentin, die Herz und Leidenschaft zeigt ohne sich ums Protokoll zu scheren.
Dass die serbischen Nachbarn Kolindas Charme-Offensive abgrätschen würden, war vorhersehbar. Dass ihr Zeitungen übermäßigen Alkoholgenuss („Alkoholinda“) unterstellen – wer nur betrunken zum Überschwang fähig ist könnte darauf kommen. Wenn sie doch beschwipst war? Hat sie mehr Sympathien für ihr Land gewonnen als zwei ihrer Kollegen deren nüchterne Auftritte in Helsinki zu besichtigen waren.