Olivier Giroud wird als einer der erfolgreichsten Stürmer in die Geschichte des französischen Fußballs eingehen: Mit der Nationalelf holte er am Sonntag den Weltmeistertitel, in England wurde er mit Arsenal und Chelsea vier Mal Pokalsieger, dazu ist er mit 31 Toren in 81 Länderspielen der dritterfolgreichste Stürmer aller Zeiten für die Equipe Tricolore. Alles bestens also. Nur eines wollte dem 31-Jährigen in allen sieben WM-Spielen nicht gelingen: ein Torschuss.
Und das, obwohl Giroud in allen Spielen der Mannschaft in der Startelf stand. Fast immer stand der Angreifer auch in der Startelf - nur beim ersten Gruppenspiel, dem 2:1 gegen Australien, wurde der Spieler von Chelsea London eingewechselt. Danach ließ in Trainer Didier Deschamps immer von Beginn an ran, wechselte ihn nur zwei Mal noch aus - im Halbfinale gegen Belgien in der 85. Minute, im Finale gegen Kroatien in der 80. Minute. Während seiner Einsatzzeit gab Giroud neun Torschüsse ab, aufs Tor kam jedoch kein einziger Schuss.
Giroud war der Prellbock für die schnellen Griezmann und Mbappé
Giroud gab sich, angesprochen auf seine Schuss- und Torflaute gelassen: "Wenn ich ein Tor mache, ist das gut, aber vor allem anderen stelle ich mich in den Dienst der Mannschaft." Sein Trainer Deschamps war mit seiner Leistung jedoch offenbar sehr zufrieden - zumal Giroud, wie der Coach betonte, ein Spielertyp ist den er sonst nicht im Kader hat. Und Giroud war ein Stürmer, der - so schräg sich das anhört - nicht unbedingt in erster Linie mit dem Schießen von Toren betreut war. Der 1,92 Meter große Hüne mit dem Körper eines Türstehers war für die französischen Angriffsbemühungen der Prelllbock in vorderster Front. Einer, der die Räume freistoßen sollte, durch die die schnellen und trickreichen Antoine Griezmann und Kylian Mbappé (jeweils vier Turniertore) eindringen konnten. Deschamps sagte: "Man kann nicht von ihm verlangen, dass er sich den Ball nimmt und drei Leute umspielt." Sein Mitspieler Blaise Matuidi verteidigte Giroud: "Er arbeitet viel, es ist super für uns."
Giroud war aber auch einer, der in der Defensive unglaublich viel mitarbeitete, die Zweikämpfe schon auf Höhe der Mittellinie führte. Ein Sinnbild für die Art und Weise, wie bei dem Turnier in Russland Fußball gespielt wurde. Das ist effektiv, aber nicht schön anzusehen. Belgiens Torhüter Thibault Courtois etwa warf nach der 0:1-Niederlage im Halbfinale den Franzosen vor, "Anti-Fußball" zu spielen - und führte als Beweis Giroud an: Er habe nicht erwartet, dass dass "ein Stürmer wie Olivier Giroud so weit entfernt vom Tor agiert".
Deschamps dürfte es recht gewesen sein - die Vorwürfe wegen des unattraktiven Spielstils dürfte der 49-Jährige gut verschmerzen können. Schließlich ist er nun der dritte Trainer, der auch als Spieler Weltmeister wurde. Vor ihm schafften das nur Franz Beckenbauer und der Brasliianer Mario Zagallo. Dafür nimmt er auch in Kauf, dass er einen Stürmer hat, der mehr Grätschen als Torschüsse ausführt.