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Fußball: So setzen die Top-Klubs mit der Super Liga die Verbände unter Druck

Fußball

So setzen die Top-Klubs mit der Super Liga die Verbände unter Druck

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    Die Champions League ist das Maß aller Dinge im europäischen Fußball – solange es keine Super Liga gibt, die mit Geld aus Übersee finanziert wird. Eben das wird aber immer wieder diskutiert.
    Die Champions League ist das Maß aller Dinge im europäischen Fußball – solange es keine Super Liga gibt, die mit Geld aus Übersee finanziert wird. Eben das wird aber immer wieder diskutiert. Foto: Witters

    Dass im Fußball der Weltverband Fifa und der europäische Verband Uefa einig sind, kommt nicht sonderlich oft vor. Am Donnerstag war eben das der Fall.  In einer gemeinsamen Stellungnahme sprachen sich beide Dachorganisationen "mit Nachdruck" gegen die Gründung einer internationalen Super Liga aus – und verwiesen darauf: Sollte jemand auf die Idee kommen, an dieser Liga mitzumischen, hätte das eine Sperre für alle Wettbewerbe von Fifa oder den Kontinentalverbänden zur Folge. Im Detail geht es um die EM, die WM oder die Champions League.

    Es ist eine Drohkulisse, die nicht ohne Grund aufgebaut wird. Denn längst haben nicht nur die europäischen Top-Klubs, sondern auch Investoren Gefallen an der Weltliga gefunden, in der die Creme de la Creme des Sports gegeneinander antritt.

    In den USA haben Investoren Gefallen an Fußball-Sponsoring gefunden

    Dass damit sogar in den USA Reibach gemacht werden kann, zeigte der August 2014. Damals traten vor 109.318 Zuschauern Manchester United und Real Madrid in Michigan gegeneinander an. Nie zuvor hatten sich in den USA so viele Menschen ein Fußballspiel angesehen. Der 3:1-Sieg des englischen Klubs war zwar schnell vergessen.

    Die Erkenntnis, dass man auch im Land von Baseball und Basketball mit diesem Soccer Geld verdienen kann, hallte aber nach. So viel Geld, dass die größte US-Investmentbank JP Morgan offenbar Gefallen daran gefunden hat, ins Fußball-Sponsoring einzusteigen.

    Josep Maria Bartomeu , Ex-Präsident des FC Barcelona.
    Josep Maria Bartomeu , Ex-Präsident des FC Barcelona. Foto: dpa

    Der ehemalige Barcelona-Präsident plauderte Pläne für die Super Liga aus

    Wie der WDR berichtet, soll JP Morgan bereit sein, bis zu fünf Milliarden Euro jährlich in ein Fußball-Format zu stecken, in dem die besten europäischen Vereine gegeneinander antreten. Dass die Planungen hierfür immer konkreter wurde, ließ einer in einem Nebensatz fallen, der mittlerweile nicht mehr im Geschäft der Großen mitmischt. Der mittlerweile zurückgetretene Präsident des FC Barcelona, Josep Maria Bartomeu, sagte bei seiner Verabschiedungsrede, dass das Barça-Präsidium die Voraussetzungen für die Teilnahme an einer möglichen europäischen Super Liga geschaffen hat.

    Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet der katalanische Klub sich konkret mit diesen Plänen beschäftigt: Die Corona-Krise hat die jahrelange Misswirtschaft in Barcelona aufgedeckt. Dem Klub droht die Insolvenz – und die Suche nach neuen Geldquellen ist in vollem Gange. Wanja Greuel, Geschäftsführer der Young Boys Bern, ist Vorstandsmitglied in der Europäischen Club Vereinigung (ECA) und bestätigte das Interesse von JP Morgan gegenüber dem WDR. Bern steht aber nicht auf der Speisekarte des US–Publikums, weiß Greuel: "Die Leute interessieren sich für die ganz großen Klubs."

    Der FC Bayern treibt seit Jahren die Planungen für eine Super Liga voran

    Klubs wie den FC Bayern zum Beispiel. Auch wenn Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge erst im Dezember betont hatte, dass der FC Bayern "ein Kind der Bundesliga" sei – hinter den Kulissen treibt der deutsche Rekordmeister seit Jahren die Planungen für eine Super Liga voran. Recherchen des Netzwerks Football Leaks deckten einen Schriftverkehr aus dem Jahr 2018 zwischen dem Chefjuristen des Vereins, Michael Gerlinger, und der britischen Anwaltskanzlei Cleary, Gottlieb, Steen und Hamilton auf. Darin beauftragt Gerlinger die Juristen, die Möglichkeit einer Super Liga zu prüfen. In der Mail findet sich der Satz Gerlingers: "Die Uefa hat von uns die Message bekommen: Wir brauchen euch nicht."

    Ist die Super Liga ein Druckmittel an die Uefa, um die in den nächsten Wochen anstehende Reform der Champions League ab 2024 auf den Weg zu bringen? Ja. Aber Nicht nur. Der Sieger einer mit US-Milliarden gesponsorten Megaliga würde auch ein Vielfaches der Prämien einstreichen, die der derzeitige ChampionsLeague-Sieger erhält. Gregor Weinreich ist Bayern-Fan und war langjähriger Vorsitzender des Fan-Bündnisses "Club Nr.12". Aktuell ist er Vorstandsmitglied der Football Supporters Europe (FSE). Zu der derzeitigen Entwicklung sagt er: "Es wiederholt sich gerade, was vor drei Jahren diskutiert wurde."

    Die neue Champions League wird sehr viel von einer Super League haben

    Schon die neue Form der Champions League als Ligenmodell, für die Top-Klubs wie Bayern oder Real quasi immer qualifiziert sind, sei eine verkappte Form der Superliga: "Die grundsätzliche Idee ist es, dass es immer mehr Spiele gibt. Und der kleinste gemeinsame Nenner sieht so aus: Für alle soll mehr Geld herausspringen – und für die größten Vereine soll es am meisten Profit geben."

    Der Gewinn bei einer Super Liga wäre enorm – mit Folgen für die kleineren Vereine. Der Fokus wird dem europäischen Geschäft gelten. "Die Aufmerksamkeit für diese Super Liga wäre so groß, dass alles andere dagegen zweitrangig erscheint." Das werde sich auch auf die Fans auswirken: "Jeder Achtjährige wird dann eher Fan eines Super-Liga-Klubs. Für Klubs wie den FC Augsburg wird auf dem Schulhof viel weniger Platz sein."

    Markus Kurscheidt ist Professor für Sport-Governance und Eventmanagement an der Universität Bayreuth
    Markus Kurscheidt ist Professor für Sport-Governance und Eventmanagement an der Universität Bayreuth Foto: Universität Bayreuth

    Sportökonom Markus Kurscheidt sieht für die Mitglieder der Super Liga Risiken

    Für Markus Kurscheidt ändert das Interesse der US-Banker von JP Morgan vieles in der Diskussion um die Super Liga. Kurscheidt ist Inhaber des Lehrstuhls für Sportwissenschaft II an der Universität Bayreuth und betont: "Wenn das Interesse von JP Morgan so konkret ist, ist das eine neue Qualität. Es gibt nun einen Sponsor, der daran interessiert ist, diese Idee in die Tat umzusetzen." Das Veto von Fifa und Uefa sieht er jedoch als starkes Druckmittel: "Wenn die großen Verbände sagen: Wir akzeptieren diese Spieler nicht mehr als Nationalspieler – dann fällt den Klubs ein Verkaufsargument weg."

    Ohnehin glaubt Kurscheidt, dass die US-Investoren die Verflechtung der Klubs in nationale Ligen oder Verbände unterschätzen: "Es ist eine andere Sportkultur als in den USA – und die Vereine können nicht einfach durchregieren, sondern müssen Rücksicht auf Interessen nehmen." Eine Fankultur mit Auswärtsfans sei wichtig für die Attraktivität der Spiele: "Wenn der FC Bayern ein leeres Stadion hat, können sie ihr Produkt in die Tonne treten." Dass die Bundesliga nach einem etwaigen Austritt der Bayern zwingend an Attraktivität verlieren würde, glaubt der Wissenschaftlerzudem nicht: "Das würde eine neue Dynamik auslösen – und für manche Klubs würde das die Chance bringen, sich gegen das Hochglanz-Produkt zu positionieren. Vereine wie Augsburg, die eher das Graue-Maus-Image haben, könnten damit interessanter für Sponsoren werden." Zudem würde ein Bayern-Exit die Liga spannender machen.

    Bei allen finanziellen Verlockungen sieht der Sportökonom die Super Liga auch als Gefahr für Vereine wie den FC Bayern. "Die Vereine, die daran teilnehmen, müssen auf Gedeih und Verderb erfolgreich sein. Es ist die Büchse der Pandora. Aber wenn es so weit ist, spielt die Musik in dieser Liga so laut – da kann es sich ein Verein wie der FC Bayern schlichtweg nicht erlauben, dazu Nein zu sagen."

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