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Fußball: Gemischte Stimmung im Gastgeberland

Fußball

Gemischte Stimmung im Gastgeberland

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    Unter dem Zuckerhut in Rio de Janeiro steigt die Spannung vor dem WM-Auftakt.
    Unter dem Zuckerhut in Rio de Janeiro steigt die Spannung vor dem WM-Auftakt. Foto: Gernot Hensel (dpa)

    39 Prozent der Brasilianer beschreiben ihr Verhältnis zur "Copa" als "kalt" oder sogar "eiskalt" und 28 Prozent als "lauwarm", wie eine Umfrage belegt. Nur bei 30 Prozent zeigt das WM-Thermometer höhere Temperaturen an. Die Umfrage bestätigt zum Teil den Eindruck auf der Straße, denn eine Woche vor Anpfiff hat der Rummel noch nicht begonnen. Das dürfte sich ändern mit jedem Tor und Sieg der Seleção, die nur eins will: WM-Titel Nummer 6.

    An Rios Copacabana-Strand laufen die Aufbauarbeiten fürs FIFA-Fan- Fest. Restaurants, Bars und Hotels in der Stadt am Zuckerhut, wo am 13. Juli das Finale ausgetragen wird, schmücken sich allmählich mit WM-Wimpelketten in Brasilienfarben. In einigen Cafés tragen die Kellnerinnen das gelb-grüne Trikot der Seleção als Dienstbekleidung. Großflächige Aufkleber am Kuchenbuffet mit der Aufschrift "Zauber des Hexa (6. WM-Titel)" versperren die Sicht auf Schokotorten und Tiramisu. "Klar, werden wir Weltmeister", sagt Fernanda, und schiebt den "Cafezinho" über die Theke. Sollte sie recht haben, gibt es nach dem Finale am 13. Juli in

    US-Nationalcoach Jürgen Klinsmann kann den WM-Start kaum erwarten. "Es könnte nicht schöner kommen für einen Spieler, aber auch für alle, die daran beteiligt sind - wie Trainer oder Zuschauer", sagte der Ex-Bundestrainer im FIFA-Interview. "Dieses Land ist einfach so fußballbegeistert, die Menschen leben 24 Stunden rund um die Uhr ihren Sport", meinte Klinsmann.

    Doch die Verzögerungen bei Stadienbauten und Infrastrukturprojekten und die anhaltenden Negativschlagzeilen sind wohl ein Grund für die vom renommierten Meinungsforschungsinstitut IBOPE vorgefundene unterkühlte Stimmung. Selbst Fußballidole wie Ronaldo und Pelé blasen inzwischen ins Horn der Kritiker. "Vergonha" (Scham/Schande) ist das Wort, das sie mit Blick auf die vielen Verspätungen ins Feld führen. Romário ist schon lange einer der Wortführer. "Der WM-Monat ist da. Es fehlen noch 10 Tage bis zum Start, das Panorama ist nicht das Beste", twitterte er am Montag.

    Das Land scheint gespalten. Zwar haben die Proteste, die Brasilien beim Confed-Cup erschütterten, bei weitem nicht die Dimension des Vorjahres. Aber keiner wagt eine Prognose, ob das so bleibt. Nationalspieler Dani Alves forderte seine protestierenden Landsleute auf, zur WM eine Auszeit zu nehmen: "Ich weiß, es ist schwierig, aber ich bitte alle freundlichst, dass wir die Probleme vergessen und ein großes Fest während der WM veranstalten. Danach können wir auf unsere Forderungen zurückkommen", betonte der 31-Jährige.

    Regierung und FIFA geben sich als Animateure und üben sich im Optimismus. "Wir werden in der Tat die "Copa das Copas" (Weltmeisterschaft der Weltmeisterschaften) machen", wird Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff nicht müde zu betonen. Die Gesamtinvestitionen für die WM belaufen sich auf fast zehn Milliarden Euro - es wird eines der teuersten Turniere der WM-Geschichte.

    Sieben Jahre hatte der Gastgeber seit dem WM-Zuschlag 2007 Zeit für die Vorbereitung. "Ich denke, der Fehler von uns allen war, dass wir sehr spät angefangen haben", gab FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke zu. Die Konsequenz beschrieb die Zeitung "Estado de São Paulo": "Die Schätzung ist, dass mindestens die Hälfte der für die WM versprochenen Maßnahmen bis 12. Juni nicht fertig wird." Gebaut wird unter anderem noch an den Flughäfen Confins bei der WM-Stadt Belo Horizonte und in der Amazonas-Stadt Manaus. Das Eröffnungsstadion Arena Corinthians wird sich erst zum Anpfiff am 12. Juni unter "Volllast" mit 68 000 Zuschauern beweisen müssen.

    Der Seleção fällt die zentrale Rolle als Stimmungsmacher zu. Nach 64 Jahren kehrt die Weltmeisterschaft zurück nach Brasilien. Fünfmal gewann die Seleção den Titel, und sie will den Rekord mit dem Triumph im eigenen Land krönen. 2013, als das Team um Starstürmer Neymar den Confed-Cup gewann und Weltmeister Spanien im Finale schlug, stimmten die Fans in Rios Maracanã-Stadion während der Partie die Nationalhymne an. Das sind die Szenen, die sich auch Staatschefin Rousseff wünscht, die knapp drei Monate nach dem WM-Finale vor Präsidentschaftswahlen steht. (dpa)

    Romário-Twitter

    IBOPE-Umfrage, portug.

    Valcke-Interview, portug.

    Klinsmann-Interview

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