Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Fußball: FCI-Trainer Hasenhüttl: "Ich spüre viel Demut"

Fußball

FCI-Trainer Hasenhüttl: "Ich spüre viel Demut"

    • |
    Trainer Ralph Hasenhüttl hat mit dem FC Ingolstadt 04 gute Chancen auf den Aufstieg.
    Trainer Ralph Hasenhüttl hat mit dem FC Ingolstadt 04 gute Chancen auf den Aufstieg. Foto: Armin Weigel, dpa

    Der FC Ingolstadt ist eine der größten Überraschungen im deutschen Profi-Fußball. Die Mannschaft führt vor dem Start der Rückrunde die Tabelle der zweiten Bundesliga souverän an und ist damit der heißeste Aufstiegskandidat. Architekt dieser Erfolgsgeschichte ist der Trainer Ralph Hasenhüttl. Er hat aus dem einstigen Abstiegskandidaten ein Spitzenteam der 2. Liga gemacht. Im Interview erklärt der Österreicher den Siegeszug einer Mannschaft, die an den Aufstieg glaubt, hat aber (natürlich) auch warnende Worte parat.

    Im Januar 2014 drohte der FCI abzusteigen, diese Winterpause erlebten Sie als Tabellenführer mit sieben Punkten Vorsprung auf Rang zwei. Wie bereitet man einen Abstiegskandidaten und wie einen Zweitliga-Spitzenreiter auf die Rückserie vor?

    Hasenhüttl: Der Stand der Entwicklung ist ein anderer. Wir waren damals dabei, uns zu stabilisieren, und mussten mit viel Druck umgehen. In der jetzigen Vorbereitung ging es darum, neue Spieler zu integrieren und die Automatismen, für die unser Spiel steht, schnell wieder zum Leben zu erwecken. Wir wissen genau, was wir zu tun haben. Der große Unterschied zum Vorjahr ist: Du hast nicht viele Schwächen, die du ausmerzen musst, sondern du versuchst, die Stärken hervorzuheben.

    Wie oft haben Sie zuletzt schon Spieler oder Betreuer in Ihrem Team erwischt, die über den Bundesliga-Aufstieg geredet haben?

    Hasenhüttl: Man lebt eine Spur weit im Blick voraus. Wenn man auf einer Position steht, die einen zum Aufstieg in die Bundesliga berechtigt, dann denkt man automatisch daran. Das ist menschlich, diese Gedanken auszublenden gelingt nicht immer. Trotzdem spüre ich viel Demut. Ich habe nicht das Gefühl, dass die Spieler es jetzt so ausrollen lassen. Wir wissen, dass wir noch besser spielen können und müssen, als wir es bis hierher getan haben. Wir warten darauf, dass uns jemand die Grenzen aufzeigt.

    Sie haben einmal von der "Politik der kleinen Schritte" in Ingolstadt gesprochen. Haben nur diese den FCI an die Spitze geführt?

    Hasenhüttl: Es waren viele kleine und im Sommer ein etwas größerer. Die Entscheidung, noch offensiver und aggressiver zu verteidigen, war ein recht großer Schritt. Er bedurfte verdammt viel Mut. Es gab Momente, wo man geneigt gewesen wäre zu sagen: 'Nein, das machen wir nicht weiter'. Etwa nach dem Pokal-Aus in Offenbach. Wir haben aber gesagt, völlig egal, wir ziehen das jetzt durch. Die Entwicklung war mutig, und jetzt kriegen wir die Belohnung dafür.

    Reif für die Bundesliga? Keine Ahnung

    Ist diese Entwicklung, diese Art zu spielen, bundesligareif?

    Hasenhüttl: Keine Ahnung, weiß ich nicht. Ich denke, ich werde es irgendwann einmal erfahren.

    Vielleicht ja schon in ein paar Monaten...

    Hasenhüttl: Ich weiß nicht, ob so zu spielen gegen jede Mannschaft möglich ist, ob das gegen einen FC Bayern möglich wäre. Das weiß ich nicht - mich würde einfach interessieren, wie es ausschauen würde.

    Sind Sie als Trainer bereit für die Bundesliga?

    Hasenhüttl: Wenn es passiert, ist man bereit. Wenn es nicht passiert, war man es anscheinend noch nicht.

    Ist Ingolstadt als Standort gut genug für die Bundesliga?

    Hasenhüttl: Das werden wir alles sehen, wenn wir so weit sind. Ich weiß, dass schon Vereine aufgestiegen sind, die wesentlich weniger weit waren als wir es sind, von den infrastrukturellen Möglichkeiten her. Man war hier anfangs ein bisschen skeptisch, so richtig hat man der Situation nicht getraut: Ist das nur ein kurzes Strohfeuer oder mehr? Mir war es bei meiner Ankunft hier ein Riesen-Anliegen, dass wir einen Fußball spielen, der die Menschen begeistert. Was unter dem Strich tabellarisch dabei herauskommt, war nicht so wichtig.

    Haben die Fans das auch so akzeptiert?

    Hasenhüttl: Es ist nicht lange her, da haben die Spieler vor der Gegengerade Angst gehabt, weil dort Leute gesessen sind, die lautstark ihren Unmut kundgetan haben. Aber das Blatt hat sich gewendet, heute sitzen dort deutlich mehr und sind begeistert, weil wir ein sehr laufintensives, zweikampfintensives Spiel abliefern. Das reißt einfach mit. Die Euphorie und die Stimmung im Stadion sind inzwischen schon beachtenswert.

    Überragender Job

    Der FCI-Erfolg wird vor allem Ihnen zugeschrieben. Zu Recht?

    Hasenhüttl: Ich habe meinen Anteil, genau wie Trainer- und Betreuerteam, Scouting-Abteilung, unsere Vereinsführung, die Geschäftsstelle, Fans und vor allem die Mannschaft. Alle gemeinsam machen einen überragenden Job. Ein Trainer ist vor allem in Situationen wichtig, wenn es nicht gut läuft. Wir haben als Team schnell zueinander gefunden, der Verein konnte mit dem Trainer und umgekehrt. Ich habe eine enge Beziehung zu meinen Spielern aufgebaut, mich in diese Mannschaft verliebt.

    Wenn der Trainer dann gefragt ist, wenn es nicht gut läuft: Bereiten sich drauf vor, in der Rückrunde häufiger gefragt zu sein?

    Hasenhüttl: Man ist nie davor gefeit, dass mal zwei, drei Spiele nicht so laufen. Das hatten wir in der Hinrunde auch. Täler hat jede Mannschaft zu durchlaufen, wir hatten sie relativ kurz, mal zwei, drei Spiele, die wir nicht gewonnen haben. Das ist schon Wahnsinn, wenn man denkt, das war für uns schon ein Tal. Fortschritt heißt auch, dass man mal eine Delle in Kauf nimmt und die richtigen Schlüsse zieht. Die Persönlichkeitsentwicklung eines Spielers ist durch Niederlagen viel größer. Man hat gehört, was die Bayern so stark gemacht hat, nämlich die drei verlorenen Finals 2012.

    Viel lernen aus Niederlagen konnten Sie in der Hinrunde nicht, sie haben nur einmal verloren. Warum ist ihr Team oft cool geblieben?

    Hasenhüttl: Bei uns haben sich Typen mit einem unglaublichen Siegeswillen herauskristallisiert, und zwar nicht einer, sondern gleich mehrere. Typen, die nicht bereit sind, einen Millimeter nachzulassen. Wenn ein Verein wie Ingolstadt vor Kaiserslautern, 1860, Düsseldorf, Braunschweig, Nürnberg und so weiter steht, dann nur, weil wir aus unseren Möglichkeiten das Maximale rausholen.

    Muss der FC Ingolstadt als relativ junger Verein mehr tun für den Erfolg als sogenannte Traditionsteams in der 2. Liga?

    Hasenhüttl: Fakt ist: Wir haben in 19 Spielen keinen Elfmeter zugesprochen bekommen. Wir müssen so viel besser sein, weil wir, ich will nicht sagen, keine Lobby haben, aber in engen Situationen wie in Karlsruhe einen glasklaren Elfmeter eben nicht zugesprochen kriegen. (dpa)

    ZUR PERSON: Ralph Hasenhüttl (47) ist seit Oktober 2013 Coach des FC Ingolstadt. Für den Österreicher, der als aktiver Fußball-Profi unter anderem in Köln, Fürth und bei der zweiten Mannschaft des FC Bayern gespielt hat, ist dies die dritte Trainerstation seiner Karriere.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden