Als seine ausgelassen jubelnden Mitspieler schon zu den Fans in der Kurve rannten, entschied sich Granit Xhaka für die andere Richtung. Der erste Weg des im packenden Achtelfinale von Bukarest überragenden Schweizer Kapitäns führte direkt in die Arme von Trainer Vladimir Petkovic. "Wir haben Geschichte geschrieben", sagte der 28-Jährige spät am Abend nach dem Coup im Elfmeterschießen gegen Weltmeister Frankreich. Xhaka grinste, er rang um Worte - und er übertrieb nicht. Die Schweizer Nachrichtenagentur Keystone-SDA begann ihre Blitzmeldung mit: "Wahnsinn!"
Durch das 5:4 (3:3, 3:3, 1:0) vom Punkt erreichte die Nati erstmals ein Viertelfinale einer Fußball-Europameisterschaft. Am Freitag wartet in St. Petersburg Spanien. "Ich stehe noch ein bisschen neben mir", sagte Torwart Yann Sommer von Borussia Mönchengladbach, der den entscheidenden Elfmeter von Frankreichs Starspieler Kylian Mbappé abgewehrt hatte. "Es war ein unglaublicher Fußballabend. Ich bin unglaublich stolz auf die Mannschaft."
In der 90. Minute erzielte die Schweiz den Ausgleich gegen Frankreich
Der Ex-Frankfurter Haris Seferovic (15. Minute) hatte die Schweiz in der turbulenten Partie schon früh träumen lassen. Nach Toren von Karim Benzema (57. und 59.) und Paul Pogba (75.) sah dann der Weltmeister wieder wie der Sieger aus. Doch erneut Seferovic (81.) und Mario Gavranovic (90.) erzwangen die Nachtschicht in Bukarest.
"Wir wollten es vor dem Elfmeterschießen beenden", sagte Xhaka, der als bester Spieler der Partie ausgezeichnet wurde. Auch wenn das nicht klappte: "Wir wissen, wie gut wir sind. Wir haben eine überragende Leistung gezeigt", sagte der frühere Gladbach-Profi. "Jetzt kennt jeder die Schweiz." Ein persönlicher Wermutstropfen bleibt aber: Wegen seiner Verwarnung mit der Gelben Karte in der zweiten Halbzeit wird Xhaka gegen Spanien fehlen.
"Jeder Schweizer kann stolz auf das sein, was wir geschafft haben."
Kurz vor dem Elfmeterschießen hatte der Arsenal-Spieler im Kreis der Spieler den Heißmacher gegeben, er schwor seine Teamkollegen emotional auf das Nervenspiel ein. "Es ist wirklich sehr, sehr schwer, Worte zu finden. Ich kann mich nur bei der Mannschaft bedanken", sagte der Mittelfeldantreiber und schloss auch Trainer Petkovic und das Team hinter dem Team ein. "Jeder Schweizer kann stolz auf das sein, was wir geschafft haben."
In der Heimat jubelten die Medien. "Sommer hext die Nati in den EM-Final", schrieb die Boulevardzeitung Blick. Die ehrwürdige Neue Zürcher Zeitung nannte die Nacht eine "der denkwürdigsten" der Schweizer Fußballgeschichte. "Es war ein unglaublich schönes Gefühl", sagte Xherdan Shaqiri über den entscheidenden Moment, als Sommer hielt. Und gegen Spanien? "Man hat gesehen, alles ist möglich im Fußball", sagte der frühere Bayern-Profi. "Wir werden diesen Tag heute genießen, und dann geht es weiter." (dpa)