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Fußball-EM 2021: Kylian Mbappé: Frankreichs Wunderkind steckt in seiner ersten Krise

Fußball-EM 2021

Kylian Mbappé: Frankreichs Wunderkind steckt in seiner ersten Krise

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    Statt Torschützenkönig wurde Kylian Mbappé zum Sinnbild der enttäuschten Erwartungen der französischen Nationalmannschaft.
    Statt Torschützenkönig wurde Kylian Mbappé zum Sinnbild der enttäuschten Erwartungen der französischen Nationalmannschaft. Foto: Jean-Christophe Bott, dpa

    Es gab diese eine Szene bei der EM, mit der sich vielleicht alles geändert hätte für Kylian Mbappé. Und wohl auch für die französische Nationalmannschaft. Im Eröffnungsspiel gegen Deutschland kam der 22-Jährige im Strafraum an den Ball und hatte Kimmich, Gündogan und Ginter gegen sich. Trotzdem schlenzte er den Ball an dem Trio und auch an Torhüter Manuel Neuer ins Tor. Es wäre ein Traumtor gewesen – über das der Paris-Spieler nur kurz jubelte. Weil er beim Pass wenige Zentimeter im Abseits stand, zählte der Treffer nicht.

    Es war das einzige Mal, dass Mbappé bei dieser EM zu einem Jubel über ein eigenes Tor ansetze. In den weiteren Gruppenspielen und im Achtelfinale blieb er sogar ohne eigenen Treffer. Dass er im Elfmeterschießen gegen die Schweiz den entscheidenden Strafstoß vergab und damit das Ausscheiden des Weltmeisters und Turnierfavoriten besiegelte, passte ins Bild.

    Es scheint ausgemacht, dass Mbappé Weltfußballer zu werden hat

    Der gerade mal 22 Jahre alte Mbappé war als Letzter der fünf Schützen eingeteilt gewesen – eine Aufgabe, die sonst deutlich routinierteren Spielern zufällt. Doch für Mbappé gelten andere Spielregeln. Irgendwie scheint ausgemacht, dass der Flügelstürmer zu höchsten Würden berufen ist und doch irgendwann einmal Weltfußballer zu werden hat. Wenn Messi und Ronaldo in den nächsten Jahren von der Fußball-Bühne abtreten, erwarten einige, dass Mbappé danach seine eigene Ära prägen wird. Und es ist nicht so, als hätte der Sohn eines Kameruners und einer Algerierin nicht schon genügend Belege für die These geliefert.

    Frankreichs Nummer 10 gilt als Inbegriff des modernen Stürmer-Typus: pfeilschnell, technisch nahezu perfekt, stark im Abschluss. Zudem schien es bislang, als ob Mbappé die Hysterie um ihn herum nicht zu beeinflussen scheint. Schon mit 18 Jahren zahlte der dank des Geldes eines katarischen Investors zur Elite aufgestiegene Hauptstadtklub Paris St. Germain für ihn eine Ablösesumme von 145 Millionen Euro an Monaco.

    Seine Ablösesumme kann auf bis zu 180 Millionen Euro anwachsen

    Schon damals beinhaltete das Vertragswerk alle möglichen Klauseln, falls alles wie geplant läuft und Mbappé zum neuen Star seiner Generation wird. Es gibt Nachzahlungen für den Fall des Weiterverkaufs oder falls er Ehren wie Weltfußballer oder Ähnliches wird, sodass die Ablöse auf 180 Millionen Euro steigt. Mbappé schien das alles nichts auszumachen: Im WM-Finale 2018 erzielte er ein Tor, mit dem er sich und die Équipe Tricolore zum Weltmeister machte. Nur der Brasilianer Pelé war bei seinem Treffer im

    Insofern passt diese Bruchlandung, die Frankreich und sein Star bei diesem Turnier hinlegten, nicht in diese durchgetaktete Erfolgsgeschichte. Dabei schien gegen die Schweiz alles seinen Gang zu gehen: Nach einem Rückstand drehten die coolen Franzosen auf 3:1. Es wäre die Gelegenheit für Mbappé gewesen, mit einem Konter das vierte oder fünfte Tor (und damit seine ersten Treffer im Turnierverlauf) zu machen. Stattdessen glich die Schweiz aus und sorgte im Elfmeterschießen für die bislang größte Überraschung des Turniers.

    Mbappé schritt, als die Niederlage feststand, einsam in die Kabine. Trainer Deschamps unternahm einen halbherzigen Versuch, ihn zu trösten. Frankreichs Fußball-Fachmagazin L’Équipe titelte von der "Desillusionierung des Mbappé". Le Parisien fasste die EM-Bilanz so zusammen: "Null Tore und ein grausames Ende." Schon vorher war die Kritik an ihrem Wunderkind laut geworden, Ex-Nationalspieler Jérôme Rothen etwa hatte dessen "problematisches Ego" bemängelt.

    Mbappe meldet sich zu Wort: "Ich habe versagt"

    Spät in der Nacht meldete sich der Gescholtene über seine Social-Media-Kanäle zu Wort: "Die Traurigkeit ist nach diesem Ausscheiden groß, wir konnten unser Ziel nicht erreichen." Das viel zu frühe Aus tue ihm leid: "Ich wollte dem Team helfen, aber ich habe versagt. Schlaf zu finden, wird schwierig sein, aber das sind leider die Unwägbarkeiten dieses Sports, den ich so sehr liebe."

    Pelé tröstete Mbappé: "Halte den Kopf hoch, Kylian"

    Trost gab es ebenfalls auf digitalem Weg von seinem fußballerischen Ziehvater Pelé. Der 80-jährige Brasilianer schrieb auf Twitter: "Halte den Kopf hoch, Kylian. Morgen wird der erste Tag einer neuen Reise." Noch immer steht dem 22-Jährigen alles offen. Und doch ist es eine Reise, in der das Wunderkind zum ersten Mal eine Talsohle durchschreiten muss.

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