Neulich in der Münchner Arena am Mittwochabend. Es läuft die 68. Spielminute. Gerade hatte Havertz den Ausgleich der DFB-Elf gegen Ungarn erzielt, weswegen sich der Autor dieser Zeilen schleunigst daran machte, seinen Spielbericht umzuschreiben, als ein gewisser András Schäfer zur erneuten Führung für die Magyaren einschießt. Zeit für die Zuschauer, aber auch für den sonst zu emotionaler Maximaldistanz aufgeforderten Reporter, sich etwas über den Rückstand zu empören.
Mein Nebenmann auf der Pressetribüne hatte sich zuvor schon als Engländer vorgestellt und diese Szene per Foto dokumentiert. Mit einem diebischen Grinsen zeigte der Angelsachse mir das dabei entstandene Bild – und verabschiedete sich wenig später von der Tribüne mit dem Hinweis, dass man im Heimatland des Fußballs eigentlich ganz gerne gegen die deutsche Auswahl gespielt hätte.
Gary Lineker wusste: Am Ende gewinnen immer die Deutschen
Dass Fußball ein Spiel ist, das – wie ein großer englischer Denker namens Gary Lineker schon bemerkt hat – 90 Minuten dauert und bei dem am Ende immer die Deutschen gewinnen (oder zumindest ein dreckiges Unentschieden holen), scheint dem englischen Kollegen nicht bekannt gewesen zu sein. Als der DFB-Elf der folgerichtige Ausgleich gelang, war er wahrscheinlich schon über eine Tüte frittierte Fish ‘n‘ Chips gebeugt (oder was Engländer eben so machen).
Die Reaktion der nicht als zurückhaltend bekannten englischen Presse als solches liest sich hingegen wie eine Mischung aus Wiedersehensfreude und Angst. Während der Telegraph todesmutig forderte: "Her mit den Deutschen!", gab sich die Daily Mail mit der Hauptzeile "Oh no! Nicht schon wieder die Deutschen" etwas vorsichtiger. Der Daily Mirror hofft, dass sich Trainer Gareth Southgate für den "Herzschmerz bei der Euro 96 revanchiert", als er den entscheidenden Strafstoß im Elfmeterschießen vergab.
Die Sun rät dem englischen Team: "Trainiert Elfmeter, Jungs!"
Und die Sun, Zentralorgan des umsichtigen Boulevard-Stils, hatte wie immer gute Tipps an das englische Team auf Lager: "Trainiert Elfmeter, Jungs!" Und das beliebte "Herr we go again" (eine Abwandlung von "here we go again", zu deutsch "es geht wieder los") war gleich mehrfach zu lesen.
Die wohl treffendste Analyse stammte aber wieder einmal von Gary Lineker. Der ehemalige englische Nationalstürmer schrieb nach Spielende nur: "Wie wir wissen, die Deutschen ..." Das sollte eigentlich auch all jenen Sportjournalisten bekannt sein, die es wagen können, bei einem Spiel der DFB-Elf vorzeitig ihren Platz zu verlassen. Nichts für ungut, mates.