Als dieser Tage ein holländischer Journalist von Oliver Bierhoff wissen wollte, ob das DFB-Team wegen seiner attraktiven Spielweise etwa das neue Holland sei, antwortet Bierhoff augenzwinkernd: „Nein, sonst wären wir ja immer nur Zweiter in den Endspielen.“
Was sich neckt, das respektiert sich
Ein Schlagabtausch, der inzwischen nach dem Motto abläuft: Was sich neckt, das respektiert sich. Anlass zu Respekt voreinander haben beide Teams reichlich, die Holländer gegenüber den Deutschen vielleicht sogar ein wenig mehr als umgekehrt. Ein Umstand, der den bekannt respektlosen Thomas Müller zur Behauptung veranlasst hat, von den Holländern könnten die Deutschen im Moment keinen gebrauchen.
Joachim Löw sieht das womöglich anders. Schließlich hat auch das Oranje-Team der Gegenwart Preziosen wie Wesley Sneijder oder Arjen Robben an der Hand. Unglücklicherweise fehlen allerdings einige der Edelsten heute Abend in der Hamburger Imtech-Arena. Rafael van der Vaart zwickt der Oberschenkel,
Mit Gesichtsmaske auf das Feld
Der Stürmer hatte schon beim unrühmlichen 0:0 gegen die Schweiz mitgewirkt, das den Holländern ein Pfeifkonzert des eigenen Anhangs eingetragen hatte. Für van Persie wird heute Abend wohl Schalkes Huntelaar spielen, leicht zu erkennen an einer Gesichtsmaske, die der beste Torjäger der EM-Qualifikation (12 Treffer) nach seinem doppelten Nasenbeinbruch trägt.
Aber es ist nicht nur Huntelaar angeschlagen. Pfiffe, wie im Heimspiel gegen die Schweiz, haben die Holländer von ihren Fans seit Jahren nicht mehr gehört. Warum auch? Die Mannschaft hat sich souverän für die EM qualifiziert, vor zwei Jahren das WM-Finale in Südafrika erreicht und dazwischen ihren zweiten Weltranglistenplatz verteidigt.
Ansprüche der Fans sind hoch
Aber die Ansprüche der Fans sind hoch, vor allem an die spielerische Qualität. Die Gäste bedürfen also dringender als die Deutschen eines ordentlichen Jahresabschlusses. Van Marwijk hat dennoch kein Verständnis für die Pfiffe der Zuschauer. „Das hat die Mannschaft nicht verdient. Wir haben dreieinhalb Jahre exzellente Spiele abgeliefert“, verteidigte er sein Personal. Der Bondscoach, der von 2006 bis 2008 Borussia Dortmund trainiert hat, sieht noch immer aus, als wäre er einem Hollywood-Thriller entsprungen. Das Amt hält den 59-Jährigen in Form.
Er freut sich auf diese Partie, die reichlich Zündstoff für ein mitreißendes Spiel beinhalte. „International gibt es keine Freundschaftsspiele mehr“, umreißt van Marwijk den zu erwartenden Charakter des Treffens, „das sind zwei Mannschaften, die beide offensiv spielen wollen.“ Wenn es misslingt, hat es jedenfalls nicht am Grün gelegen. Der Rasen ist neu ausgerollt und liegt da wie ein Teppich.