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French Open: Jung-Papa Struff spielt so gut wie noch nie

French Open

Jung-Papa Struff spielt so gut wie noch nie

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    Das Gelbe im Auge: Jan-Lennard Struff ist in der Form seines Lebens.
    Das Gelbe im Auge: Jan-Lennard Struff ist in der Form seines Lebens. Foto: Alessandra, dpa

    Seinen Sohn sieht er gerade nur per Videos auf seinem Handy. Am Mittwoch war der kleine Henri acht Wochen alt, sein Papa zog einen Tag später bei den French Open gegen Radu Albot aus Moldau zum ersten Mal in die dritte Runde ein. Im Leben von Jan-Lennard Struff ist ein „sehr großer Glücksmoment dazugekommen“, wie es der Sauerländer formulierte. Doch nicht nur das Private bereitet Struff derzeit Erfüllung und Freude. Auch in seinem Beruf als Tennisspieler erlebt der 29-Jährige im Moment die beste Zeit seiner Karriere.

    Struff gilt nicht gerade als Plaudertasche wie seine deutsche Kollegin Andrea Petkovic, die in einer halbstündigen Tour d’Horizon über schwangere Spielerinnen, die Philosophie des Spiels auf Sand, Steffi Graf, ihr bevorstehendes Buchprojekt und Tennis-Mode parlierte. Struff stützt bei Pressekonferenzen erst einmal sein Kinn auf die rechte Hand, die grau melierte Mütze sitzt verkehrt herum auf dem Kopf, der neuerdings von einem Vollbart geziert wird. Er bedankt sich höflich für Glückwünsche und sagt Tennisspieler-Pressekonferenz-Sätze wie: „Das war ein sehr guter Drei-Satz-Sieg, das war nicht zu erwarten, deshalb bin ich sehr glücklich darüber.“

    Er habe mit seinem Team und Trainer Carsten Arriens, dem ehemaligen Davis-Cup-Chef, sehr gut gearbeitet. Struff spielt seit zehn Jahren auf der Tour, seit November 2016 hält er sich unter den Top 70, aktuell weist ihn die Branchenwertung als Nummer 45 der Welt aus. Struff zählt zu den gerne Übersehenen und gerne Unterschätzten. Die Schlagzeilen gehören dem Shootingstar Alexander Zverev oder dem Dauerbrenner Philipp Kohlschreiber.

    Dabei ist es der 1,96 Meter große Jung-Vater, der das deutsche Tennis schon mehr als einmal vor sportlichem Ungemach bewahrt hat. Im Davis Cup bildet er mit Tim Pütz das „Tim und Struffi“ genannte Doppel, das noch kein Spiel verloren hat. Als Einzelspieler sicherte Struff 2016 gegen Polen und 2017 in Portugal den Verbleib in der Weltgruppe. „Er ist loyal, die Frage ist nicht, ob er spielt, sondern nur, wann wir uns treffen und welche Schläger er mitnimmt“, sagte Bundestrainer Michael Kohlmann einmal der Süddeutschen Zeitung über Struff. In dem lauten und manchmal übertrieben aufgeregten Tenniszirkus hilft Struff seine Unaufgeregtheit. Seit Monaten spielt er in exzellenter Verfassung. Er hat Spieler wie Alexander Zverev, Stefanos Tsitsipas und den Ex-US-Open-Sieger Marin Cilic geschlagen. Im Viertelfinale von Barcelona scheiterte er knapp am Sandplatz-Regenten Rafael Nadal. „Jetzt habe ich halt ein paar gute Leute nacheinander schlagen können, das stärkt das Selbstvertrauen und den Glauben in das eigene Spiel“, sagte Struff gewohnt lakonisch – und verfiel dann plötzlich regelrecht ins Plaudern. Er berichtete von dem „sehr belastenden“ Gerichtsprozess mit seiner Ex-Trainerin Ute Strakerjahn, vor allem aber gewährte er einen noch nie erlebten Einblick in sein Innenleben. „Das Leben ändert sich komplett“, erzählte Struff. Er sei froh, dass seine Freundin zu Hause viel abfange und ihm den Rücken stärke. Zu den Heimturnieren in Stuttgart und Halle will er seine Familie mitnehmen.

    Bei anderen Vätern auf der Tour holt er sich Ratschläge. Struff wirkte tiefenentspannt, gelassen und fokussiert zugleich. Denn trotz allen Familienglücks will er noch nicht so bald nach Hause. Im Kampf um den Einzug in sein erstes Grand-Slam-Achtelfinale überhaupt bekommt es der 29 Jahre alte Warsteiner nun mit dem an Nummer 13 gesetzten Kroaten Borna Coric zu tun. (dpa)

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