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Frauenfußball-EM: Steffi Jones: "Dzsenifer Marozsán ist unser Robin Hood"

Frauenfußball-EM

Steffi Jones: "Dzsenifer Marozsán ist unser Robin Hood"

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    Steffi Jones geht in ihr erstes Turnier als Bundestrainerin.
    Steffi Jones geht in ihr erstes Turnier als Bundestrainerin. Foto: Uwe Anspach (dpa)

    Frau Jones, in Ihrer Mannschaft hat seit einiger Zeit jede Spielerin eine „eigene“ Comic-Figur. Welche ist Ihre?

    Jones: Charlie Brown natürlich! Den fand ich schon als Kind klasse. Und der Name passt ja auch ganz gut zu mir.

    Woher kam die Idee?

    Jones: Wir wollten den Spielerinnen vermitteln, dass wir bei aller Ernsthaftigkeit in der Vorbereitung auch Spaß brauchen. Die Bilder von den Figuren hängen dort, wo die Spielerinnen sich ihre Kleidung abholen, da fällt dann schon mal der ein oder andere Spruch.

    Durften sie sich ihre Figuren selbst aussuchen?

    Jones: Nein. Die habe ich zugeordnet: Dzsenifer Marozsán zum Beispiel ist unser Robin Hood. Weil sie für alle da ist. Da hat jede sofort gesagt: Passt.

    Wie schwierig war es denn, einen frischen Wind reinzubringen nach so einer langen Ära wie der von Silvia Neid?

    Jones: Ich habe vorher für mich gesagt: Das ist meine Philosophie und mir den Trainerstab dementsprechend rausgesucht. Aber ich bin noch immer in einem Prozess, in dem ich noch vieles ab- und hinterfrage und mich selbst reflektiere. Denn es geht hier nicht um mich, sondern um den Erfolg und die Mannschaft. Und wenn die sich mit meinem Weg identifizieren kann, dann geht sie ihn mit.

    "Wir wollen Europameister werden"

    Und das macht sie …

    Jones: … sehr gut. Wir kommunizieren gut, aber nicht zu viel. Ich denke: Weniger ist mehr. Ich muss nicht ständig alle mit den ganzen taktischen Dingen zuballern, sondern versuche, gezielt Akzente zu setzen. Wir sind mitten in einem Prozess, in dem die Europameisterschaft eigentlich zu früh kommt. Unser Ziel ist dennoch klar: Wir wollen Europameister werden und diesen Weg dann weitergehen.

    Die deutschen Fußball-Frauen sind neunmal Europameister – der Titel wird in der Öffentlichkeit quasi erwartet. Sie wollen dazu noch schön spielen. Ist es eine besondere Belastung, diesen Spagat zu schaffen?

    Jones: Meine Philosophie ist Ballbesitzspiel. Wir wollen vermehrt über die gute Spieleröffnung kommen, weil wir festgestellt haben, dass sich da alle Mannschaften schwertun. Da können wir uns noch abheben. Aber ich weiß auch, dass es manchmal nicht anders geht als über den Kampf. Manchmal muss man auch mal einen Ball rausdreschen.

    In der Öffentlichkeit wird es den Vergleich mit Silvia Neid geben. Wie hat sie es gemacht, wie macht Steffi Jones es? Gibt das zusätzlichen Druck?

    Jones: Klar ist dieser Druck vorhanden. Aber ich nehme ihn nicht an. Ich bin Steffi Jones und schreibe meine eigene Geschichte als Trainerin. Ich habe mich bestens dafür vorbereitet, habe Plan A, B und C. Ich bin sehr perfektionistisch veranlagt. Ich bin nicht Silvia Neid. Ich bin ich.

    … und „ich“ geht anders mit den Spielerinnen um?

    Jones: Das ist schwer zu beurteilen. Ich bin einfach etwas jünger als meine Vorgängerin, bin eine andere Persönlichkeit und es hat sich vieles verändert etwa in der Kommunikation, auch digital; ich habe meinen eigenen Stil, meine eigene Philosophie und will, dass die Spielerinnen Spaß haben und sich wohlfühlen, gleichzeitig aber nicht den Fokus verlieren.

    Die Handynummer der Bundeskanzlerin

    Silvia Neid hatte die Handynummer von Angela Merkel und zu ihr auch während der Turniere immer einen Draht. Wie ist das bei Ihnen?

    Jones: Also ich habe die Handynummer der Kanzlerin noch nicht. Aber es kann ja sein, wie in vielen Dingen, die ich noch nicht habe, dass man erst mal wartet, bis ich was erreicht habe.

    Was braucht es denn, um die Glückwünsche der Kanzlerin zu bekommen bei dieser EM?

    Jones: Auf jeden Fall Glück. Und wenn die Kanzlerin mir das und ihren Segen mit auf den Weg gibt, ist das schön. Aber es ändert nichts an unserer Zielvorgabe und dem Weg, den wir gehen.

    In der Männer-Bundesliga geht im Moment der Trend zur Jugend im Trainerbereich, da würden sie …

    Jones: … mit 44 Jahren schon zum alten Eisen gehören. Ja, danke. Aber es stimmt.

    Wie sieht es denn mit dem Trainerinnen-Nachwuchs in Deutschland aus?

    Jones: Wir haben mit Saskia Bartusiak und Kim Kulig zwei ehemalige Spielerinnen dabei, die sich um das Scouting kümmern. Kim etwa soll demnächst auch ihren Fußballlehrer machen und dann eventuell im Nachwuchsbereich anfangen. Ich versuche schon, Spielerinnen an den Trainerinnenjob ranzubringen. Allerdings spielen die meisten bis Anfang, Mitte 30. Deshalb fände ich es gut, wenn einige schon während ihrer Zeit als Spielerin anfangen, sich mit der Ausbildung zu beschäftigen.

    Theo Zwanziger war ein Verfechter des Frauenfußballs. Wie sieht es denn mit dem aktuellen Präsidenten des DFB, Reinhard Grindel, aus?

    Jones: Gut. Wir duzen uns auch. Ich bin ein Mensch, der auf die Leute zugeht. Ich sitze keine Sachen aus. Wenn ich ein Anliegen habe, spreche ich die Jungs beim DFB direkt an.

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