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Frauen-WM: Magengrummeln vor der Premiere

Frauen-WM

Magengrummeln vor der Premiere

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    Voss-Tecklenburg
    Voss-Tecklenburg

    Selbstzweifel scheint Martina Voss-Tecklenburg kaum mehr zu kennen. Wer die Vorbereitung im bayrischen Grassau und den Vorlauf in der bretonischen Provinz auf den WM-Auftakt der deutschen Frauen-Nationalmannschaft gegen China (Samstag 15 Uhr/ARD) erlebte, konnte eine Bundestrainerin beobachten, die sich in der Rolle als Zugpferd gefiel. Einmal stellte sie sich am Trainingsplatz auf ein Podest, um in erhöhter Phonstärke ihre Anweisungen anzubringen. Doch nun, wo es auch für die Fußballlehrerin ernst wird, steigt selbst bei ihr das Lampenfieber.

    „Ich weiß nicht, wie ich mich am Spieltag fühle. Wenn der Anpfiff näher kommt, wird es auch mal im Magen grummeln oder feuchte Hände geben. Kann sein!“ Es gehört zu ihrem authentischen Charakter, auch mal eigene Schwächen zuzugeben, wo die 51-Jährige doch gemeinhin bei ihren Spielerinnen „die Stärken stärken“ will. „Was macht das mit mir?“, fragte sie sich auf der Pressekonferenz vor ihrer weltmeisterlichen Premiere als deutsche Trainerin. „Es macht mich stolz und demütig. Für das Land, in dem ich geboren bin, für das ich gespielt habe: Ich freue mich mega!“

    Alles andere als ein Sieg würde den Druck für das zweite Gruppenspiel gegen Spanien in Valenciennes (12. Juni) erhöhen und die Gefahr vergrößern, bereits im Achtelfinale auf den Weltmeister und Topfavoriten USA zu treffen. China gilt definitiv bei der achten Frauen-WM nicht mehr als Titelanwärter. Deutschland hingegen schon, auch wenn die zwei Titel ein bisschen zurückliegen. 2003 köpfte Nia Künzer gegen Schweden ein Golden Goal, das die ARD-Expertin berühmt machte. 2007 hielt Nadine Angerer gegen die heute noch aktive Marta so famos, dass die DFB-Frauen auch Brasilien bezwangen. Bei der Heim-WM vier Jahre später kam der Knick: Selbst die bekanntesten Spielerinnen wie die neue Teampsychologin Birgit Prinz brachen unter der immensen Erwartungshaltung fast zusammen.

    Es ging danach nicht steil bergab, sonst hätte Silvia Neid nicht mit einer stark verjüngten Mannschaft 2013 den achten EM-Titel und zu ihrem Abschied auch noch 2016 in Rio de Janeiro olympisches Gold gewonnen. Das Tief mit dem irritierenden Auftritt 2017 bei der EM in den Niederlanden soll ohnehin längst überwunden sein. „Wir haben bewiesen, dass wir aus Niederlagen die richtigen Schlüsse ziehen können“, versicherte Svenja Huth.

    Spätestens nach dem selbstironischen Werbespot mit der selbst verbreiteten These, für eine Nation anzutreten, „die unsere Namen nicht kennt“, bearbeitet die Generation Popp-Marozsan-Leupolz eine Metaebene mit. Sich wieder ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Ein Sieg gegen China steht in der Prioritätenliste naturgemäß ganz oben, aber viele werden auch aufs Quotenmeter schauen. Ordentliche Zahlen bei den Öffentlich-Rechtlichen sind immer Gradmesser fürs Interesse.

    Siegfried Dietrich, der Investor des 1. FFC Frankfurt und Sprecher aus der Kommission Frauen-Bundesliga, sieht ein „schlafendes Potenzial“ im deutschen Frauenfußball. Die Bundestrainerin versicherte, dass sie auf solche Aspekte vorerst nicht schauen werde. „Damit können wir uns nicht beschäftigen. Wir wollen das mit der sportlichen Kernkompetenz regeln und eine gute Spielqualität anbieten.“ Der Rest ergibt sich spätestens nach der Gruppenphase von allein. Und Magengrummeln oder feuchte Hände bekommt dann niemand mehr.

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