Ganz Deutschland sehnt sich nach Regen und Sebastian Vettel sowie der Spannung in der Formel 1 tut die Dusche von oben auch gut. In einem spektakulären Formel-1-Rennen pflügte der Ferrari-Pilot vom 20. und letzten Startplatz noch auf Rang zwei. Nur der Sieger Max Verstappen war im Großen Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring eine Nummer zu groß. Tausende Niederländer unter den 61 000 Zuschauern auf den Tribünen feierten eine orangefarbene Party und den siebten Grand-Prix-Erfolg des Red-Bull-Piloten.
Aber auch Vettel kostete den Moment aus. Nachdem er seinen bockigen Ferrari SF90 im Zielbereich abgestellt hatte, sprang er zu seiner Boxen-Crew und herzte Mechaniker wie auch Ingenieure. „Es war ein langes Rennen, an manchen Stellen hat es sich angefühlt, als würde es nie enden“, meinte Vettel und fügte mit einem Grinsen an: „Es hat richtig Spaß gemacht.“ Im Vorfeld hatte der vierfache Weltmeister wegen Fahrfehlern Kritik einstecken müssen. Die Frage nach der Zukunft im traditionsreichsten Rennstall der Formel 1 war gestellt worden. Vettel demonstrierte, dass er sehr wohl noch Lust auf Autofahren und nichts verlernt hat. „Ich bin sehr glücklich für das Team. Wir erleben eine harte Phase, wir haben Fehler gemacht und sind nicht da, wo wir sein wollten.“
Mercedes mit dem schwächsten Saisonergebnis
Der Heppenheimer pflügte auf einer allmählich abtrocknenden Strecke durch das Feld. Die Boxencrews hatten an diesem Nachmittag Schwerstarbeit zu leisten, denn bis zu fünf Boxenstopps pro Wagen und vier Safetycar-Phasen sorgten für viel Abwechslung auf dem Hockenheimring.
Es war das grandiose Finale eines Renn-Wochenendes, das mit einem Desaster für die ruhmreiche Scuderia begonnen hatte. Im Qualifying war Vettels Traum von der besten Ausgangsposition, von der Pole Position, wie eine Seifenblase geplatzt. Noch auf dem Weg zur ersten schnellen Runde stotterte der SF90. „Es gibt ein Problem. Ich verliere an Leistung“, funkte er. In der Box arbeiten die Mechaniker unter Hochdruck, schließlich stieg der 32-Jährige wegen eines Defekts an der Luftzufuhr des Turboladers aus dem Cockpit. Doch die Scuderia arbeitete über Nacht offenbar perfekt. Vom 20. und letzten Startplatz aus nahm der Heppenheimer das Rennen in Angriff. Kurz vor dem Start hatte heftiger Regen den Kurs im Badischen unter Wasser gesetzt, und so folgte ein Ausscheidungsrennen, das für eine Mannschaft mit dem schwächsten Saisonergebnis endete.
Lewis Hamilton kostet ein Chaos-Boxenstopp den Sieg
Der Brite Lewis Hamilton ging als Favorit von der Pole Position ins Rennen. Doch die Silberpfeile werden diesen Sonntag so bald als möglich aus ihrem Gedächtnis streichen wollen. Der immer noch in der WM führende Brite verlor während eines 50,3 Sekunden dauernden Chaos-Boxenstopps viel Zeit. Eine Pirouette und eine Fünf-Sekunden-Strafe wegen nicht korrekten Einbiegens in die Boxengasse beförderten den Polesetter auf Rang elf. Teamchef Toto Wolff malträtierte mit der Faust sein Boxenpult und fluchte. Ausgerechnet im 200. Rennen des Mercedes-Rennstalls blieb das Team ohne einen Punkt – Premiere in der aktuellen Saison, die die Silberpfeile bisher unangefochten dominierten. „Es hätte nicht schlechter laufen können“, sagt Wolff.
Zu den Verlierern des Regenrennens zählt auch Nico Hülkenberg, der zwischenzeitlich das Feld angeführt hatte. Doch für den Renault-Piloten ging ebenfalls der nasse Asphalt aus und er parkte seinen Wagen in den Reifenstapeln. Das gleiche Schicksal ereilte den zweiten Ferrari-Fahrer Charles Leclerc. Der Monegasse hatte im Qualifying ebenfalls mit technischen Problemen zu kämpfen. Doch startete die Nachwuchshoffnung immerhin als Zehnter, lag phasenweise auf Podiumskurs und rutschte dann von der Strecke. In der WM-Gesamtwertung muss sich der von einer Grippe geschwächte Hamilton keine Sorgen machen. Der Brite führt mit 223 Punkten vor seinem gestern ausgeschiedenen Teamkollegen Valtteri Bottas (184) und Verstappen (162). Vettel (141) als Vierter muss nicht auf den WM-Titel schielen, aber er macht Ferrari Mut: „Unsere Tage werden kommen.“
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