Schlimmeres kann einem Formel-1-Team kaum passieren. Ein Unfall unter Kollegen, mit der Folge, dass beide Autos in die Garage gebracht werden müssen. Null Punkte für das Team, viel Frust im Gepäck. Ferrari hat sich mit dem Rennen am Sonntag in Spielberg der Bedeutungslosigkeit in dieser Formel-1-Saison einen weiteren Schritt angenähert. Einen recht großen sogar. In der WM-Wertung ist das stolze italienische Team nur noch fünfte Kraft. Das ist ein Schlag in die Magengrube eines jeden Tifosi.
Frühes Vettel-Aus in Spielberg: Leclerc war der Schuldige
Schlechter als Mercedes, okay. Auch ein Rückstand auf Red Bull ist noch zu verschmerzen, wenngleich sich der Traditionsrennstall natürlich selbst weit über den Emporkömmlingen aus dem Brauselimoimperium sieht. Aber schlechter als McLaren und Racing Point? Welch’ Schmach. Charles Leclerc rammte in der ersten Runde von Spielberg den Wagen seines Teamkollegen Sebastian Vettel so heftig, dass letztlich beide Fahrzeuge so beschädigt waren, dass ein Weiterfahren keinen Sinn mehr machte.
Schon 2019 in Brasilien waren sich die beiden Teamkollegen ins Auto gefahren, damals aber lag die Schuld eher bei Vettel. Diesmal gab es wegen der Schuldfrage keine Diskussionen. Alle Zeugen waren sich am Sonntag einig: Das hat einzig und alleine Charles Leclerc verbockt.
Leclerc ist nicht das Allheilmittel für das schwächelnde Ferrari-Team
Immerhin war der 22-Jährige hinterher einsichtig. „Ich übernehme die volle Verantwortung“, sagte er. Vettel wiederum hielt sich mit Kritik zurück, reagierte recht gelassen auf die nächste Enttäuschung. Vielleicht hat es ihm insgeheim gar nicht so sehr gegrämt, was da in Spielberg passiert ist. Sein Dienstwagen ist ohnehin weit von der Formel-1-Spitze entfernt, es wären lähmende Runden geworden mit Aussicht auf wenig Ertrag.
Durch die ungestüme Aktion wiederum zeigte Leclerc, dass er nicht das alleinige Heilmittel in der Krise ist. Wird er aber sein müssen, da die Ferrari-Verantwortlichen Vettel recht deutlich klar machten, dass sie auf seine Meinung und sein Wirken keinen großen Wert mehr legen. Anders lässt sich die in der Summe unwürdige Entlassung des viermaligen Weltmeisters nicht bewerten.
Die Verantwortung für diese Entscheidung sowie die offenkundige Fehlentwicklung des Rennwagens liegt bei Mattia Binotto. Er ist Team- und Technikchef zugleich. Mehr Verantwortung geht nicht. Mehr Versagen als bei Binotto allerdings auch kaum.
Mitleid statt Furcht: Mercedes muss Ferrari nicht fürchten
Der Motor ist zu lahm, die Aerodynamik nicht windschnittig, das Gesamtpaket eine einzige Katastrophe. Auf Befehl von ganz oben wurden in Spielberg eiligst neue Teile ans Auto geschraubt, die eigentlich erst für das Rennen in Budapest am Sonntag vorgesehen waren. Auch sie brachten nicht den Umschwung. Mercedes muss Ferrari in dieser Saison noch weniger als in den Jahren zuvor fürchten. Spielberg-Sieger Lewis Hamilton kann beinahe mitleidig auf Ferrari schauen. Weiß er doch, dass sich das Niveau der Rennwagen so sehr unterscheidet wie der FC Bayern München vom SC Paderborn.
Schon Binotto-Vorgänger Maurizio Arrivabene hatte viele falsche Entscheidungen getroffen. Binotto, der noch die Triumphe unter Michael Schumacher in Maranello erlebt hatte, war der Hoffnungsträger. Nun sind mit seinem Namen erst einmal nur Pleiten, Pech und Pannen verbunden. Allerdings, und das könnte sein Glück sein, gibt es wenige Alternativen für seine Position. Andreas Seidl, der mittlerweile das McLaren-Team langsam wieder Richtung Spitze führt, wäre eine solche gewesen. Ihn aber wollte man in Maranello offenbar nicht.
Formel 1: Sebastian Vettel hofft auf Besserung in Ungarn
Vettel hätte gerne die Saison genutzt, um Werbung für sich zu machen. Ihm gehen die Cockpits aus, nachdem Mercedes offenbar bereits den Vertrag mit Valtteri Bottas verlängert hat und auch Red Bull seinen bisherigen Fahrern weiter vertraut. Wobei der Unterschied von Max Verstappen zu Alexander Albon schon gewaltig ist.
Diese Saison fährt Vettel auf jeden Fall zu Ende. „Ich bin von Natur aus optimistisch und zumindest muss ich nicht lange warten, bis ich wieder im Auto sitze. Hoffentlich wird Ungarn ein besseres Rennen für uns“, sagte der Heppenheimer. Schlechter als zuletzt in Spielberg kann es kaum werden.
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