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Finale: „Das kann die Karriere eines Torhüters zerstören“

Finale

„Das kann die Karriere eines Torhüters zerstören“

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    Die Tränen von Loris Karius waren nach der schlimmsten Nacht seines Fußballer-Lebens getrocknet, die Diskussionen um seine Zukunft beim FC Liverpool haben aber erst begonnen. „Er wird einen schweren Sommer haben“, prophezeite Reds-Legende Steven Gerrard dem deutschen Keeper nach dem persönlichen Desaster beim 1:3 (0:0) im Champions-League-Finale gegen Real Madrid.

    Der frühere Welttorhüter Oliver Kahn fügte als ZDF-Experte hinzu: „Das kann die Karriere eines Torhüters zerstören.“ Ein Torhüter, der im Olympiastadion von Kiew „in Einzelteile zerfiel“, wie das Lokalblatt Liverpool Echo schrieb und den Königlichen um Weltmeister Toni Kroos und dem offenbar wechselwilligen Cristiano Ronaldo den historischen Sieg-Hattrick ermöglichte.

    Karius war nach seinen zwei krassen Blackouts nicht zu trösten. „Es tut mir leid für alle, für das Team, für den ganzen Klub. Ich habe sie im Stich gelassen. Diese Tore haben uns den Titel gekostet“, räumte der Ex-Mainzer ein. Mit einem schlampigen Abwurf hatte Karius dem Franzosen Karim Benzema den Führungstreffer geradezu geschenkt, beim dritten Treffer ließ der 24-Jährige einen 35-Meter-Schuss von Gareth Bale durch die Finger flutschen. „Eine Schande, dass es in so einem Spiel passiert“, sagte Jürgen Klopp. Schon vor den Patzern des Keepers war die Verletzung von Superstar Mohamed Salah ein Schock, von dem sich die Reds kaum erholten. Auch sein sechstes Finale in Serie ging für den früheren Dortmunder Meistertrainer verloren – und damit auch der Liverpooler Traum, nach 13 Jahren auf Europas Thron zurückzukehren.

    Die Torhüter-Diskussion war in Anfield nie verstummt und dürfte nun das große Sommer-Thema werden. Denn Karius hat seit seinem Wechsel 2016 nach einem holprigen Start einen schweren Stand. Nach Fehlern in der Anfangszeit hatte er schnell den Spitznamen „Flutschfinger“ weg, zwischenzeitlich verlor er seinen Stammplatz an den Belgier Simon Mignolet, der aber auch nicht besser spielte. Im Internet hagelte es nach dem Finale Hass-Kommentare. Dabei scheuten manche Fans auch vor Morddrohungen gegen Karius und dessen Familie nicht zurück. Eine Polizei-Sprecherin sagte, die Behörden nähmen die Drohungen „sehr ernst“. In jedem einzelnen Fall werde ermittelt.

    Erst seit Jahresbeginn war der 24-jährige Karius, der in Biberach an der Riß geboren wurde, über die Juniorenstationen SSV Ulm, VfB Stuttgart und Manchester City als Profi zum FSV Mainz und von dort nach Liverpool kam, wieder die Nummer eins. Danach stand in 32 Spielen insgesamt 16 Mal die Null. Das zählt nach Kiew nicht mehr. „Es ist das Leben eines Torhüters. Man muss wieder aufstehen“, sagte Karius. Auf dem Rasen des Olympiastadions war er der einsamste Mensch. Seine Mitspieler waren zu sehr mit ihrem Frust beschäftigt, als ihn zu trösten.

    Es waren die Spieler von Madrid, die als Erstes bei ihm waren und noch vor ihrer merkwürdig routiniert wirkenden Siegerparty dem Pechvogel Beistand leisteten. „Man kann sich vorstellen, wie er sich fühlt, wenn man auf so einer Bühne zwei solche Fehler macht. Mitleid braucht er nicht, das will auch keiner“, meinte Weltmeister Toni Kroos und ergänzte: „Ich kenne ihn persönlich nicht. Ich gehe davon aus, dass er aus so einer Situation gut hervorgeht.“ Ob Karius trotz Vertrag bis 2021 noch eine Chance erhält, ist fraglich. Fraglich ist auch die WM-Teilnahme von Salah. Der ägyptische Shootingstar, der 44 Tore in dieser Saison erzielte, verletzte sich beim „Wrestling“ (Klopp) mit Real-Verteidiger Sergio Ramos im Schulterbereich und musste ins Krankenhaus. Salahs WM-Einsatz scheint jedoch nicht gefährdet. Er hat sich bei dem Sturz eine Bänderverletzung zugezogen.

    Salahs Ausscheiden war der Knackpunkt im Spiel des 18-maligen englischen Meisters. Hatte Liverpool die Königlichen mit großem Pressing bis dahin arg in die Bredouille gebracht, kippte von dem Zeitpunkt an das Spiel. „Der Schock bei den Jungs war offensichtlich“, sagte Klopp. „Wir hätten gewinnen können.“ So muss Klopp weiter warten – und Liverpool mit seinen vielen Fans auch. (dpa/afp)

    Real Madrid K. Navas – Carvajal (37. Nacho), Varane, Sergio Ramos, Marcelo – Modric, Casemiro, Kroos – Isco (61. Bale) – Benzema (89. Asensio), Cristiano Ronaldo FC Liverpool Karius – Alexander-Arnold, Lovren, Van Dijk, Robertson – Milner (83. E. Can), Henderson, Wijnaldum – Salah (31. Lallana), Roberto Firmino, Mané SchiedsrichterMilorad Mazic (Slowakei) Zuschauer63000 Tore 1:0 Benzema (51.), 1:1 Mané (55.), 2:1 Bale (64.), 3:1 Bale (83.)

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