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FC Bayern: Der lange Weg zum Privatmenschen

FC Bayern

Der lange Weg zum Privatmenschen

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    München Trainerabschiede im Profifußball sind traditionell kurz und schmerzhaft. Ein Anruf, eine SMS, auf Wiedersehen!

    So gesehen ist die Trennung zwischen Jupp Heynckes und dem FC Bayern so außergewöhnlich wie die gesamte Saison der Münchner. Die Chronik des angekündigten Heynckes-Abschieds zog sich wie ein Kaugummi, der dem 68-Jährigen schon lange an den Schuhen klebt. Um ihn loszuwerden, bedurfte es zahlreicher Schritte. Gestern tat Heynckes den letzten.

    Hinterher war er nicht mehr Trainer des FC Bayern und auch nicht zukünftiger Coach von Real Madrid. Heynckes ist jetzt nur noch Privatmensch. Er hat alle Angebote ausgeschlagen. Es habe viele Versuche gegeben, ihn für ein neues Traineramt zu begeistern. „Von reichen Vereinen, von solchen mit viel Sonne und auch von einem, der ein ganz Besonderer ist“, erzählte Heynckes. Aber auch das Besondere, hinter dem sich

    Zuletzt scheiterte noch der FC Bayern, der ein Angebot erneuerte, das Heynckes unmittelbar nach der Verpflichtung von Pep Guardiola zurückgewiesen hat. „Du hast eine Carte blanche beim FC Bayern“, hatte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in seiner Berliner Bankettrede wiederholt. Aber Heynckes wollte auch den Freifahrtschein nicht. Also blieb den Münchnern nichts mehr, als dem Hochverehrten am Ende seiner dritten Amtszeit beim FC Bayern, nach insgesamt 302 Pflichtspielen und 196 Siegen, eine Bühne zu liefern, auf der Heynckes selbst sagen konnte, wie es mit ihm weitergehen würde.

    16 Kameras und 100 Journalisten

    So saß der Scheidende gestern Mittag in einem karierten Hemd von undefinierbarem Grün und ocker schattiertem Sakko auf dem Pressepodium der Allianz-Arena. Neben ihm Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge. Vor sich 16 Kameras und etwa 100 Journalisten, von denen keiner wusste, was Heynckes verkünden würde. Ob er nicht doch der spanischen Offerte erlegen wäre oder nächstes Jahr Bundestrainer werden möchte.

    Heynckes, eigentlich kein Freund der Podien, ließ die Journalisten zappeln. Ja, es war nicht zu übersehen: Der 68-Jährige genoss seine letzte Pressekonferenz. Und weil es ihm gar so gefiel, dehnte er auch den Moment, in dem er die Katze aus dem Sack ließ, noch um einige Sekunden des Schweigens aus. Danach war eine der größten Bundesliga-Karrieren zu Ende. Auch wenn er das Wort „endgültig“ nicht ausstehen könne, was er sagte, klang unumkehrbar: „Es gibt ein Leben nach dem Berufsleben.“

    Eine Erkenntnis, an der er auch dann nicht mehr rütteln möchte, wenn Rückzug, Urlaub und Reflektion beendet sind. Heynckes, so scheint es, hat mit seinem alten Leben abgeschlossen. Es hat ihm offenbar mehr Kraft gekostet, als ihm anzusehen war. Das hat er gestern offen eingeräumt.

    Nun ist er an jenem Ende, dessen Zeitpunkt schon viel länger verabredet war, als er das bislang verraten hat. Ein Versprechen, das er seiner Frau Iris in der Nacht des verlorenen Champions-League-Finales 2012 in München gegeben hat: Noch eine Saison, dann ist Schluss. Später hat ihn der FC Bayern doch ein wenig zum Verzicht auf eine weitere Amtszeit drängen müssen, als Pep Guardiola zu haben war. Danach war die Sache entschieden.

    Wenn doch kleinere Schrammen geblieben sind – im anschließenden Rausch der Triumphe hat sie niemand mehr gespürt und im letzten Akt seiner Karriere war kein Platz dafür. Lieber nutzte Heynckes die Abschiedsstunde, um alte Wunden zu schließen. Beispielsweise jene seiner Entlassung 1991, die Uli Hoeneß später als seinen größten Fehler bezeichnet hatte.

    Gestern sprach Heynckes seinen Freund Hoeneß von aller Schuld frei. Damals habe der FC Bayern aus wirtschaftlichen Gründen Spieler verkaufen müssen. Darunter litt die Qualität der Mannschaft und deren Ergebnisse, was ihm den Job kosten musste. Besser hätte es kein Präsident gesagt.

    Beeindruckende Schlussvorstellung

    Überhaupt lieferte der eher spröde Niederrheiner eine beeindruckende Schlussvorstellung, in der er nur schwer ein Ende fand. Auf seine umfangreiche Danksagung war er vorbereitet, wie auf ein Spiel. Dass Sportdirektor Matthias Sammer zu kurz kam, war kein Zufall, sondern spiegelte das „professionelle“ (Heynckes) und kühle Verhältnis der beiden wider.

    Darüber hinaus lässt Heynckes in München vor allem Freunde zurück, weshalb Karl-Heinz Rummenigge die Hoffnung nicht aufgegeben hat, den Senior später für eine andere Aufgabe noch einmal nach Bayern zu locken. „Keine Drohungen“, murmelte Heynckes.

    Er ist tatsächlich endgültig weg.

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