Der Dauerkartenverkauf beim FC Augsburg boomt. Schon über 16 000 Fans haben ihr Saisonticket verlängert. Das sind 1 000 mehr als zum selben Zeitpunkt im vergangenen Jahr. Und dabei hat der Bundesligist den Vorverkauf für neue Interessenten noch gar nicht gestartet.
Es sieht ganz danach aus, als ob der Vorjahresrekordwert von 18 500 abgesetzten Dauerkarten noch übertroffen wird. Der Klassenerhalt in letzter Minute hat die Sympathiewerte nach oben schnellen lassen.
Der FCA hat sich viel Respekt erspielt
Ein weiteres Indiz dafür: Im Bundesliga-Barometer der Sport-Bild, die 5500 Fans befragt hat, wählten die Augsburger ihren Verein mit einer Note von 2,06 auf Platz vier. Nur der FC Bayern (1,90), Dortmund (1,99) und Gladbach (2,04) stehen vor dem FCA.
Mit ihrer sensationellen Rückrunde hat sich die Mannschaft in Fußball-Deutschland viel Respekt erspielt und auch das Management hat im ersten Halbjahr 2013 mit der Verpflichtung von Manager Stefan Reuter und mit dem Festhalten an Trainer Markus Weinzierl an Reputation gewonnen.
Was Kamenew dem FCA und Viagogo vorwirft
Nimmt bereits jetzt direkt und indirekt Einfluss auf den Verkaufspreis der Tickets.
Bietet Spekulationen mit Tickets und Dauerkarten eine Plattform. Die Preistreiberei ist dabei Bestandteil des Geschäftsmodells.
Nistet sich in integrale Schnittstellen der Organisationsstrukturen des FC Augsburg ein.
Strebt die möglichst umfassende Kontrolle über das Ticketing des FC Augsburg sowie möglichst vieler weiterer Bundesligisten an.
Verringert durch das exklusive und überteuert angebotene eigene Kartenkontingent die Menge an frei zu erwerbenden Tickets in prinzipiell ausgebuchten Kategorien (Stehblock, Gegengerade).
Fördert nicht nur den Schwarzmarkthandel, sondern durch Viagogo wird der Schwarzmarkthandel sogar vereinsseitig legalisiert.
Die vom FCA behaupteten „Vorteile für Mitglieder“ sind zu 95% Vorteile für Leute, die die Mitgliedschaft zum Zwecke der Ticketspekulation nutzen. Darunter leiden das Gros der Mitglieder und auch die übrigen Anhänger, die langfristig mit deutlich steigenden Preisen rechnen müssen.
Welchen Sinn haben offizielle eigene Verkaufspreise, wenn diese über eine zweite, vom FCA legalisierte, aber völlig intransparente Schiene ausgehebelt werden?
Der vom DFB geforderte Sicherheitsaspekt beim Verkauf von Stehplatzkarten (Trennung Fangruppen) wird über die beliebige bundesweite Streuung der Tickets ad absurdum geführt.
Viele Punkte finden sich auch in den FCA eigenen Ticket AGBs: „Zur Vermeidung von Gewalttätigkeiten und Straftaten im Zusammenhang mit dem Stadionbesuch, zur Durchsetzung von Stadionverboten, zur Trennung von Anhängern der aufeinander treffenden Mannschaften während eines Fußballspiels und zur Unterbindung des Weiterverkaufs von Tickets zu überhöhten Preisen, insbesondere zur Vermeidung von Ticketspekulationen und zur Aufrechterhaltung der vom Club auch unter Berücksichtigung von Fanbelangen und sozialen Aspekten entwickelten Preisstruktur, liegt es im Interesse des Clubs und der Sicherheit der Zuschauer, die Weitergabe von Tickets einzuschränken“
Die verschworene Einheit zwischen Fans und Klub, der selbst die lange sportliche Schlechtwetterperiode in der Vorrunde nichts anhaben konnte, hat aber leichte Risse bekommen. Grund ist die BZusammenarbeit des FCA mit dem umstrittenen Ticket-Zweitvermarkter Viagogo. Seit vergangenem Jahr können FCA-Ticket-Inhaber ihre Karten legal über die Online-Plattform mit Zustimmung des Vereins verkaufen. Allerdings teilweise zu deutlich höheren Preisen und mit saftigen Gebühren versehen. Ein Teil der FCA-Anhänger, zumeist aus der organisierten Fan-Szene, läuft dagegen Sturm.
Mitglieder erzwingen außerordentliche Versammlung
Der ehemalige Manager Andreas Rettig hatte diese Entwicklung geahnt und dem Werben von Viagogo widerstanden. Rettig ging vor einem Jahr. Für die jetzige Vereinsführung um Walther Seinsch und Finanz-Geschäftsführer Peter Bircks überwogen die Vorteile – Viagogo zahlt eine sechsstellige Sponsoren-Summe plus eine Beteiligung an den Gebühren. Das Führungsduo ging den Deal ein.
Den wollen die aktiven FCA-Fans so schnell wie möglich wieder beenden. Sie sammelten über 1000 Unterschriften, um eine außerordentliche Mitgliederversammlung zu erzwingen. Auf dieser soll beschlossen werden, dass der FCA den Vertrag mit Viagogo fristgerecht kündigt. Zähneknirschend hat die FCA-Führung signalisiert, dass sie die Versammlung abhalten will. Wie der Streit ausgeht, ist offen.
Dass Karten für die SGL-Arena bei ein wenig sportlichem Erfolg schnell zu einem begehrten Gut auf der Viagogo-Internet-Plattform werden können, ist wahrscheinlich. Lag die Stadionauslastung in der vergangenen Saison doch schon bei fast 95 Prozent. Und da bot der FCA vor allem in der Vorrunde zu Hause nicht nur gute Spiele.
FC Augsburg: Sieben Abgänge, erst zwei Neuzugänge
So einen Fehlstart will Sport-Manager Stefan Reuter, 46, in dieser Saison vermeiden. Der Kern der Mannschaft steht, doch die FCA-Fans warten auf Erfolgsmeldungen vom Transfermarkt. Derzeit stehen sieben Abgängen (Jentzsch, Langkamp, Hain, Ji, Koo, Musona, Tchoyi) erst zwei Neuzugänge gegenüber: Torhüter Marwin Hitz (vom VfL Wolfsburg) und Offensivspieler Mathias Fetsch (Kickers Offenbach).
Reuter hat keinen einfachen Job. Mit einem Lizenzspieler-Etat von rund 19 Millionen Euro liegt der FCA zwar vor Braunschweig (geschätzte 15 Millionen Euro), aber weit hinter Aufsteiger Hertha BSC (23 Millionen Euro). Klubs wie den HSV (rund 40 Millionen Euro), sportlich nur Mittelmaß, sieht man nur durch das Fernglas. So muss sich der FCA beim Werben um geeignete Spieler oft hintanstellen.
Reuter bleibt nach weite über 20 Bundesliga-Berufsjahren gelassen. Er weiß, seine Zeit auf dem Transfermarkt wird kommen, wenn die großen Klubs sich „bedient“ haben. Außerdem hat er vorgearbeitet. Bis auf Ji hielt er alle Spieler, die sich in der Rückrunde als Stützen des Teams erwiesen hatten.
Und bei allen Sympathiebezeigungen ist eines klar – auch die dritte Bundesliga-Saison ist für den FCA nur ein Kampf ums sportliche Überleben.