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FC Augsburg: FCA-Geschäftsführer Michael Ströll: „Man kann nur teilweise Entwarnung geben“

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FCA-Geschäftsführer Michael Ströll: „Man kann nur teilweise Entwarnung geben“

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    Die Bundesligisten werden sich auf Spiele in leeren Stadien einstellen müssen. Die Frage ist nur, wann es wieder losgeht.
    Die Bundesligisten werden sich auf Spiele in leeren Stadien einstellen müssen. Die Frage ist nur, wann es wieder losgeht. Foto: Ulrich Wagner

    Herr Ströll und Herr Reuter, wie beruhigend ist es, dass nun die TV-Gelder kommen?

    Michael Ströll: Es ist kein unerheblicher Faktor, zu wissen, dass zumindest ein Teil der TV-Gelder ausgezahlt wird. Man muss aber sagen, dass dies nur eine Vorauszahlung auf die Spiele ist. Wir müssen unsere Leistung dann noch erbringen, die Spiele müssen stattfinden. Es kann sich jetzt also niemand in Sicherheit wiegen. Es ist ein Drittel vorab ausgezahlt und wird mit den nächsten Spielen verrechnet. Man kann also nur teilweise Entwarnung geben.

    Was können Sie aktuell mit dem Geld anfangen, da ja die Gefahr der Zurückzahlung besteht?

    Ströll: Wir haben die Gelder zu 100 Prozent in unseren Jahres-Budgetplanungen eingerechnet. Diese Einnahmen stehen also den laufenden Kosten gegenüber. Egal, ob es Gehälter sind oder Aufwendungen in anderen Bereichen wie Stadionbetrieb, Verwaltung oder Nachwuchs. Zusatzausgaben können wir damit natürlich nicht tätigen.

    Was halten Sie davon, dass manche Vereine dieses Geld schon ausgegeben haben, bevor es eigentlich da war?

    Ströll: Es stand uns in der Vergangenheit gut zu Gesicht, dass wir uns nicht über die Konkurrenten äußern. Das werden wir beibehalten. Man muss aber konstatieren, dass das System im deutschen Fußball, das wir uns selbst gegeben haben, ein Stück weit krankt. Wir müssen das neu aufsetzen, die Lizenzierungsvoraussetzungen überprüfen und wirtschaftliche Leitplanken setzen. Es kann nicht sein, dass zukünftig Vereine, die kein TV-Geld bekommen, nach kürzester Zeit in finanzielle Schieflage geraten.

    Sind Sie da nicht der einsame Rufer in der Wüste? Jetzt ist es prekär, aber wenn sich irgendwann alles normalisiert hat, werden die Großen vielleicht sagen, es geht weiter wie bisher.

    Ströll: Wir haben immer noch eine Stimme wie jeder andere Klub auch im Ligaverbund der 36 Profivereine. Wer jetzt nicht kapiert hat, dass dieses System krankt, dem ist nicht mehr zu helfen. Es sollte jeder verstanden haben, dass es nicht wie bisher weitergehen kann. Dass wir uns intensiv damit auseinandersetzen müssen, wie wir das System neu aufsetzen und verbessern. Jeder muss in den vergangenen Monaten festgestellt haben, dass höher, schneller, weiter nicht immer das richtige Mittel und vor allem in Krisenzeiten enorm gefährlich ist.

    Ist das in der Liga zu spüren, dass das jedem klar ist?

    Ströll: Die Mitgliederversammlungen sind sehr konstruktiv, positiv und von großem Vertrauen geprägt. In bilateralen Gesprächen merkt man aber, dass viele Vereine zu kämpfen haben.

    Jetzt sollen alle Vereine auch für die Hinrunde der neuen Saison ohne Zuschauer planen. Was bedeutet das?

    Ströll: Im Vergleich zu unseren Ursprungsplanungen werden wir achtstellige Einbußen bis Kalenderjahresende haben.

    Was sind die Mindereinnahmen für ein Heimspiel?

    Ströll: Pro Spiel fehlt uns ein hoher sechsstelliger Betrag, der sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzt. Dazu gehören unter anderem Ticketverkäufe, Einnahmen aus dem Businessbereich sowie Sponsoring und Werbung, die nicht im TV zu sehen sind.

    Wie reagieren die Fans?

    Ströll: Bislang ist es so, dass sich die Rückforderungen der Ticketkosten in Grenzen halten. In den vergangenen Wochen haben wir sehr viele Zuschriften bekommen, dass die Fans auf eine Rückzahlung verzichten wollen.

    Und die Dauerkarten?

    Ströll: Auch von vielen Dauerkartenbesitzern und Fan-Klubs haben wir Zuschriften erhalten, dass sie auf ihre anteilige Erstattung verzichten möchten. Wir prüfen gerade, wie wir eine Verzichtsmöglichkeit anbieten können. Wir stellen jedenfalls eine große Solidarität fest, nicht nur im Rahmen unserer Aktionen, die wir unter AUGSBURGHÄLTZUSAMMEN2020 umsetzen.

    Wie ist es bei den Sponsoren?

    Ströll: Auch bei unseren Partnern gibt es eine hohe Welle der Solidarität, die uns entgegenschwappt. Viele sagen, dass sie uns auch in schwierigen Zeiten unterstützen wollen. Das ist sehr positiv zu werten.

    Wäre der FCA bereit, am 9. Mai ein Heimspiel auszutragen?

    Stefan Reuter: Natürlich. Das war auch der Konsens am Donnerstag in der DFL-Sitzung, dass wir bereit sind für den Fall, dass die Politik entscheidet, wir dürfen spielen.

    Wie weit sind schon die Planungen für ein solches Heimspiel?

    Ströll: Seit uns das Konzept am Donnerstag vorgestellt wurde, setzen wir uns intensiv damit auseinander. Das Konzept ist sehr schlüssig und gut durchdacht. Es hat viele Maßnahmen, um Vorsorge zu treffen. Wir haben begonnen, diese Szenarien durchzuspielen und Vorkehrungen für einen möglichen Spielbetrieb zu treffen, um die Gesundheit aller zu schützen.

    Reuter: Einen Großteil der Punkte setzen wir ja ohnehin schon in unserem Trainingsbetrieb um, weil wir in Gruppen trainieren dürfen. Bei uns ist es vielleicht ein bisschen leichter, weil unsere Trainingsstätte auch am Stadion ist. Das ist bei Vereinen, die sich in den letzten Wochen und Monaten weniger um ihr Stadion gekümmert haben, ein größerer Aufwand. Wir haben jetzt schon viele Räumlichkeiten als Umkleidemöglichkeit hinzugenommen.

    Ist es überhaupt realistisch, am 9. Mai spielen zu können?

    Ströll: Von den Voraussetzungen in und um das Stadion herum ist das umsetzbar. Die entscheidende Frage ist, wie steht die Politik dazu. Wir sind nicht in der Position, zu sagen, wir wollen an Tag X oder Y starten. Die Politik muss sagen, wann sie es für vertretbar hält. Grundsätzlich liegt das in der Zuständigkeit der Länder. Der 30. April ist sicherlich ein Tag, an dem zwischen Ministerpräsidenten und Regierung darüber gesprochen wird.

    Reuter: Wir bereiten uns darauf vor. Es wäre fatal, wenn die Aussage der Politik kommt, dass es möglich wäre, und wir wären nicht darauf vorbereitet.

    Wurde schon besprochen, wann wieder normal trainiert werden kann?

    Reuter: Auch das wird wohl am 30. April besprochen.

    Dann bliebe eventuell nur eine Woche bis zum ersten Spiel. Ist das möglich?

    Reuter: In dieser für alle außergewöhnlichen Situation wäre das vertretbar. Die körperlichen Voraussetzungen konnte man jetzt sehr gut legen und auch die Verfassung halten. Wenn ein Spieler aus einer Verletzung kommt, macht er zunächst Lauf- und Athletiktraining, fängt dann mit Passformen an und geht zuletzt ins Mannschaftstraining, um vielleicht eine Woche später am Spielbetrieb teilzunehmen.

    Vor allem bei der Trainingsthematik war die große Einigkeit in der Liga nicht zu spüren. Da wird genau geschaut, was macht der andere.

    Reuter: Es gab von Anfang an den Konsens, dass wir Klubs keine Forderungen an die Politik stellen, sondern uns mit den örtlichen Behörden abstimmen, was möglich ist.

    Ströll: Aktuell gibt es keine großen Unterschiede mehr. Gruppentraining ist mittlerweile in jedem Bundesland möglich.

    Bald sollen die Bundesligaspieler regelmäßig getestet werden. Gab es beim FC Augsburg bislang auch schon Tests?

    Reuter: Bisher haben wir noch nicht umfassend getestet, weil es darum ging, dass genügend Tests für das Gesundheitssystem zur Verfügung stehen, um sie nicht dringend Bedürftigen wegzunehmen.

    Ströll: Die Testkapazitäten waren bisher nicht auf dem Stand, dass wir uns rausnehmen hätten können, Tests in Beschlag zu nehmen. Aber die Kapazitäten wurden so aufgestockt, dass der Profifußball keine Ressourcen wegnimmt. Das Konzept sieht vor, dass vor jedem Spieltag getestet wird. Dazu unter der Woche wahrscheinlich noch mal. Es wird auch Antikörpertests geben.

    Wie gehen Sie mit der Kritik um, dass der Profifußball nun versucht, unbedingt zu spielen?

    Reuter:Es gibt unterschiedliche Gründe für die Kritik. Viele Fan-Gruppierungen sagen, dass Spiele ohne Zuschauer nicht der Sinn der Sache sind. Das sehen wir auch so. Fußball lebt von den Fans und der Stimmung in den Stadien. In so einer Situation muss aber jedem bewusst sein, dass es viele Vereine nicht mehr geben wird, wenn so lange nicht gespielt wird, bis wieder Zuschauer zugelassen werden.

    Ströll: Spiele ohne Zuschauer sind für niemanden wünschenswert. Aber in dieser einmaligen Situation muss man das für eine gewisse Zeit hinnehmen, da es sonst an manchen Standorten nicht nur keinen Fußball mehr gibt, sondern auch Menschen und Existenzen daran hängen, die dann keinen Job mehr haben. Da sehen wir uns in der Verantwortung, diesen Leuten in den schweren Zeiten eine Stütze zu sein. Dafür benötigen wir die Spiele.

    Sind Sie da mit den Fans im Austausch? Auch um zu verhindern, dass bei einem Heimspiel plötzlich viele vor dem Stadion stehen.

    Ströll: Den Austausch werden wir suchen, um beide Seiten zu hören und Argumente auszutauschen.

    Herrscht bei Spielen in einem leeren Stadion Chancengleichheit? Gerade Teams wie der FCA, die noch Punkte gegen den Abstieg benötigen, brauchen die Fan-Unterstützung.

    Reuter: Das ist nicht das, was ein Spieler oder Zuschauer möchte. Es ist eine Situation, mit der aber jeder Verein umgehen muss. Die Spieler müssen sich darauf einstellen, dass nicht die gewohnte Atmosphäre herrscht und die Emotionen von außen dabei sind. In der Vorbereitung kommt es vor, dass man Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit absolviert. Daher ist es für die Spieler nicht völlig neu. Aber natürlich sehr ungewohnt.

    Müssen die Spieler dann aufpassen, was sie auf dem Spielfeld rufen, wenn nun alles zu hören ist? Gibt es eine Art Sprachknigge?

    Reuter: Den gibt es jetzt schon (lacht). Aber auch darauf bereiten wir uns vor und versuchen, das im Training einzubauen.

    Sie sind ja jetzt nicht nur mit der aktuellen Situation beschäftigt, sondern müssen auch an die Zukunft denken. Wie schwer ist das?

    Reuter: Es ist extrem schwierig, eine neue Saison zu planen, weil es nach wie vor sehr viele Fragezeichen gibt. Unser Wunsch und Ziel ist es, die Saison erst einmal zu Ende zu spielen. Aber die Garantie haben wir nicht.

    Wie sehen Sie die Lage in den unteren Ligen? Wie kann es da weitergehen?

    Ströll: Am Donnerstag wurde ein deutliches Zeichen übermittelt, dass die Champions-League-Vereine 7,5 Millionen Euro als Unterstützung an die Drittligisten und die Frauenbundesliga bezahlen. Das ist ein enormes Zeichen und macht für jeden Verein in der dritten Liga 300.000 Euro aus.

    Eurosport hat sich nicht bereit erklärt, seinen Teil des TV-Gelds zu zahlen. Können Sie das nachvollziehen?

    Ströll: Das können wir nicht verstehen. Sich nicht an vertragliche Parameter zu halten und Zahlungen komplett zu verweigern, entspricht nicht unserer Partnerschaftsmentalität.

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