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Eishockey: Marco Sturm: Vom Silberschmied zum Co-Trainer

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Marco Sturm: Vom Silberschmied zum Co-Trainer

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    Der größte Moment in der Karriere des Bundestrainers Marco Sturm (Vierter von links): Die deutsche Nationalmannschaft gewinnt die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2018.
    Der größte Moment in der Karriere des Bundestrainers Marco Sturm (Vierter von links): Die deutsche Nationalmannschaft gewinnt die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2018. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Auf dem Eis der Halle von Gangneung hüpften und jubelten die deutschen Eishockeyspieler vor Freude. Sie sahen ihre Silbermedaille fast ungläubig an und küssten das gute Stück, das sie um den Hals baumeln hatten. Nur der Trainer Marco Sturm war im Februar dieses Jahres bei den Olympischen Spielen in Südkorea leer ausgegangen. „Ich krieg nichts, das ist halt so“, stellte der Bundestrainer freundlich lächelnd fest. Der Silberschmied von Pyeongchang blieb ohne Medaille, weil nur die Sportler Edelmetall umgehängt bekommen. Doch die Experten sind sich einig: Ohne Sturm wäre das Eishockey-Wunder wohl nie passiert. Der ehemalige Profi aus der National Hockey League hatte in den Jahren zuvor die entscheidenden Weichen gestellt und die Mannschaft auf sich und seine Taktik eingeschworen.

    Sturm hatte den Spielern, die sich in der eigenen Liga einer Übermacht an zumeist nordamerikanischen Profis erwehren müssen, den Glauben an sich wiedergegeben. Erst nach einem dramatischen Olympia-Finale mit einem 3:4 nach Verlängerung gegen Russland war Endstation für die Olympia-Helden. Acht Monate nach dem Triumph muss der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) überraschend einen neuen Bandenchef suchen. Die Los Angeles Kings aus der National Hockey League (NHL) sichern sich die Dienste von Sturm als Co-Trainer. Nach dem am Donnerstag beginnenden Deutschland-Cup in Krefeld ist für den 40-Jährigen Schluss. Der Bruch kommt hart.

    Auch privat zieht es Marco Sturm zurück nach Nordamerika

    Vom Bundestrainer zum Assistenten in der NHL – was seltsam klingt, macht für Lothar Sigl von den Augsburger Panthern Sinn. „Die Los Angeles Kings interessiert nicht, ob er Bundestrainer war, sondern nur seine über tausend NHL-Spiele in seiner Vita und seine Erfolge als Coach“, sagt der Augsburger Eishockeychef. „Als Bundestrainer hat er mit der Silbermedaille alles erreicht, wie soll er das noch toppen? Und die NHL hat er immer als sein Ziel ausgegeben“, erklärt Sigl, der dem Aufsichtsrat der Deutschen Eishockey-Liga angehört.

    Auch privat zieht es den 40-Jährigen zurück nach Nordamerika. Aus seiner Zeit als Stürmer der San Jose Sharks bevorzugt er Kalifornien, ließ Sturm durchblicken. Sohn Mason und Tochter Kaydie kämpften nach dem Umzug von Florida nach Niederbayern in der deutschen Schule offenbar mit Eingewöhnungsproblemen. Mit seiner Frau Astrid, der Schwester seines bisherigen Assistenten Christian Künast, wird nun bald Kalifornien zum Lebensmittelpunkt.

    Zum LA-Kings-Cheftrainer Willie Desjardins besitzt der Dingolfinger einen guten Draht. „Sturm will sich Schritt für Schritt nach oben arbeiten. Mit Desjardins bekommt er einen Chef, der als Trainer wie auch als Mensch top ist“, urteilt Mike Stewart. Der Trainer der Augsburger Panther arbeitete bereits als Trainer-Assistent für Team Kanada. Sturm besaß zwar bis 2022 beim DEB einen Vertrag, der jedoch eine Ausstiegsklausel für die NHL beinhaltet. Den Passus lassen sich viele erfolgreiche Trainer einbauen. Denn die Chance, in die beste Liga der Welt zu wechseln, will keiner verpassen.

    "Der plötzliche Abgang von Marco Sturm tut dem deutschen Eishockey richtig weh"

    Den DEB trifft der Abgang des Erfolgstrainers unvorbereitet. Der frühere Nationalmannschaftskapitän Alois Schloder sieht den „Aufschwung gefährdet“. Längst hat die Nachfolger-Diskussion begonnen. Sturms Vorgänger Uwe Krupp wird als Rückkehrer genannt. Doch der ehemalige Stanley-Cup-Sieger eilt mit seinem neuen Klub Sparta Prag von Erfolg zu Erfolg. Außerdem dürfte der Kölner Krupp in Tschechien deutlich mehr verdienen, als der DEB seinem Bundestrainer zu zahlen in der Lage ist.

    Für die Weltmeisterschaft im Mai kommenden Jahres wäre eine Übergangslösung möglich. Der Mannheimer Pavel Gross oder Harold Kreis von der Düsseldorfer EG werden als Kandidaten genannt. Andere Eishockey-Verbände praktizieren es durchaus, nur für ein Turnier ein Trainerteam zusammenzustellen.

    Langfristig ist das für den DEB keine Lösung, wie auch Präsident Franz Reindl betont. „Am Wochenende diskutieren wir unsere Zukunft“, sagt der DEB-Chef vor dem Vier-Länder-Turnier in Krefeld. Der erfahrene Eishockey-Manager und DEL-Aufsichtsrat Sigl aus Augsburg weiß: „Es wird für den DEB schwer werden, eine neue Galionsfigur mit dieser Strahlkraft zu finden. Der plötzliche Abgang von Marco Sturm tut dem deutschen Eishockey richtig weh.“

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