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EM-Qualifikation: Gibraltarer Fußballfan: "Für mich erfüllt sich ein Traum"

EM-Qualifikation

Gibraltarer Fußballfan: "Für mich erfüllt sich ein Traum"

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    Wer nach bekannten Gibraltarern sucht, stößt auf einen in den 70er und 89er Jahren bekannten Sänger und Songwriter. Wissen Sie wen?

    Ja. Albert Hammond. It never rains in Southern California.

    Man kennt sich unter Gibraltarern?

    Na ja. Was bekannte Namen betrifft, sind es ja nicht viele. Ein anderer ist übrigens der Mode-Designer John Galliano.

    Gibraltar hat nur 30000 Einwohner. Das eröffnet Ihnen die Chance, einer der bekanntesten

    Ich bin Autor. Ich freu mich, wenn meine Bücher bekannt werden. Ich selbst muss nicht so sehr im Vordergrund stehen.

    Seit einem Jahr ist Gibraltar vollwertiges Mitglied des europäischen Fußball Verbandes Uefa. Hängt seither ein Trikot der Nationalelf bei Ihnen zu Hause im Fenster?

    Das zwar nicht. Aber ich habe schon seit einigen Jahren ein Trikot von Gibraltar. Das ich am Freitag zum Spiel gegen Deutschland anziehen werde.

    Sie haben 2002 versucht, Gibraltar über eine Internet-Petition beim Weltverband Fifa den Weg für die Qualifikation zur WM 2006 zu ebnen. Wie ist die Geschichte ausgegangen?

    Es haben einige tausend Leute unterschrieben. Hat trotzdem nicht viel gebracht. Nun aber haben wir es immerhin in die Uefa geschafft, was mich sehr freut.

    Für wen schlägt am Freitag Ihr Herz?

    Für Gibraltar, aber ich sympathisiere auch sehr mit der deutschen Nationalmannschaft, schließlich bin ich in Deutschland aufgewachsen. Ich freu mich riesig auf dieses Spiel. Für mich geht hier ein Jugendtraum in Erfüllung. Ich hatte mir das immer gewünscht, aber nicht daran geglaubt, nachdem Spanien die Aufnahme Gibraltars in die Uefa immer blockiert hat.

    Warum dieser Widerstand der Spanier?

    Das liegt daran, dass Gibraltar auf spanischem Landgebiet liegt, aber seit Jahrhunderten zur britischen Krone gehört, also britisches Hoheitsgebiet ist. Spanien hat bis in die 80er Jahre hinein die Grenze nach Gibraltar geschlossen gehalten. Die Briten hätten Gibraltar sogar in die Unabhängigkeit entlassen. Haben das aber nicht getan, weil sie befürchteten, dass die Spanier dann in Gibraltar einmarschieren würden. Es gab dann ein Referendum in Gibraltar, bei dem sich 99 Prozent der Bevölkerung dafür entschieden, bei Großbritannien zu bleiben.

    Ist das eine Geschichte beider Bevölkerungsgruppen oder eine der Politik?

    Das ist Politik. Zwischen Gibraltarern und Spaniern gibt es keine Rivalität.

    Ganz ohne Zugeständnis an Spanien ist die Aufnahme Gibraltars in die Uefa aber nicht abgegangen...

    Die Spanier haben durchgesetzt, dass Pflichtspiele zwischen Spanien und Gibraltar ausgeschlossen sind. Beide Teams also nicht in dieselbe Qualifikationsgruppe gelost werden dürfen.

    Wie ist das Verhältnis zu den Briten?

    Freundschaftlich. Man betrachtet sich als britische Gibraltarer mit britschem Pass.

    Wie darf man sich Gibraltars Nationalmannschaft vorstellen?

    Bis auf zwei Spieler sind das alles Amateure, die einen festen Beruf haben – und die spielen jetzt gegen den Weltmeister.

    Die ersten Ergebnisse waren ja verheißungsvoll. Zum Start ein beachtliches 0:0 gegen die Slowakei, später ein erster Sieg gegen Malta. Was erwarten Sie für Freitag?

    Ich wünsche mir, dass die Niederlage gegen Deutschland nicht zweistellig wird. Das wäre schon eine großartige Sache für Gibraltar. Das haben sie in der EM-Qualifikation bislang immer geschafft, auch wenn es mit dem 0:7 gegen Polen knapp wurde. Toll wäre natürlich ein Tor gegen Deutschland. Aber das wird gegen den besten Torhüter der Welt sehr schwierig. Da müsste Manuel Neuer schon einen schlechten Tag erwischen. Bliebe es am Ende bei einem 0:7, wären die Gibraltarer auch nicht viel schlechter als Brasilien. Das wär doch schon mal etwas.

    Sie sind auch Anhänger von Arminia Bielefeld. Wie konnte das passieren?

    Das habe ich mir nicht ausgesucht. Ich bin in Bielefeld aufgewachsen. Die Arminia ist ein leidenschaftlicher Verein, der es seinen Anhängern nicht einfach macht. Ich glaube, dass es ein Muster in meinem Leben ist, immer zu den Underdogs zu halten.

    Im Moment geht es mit der Arminia ja wieder leicht aufwärts...

    Ja. Dritter in der dritten Liga.

    Geografisch gesehen hätten Sie Ihr Fußballherz auch den anderen Ostwestfalen, dem SC Paderborn, schenken können, der am Samstag gerade in Augsburg war...

    ... und dort ordentlich auf die Mütze gekommen hat. Ich bedanke mich bei den Augsburgern, die unserem regionalen Rivalen die Grenzen aufgezeigt haben.

    Sie haben ein Buch über Ihre Jahre bei den Zeugen Johovas und Ihren Ausstieg geschrieben. Wie steht die Religionsgemeinschaft zum Fußball?

    Theoretisch ist ihr der Fußball zu weltlich. Aber im konkreten Fall werden zwei Augen zugedrückt. In Maßen ist alles in Ordnung. Ich bin auch als Jugendlicher mit anderen Glaubensbrüdern zum Fußball gegangen. Meine Dauerkarte für Arminia Bielefeld habe ich aber erst gekauft, als ich kein Zeuge Jehovas mehr war. *

    Misha Anouk wurde 1981 auf Gibraltar geboren. Seine bayerische Mutter und sein englischer Vater, beide streng gläubige Zeugen Jehovas, waren von ihrer Glaubensgemeinschaft zum Missionieren nach Gibraltar beordert worden, nachdem sie vorher in Marokko tätig gewesen waren. Als Anouk drei Jahre alt war, zog seine Familie nach Bielefeld, wo er aufwuchs und bis 2010 lebte. Anouk wurde ein bekannter Poetry Slamer, Blogger und Buch-Autor. Die Kurzgeschichtensammlung Phantomherz erschien 2005. In seinem neuen Buch Good bye, Jehova beschreibt er seinen Ausstieg bei den

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