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EM-Qualifikation 2012: Mesut Özil ist noch kein Xavi Hernández

EM-Qualifikation 2012

Mesut Özil ist noch kein Xavi Hernández

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    Mesut Özil zählt im Kader der Nationalelf schon zu den arrivierten Kräften. Denn mit Mario Götze ist schon die nächste Generation im Kommen.
    Mesut Özil zählt im Kader der Nationalelf schon zu den arrivierten Kräften. Denn mit Mario Götze ist schon die nächste Generation im Kommen. Foto: dpa

    Fußball ist einfach – jedenfalls wenn Mesut Özil mit der Eleganz eines Pumas auf Beutezug  über den Rasen schleicht. Die Stringenz, die der Mittelfeldakteur beim 6:2-Kantersieg gegen Österreich zeigte, zeugt ebenfalls von den Wesenszügen eines Raubtiers. Blitzschnell schlug der 22-Jährige zu und schob die Bälle eiskalt am österreichischen Torhüter vorbei. Eigenschaften, die man bei ihm vor der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika noch monierte. Özil ist gereift, er ist erwachsen geworden bei Real Madrid. Dass er Pässe wie mit einem Lineal gezogen spielt, dürfte wohl nicht erst seit den 40 Toren von Real-Kollege Cristiano Ronaldo bekannt sein.

    Die Vorstellung von Özil gegen Österreich war Weltklasse, auch wenn die Nummer 68 der Rangliste keine Messlatte ist, um derartige pathetische Formulierungen aus dem Schrank zu holen. Die Belohnung für den Real-Star: Training in Madrid unter José Mourinho statt einer Reise nach Danzig in Polen. Betrachtet man Kollege Nuri Sahin, ist man nicht sicher, ob für Özil eine Reise an die Ostsee vielleicht entspannter und vor allem gesünder gewesen wäre.

    Dem Bundestrainer war wichtiger, dass Özil wegen seiner Terminflut ein bedeutungsloses Freundschaftsspiel gegen einen der Gastgeber der EM 2012 erspart bleibt. Denn Löw ist überzeugt, auch ohne den Designer des Real-Spiels in der ehemaligen Hansestadt den ersten Schritt seines Masterplans weiterzuführen: den amtierenden Europameister Spanien entthronen.

    Andere Nationen beneiden den DFB-Nachwuchs

    Denn einen anderen natürlichen Feind als Xavi und seine Barca-Kumpels Iniesta, Fabregas und Iniesta scheint es in der europäischen Steppe nicht mehr zu geben. England wäre froh, wenn sie wenigstens einen unserer zehn Nachwuchstorhüter um Kevin Trapp, Marc-Andre ter Stegen oder Bernd Leno hätten. Italien dümpelt immer noch mit ihren Weltmeistern von 2006 wie Andrea Pirlo über die Plätze und rettet sich mit einem knappen 1:0-Sieg vor einer Blamage auf den Faroer. Selbst auf internationaler Ebene orientiert sich Rekordweltmeister Brasilien mit Supertalent Neymar mittlerweile am Prinzip Jogi. Trotz angeborenem Selbstbewusstsein scheint die Seleção den Glauben daran verloren zu haben, den Deutschen ernsthaft Schaden zufügen zu können. Die Quelle „DFB-Nachwuchs“, aus der Löw seit einigen Jahren schöpft, scheint momentan nicht mehr versiegen zu wollen.

    Die U17-Mannschaft ist bei der EM den Niederlanden unterlegen.
    Die U17-Mannschaft ist bei der EM den Niederlanden unterlegen. Foto: dpa

    Diese Fülle an Talenten verlangt von den Verantwortlichen großes Geschick. Die Umstrukturierung der DFB-Leistungszentren unter Sportdirektor Matthias Sammer hat bewirkt, dass schon in der U17 Spieler wie Verteidiger Koray Günter (17), Mittelfeldspieler Levent Aycicek (17) oder Stürmer Samed Yesil (17) eine Qualität zeigen, die sie in anderen Nationen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich äußerst schnell zum Stammpersonal der A-Nationalmannschaft befördern würden.

    Schürrle und Götze wittern ihre Chance

    In dieser Reihe gehört Mesut Özil also mit seinen 22 Jahren schon zu den etablierten Kräften. Bei Lukas Podolski (26), Bastian Schweinsteiger (27) oder gar Kapitän Philipp Lahm (27) fragt man sich manchmal fast, wann sie denn aus Altersgründen ihren Rücktritt aus der Nationalmannschaft bekannt geben. Mittelfeldmann Schweinsteiger machte gegen Österreich sein 89. Länderspiel. Denn mit dem 19-jährigen Mario Götze oder dem 20-jährigen André Schürrle steht bereits die nächste Generation Spalier, die nur - höflich aber bestimmt - darauf wartet, dass die Stammkräfte Schwäche zeigen.

    Lukas Podolski ist für die Jungwölfe momentan das schwächstes Glied in der Kette, er muss gegen sein Geburtsland Polen erneut eine starke Leistung zeigen, um gegenüber Schürrle das Vertrauen des Bundestrainers zu behalten. Schafft er das nicht, wiederholt sich Geschichte. Er wird ins Abseits geraten, wie es Capitano Michael Ballack passierte, den Sami Khedira und Philipp Lahm jeder auf seine Weise im letzten Jahr stürzten. Die Geschichte ist bekannt: Die Zeit des letzten echten Leitwolfs des deutschen Fußballs ist endgültig vorbei - hinterrücks gerissen vom eigenen Rudel, das sich nur allzu gern im Schafspelz präsentiert.

    Gefährliches Pulverfass vor der EM 2012

    Ist es beim 35-jährigen Ballack noch mit dem Alter zu erklären, warum seine Zeit in der Nationalmannschaft abgelaufen ist, wird ein Lukas Podolski mit 91 Länderspielen nicht so einfach seinen Platz im linken Mittelfeld für André Schürrle räumen. Ähnlich wird sich Sami Khedira fühlen, dem es nach seinen anhaltenden Verletzungsproblemen erst einmal wieder gelingen muss, den von Jogi Löw hoch gelobten Toni Kroos auf der Defensivposition zu verdrängen.

    Sollte sich dann noch Marcel Schmelzer auf der Linksverteidigerposition anschicken, überragende Spiele in der Champions League abzuliefern, während Philipp Lahm damit beschäftigt ist, mit feiner Feder seine Biografie zu signieren, könnte selbst für den Bayern-Kapitän die Luft schnell dünn werden.

    Xavi - der unangefochtene Leader

    Genau dann zeigt sich nämlich, was die so oft propagierte und hinreichend proklamierte flache Hierarchie in der deutschen Nationalmannschaft wert ist. Dann zeigt sich, ob es Jogi Löw tatsächlich gelungen ist, in seinem Masterplan ein Team zu formen, das sich trotz aller sportlicher Konkurrenz nicht gegenseitig zerfleischt. Denn der Trick bei Spanien ist, dass es trotz allem Gerede von der flachen Hierarchie einen eindeutigen Chef auf dem Platz gibt: Xavi Hernández i Creus ist der unangefochtene Leitwolf der spanischen Nationalmannschaft, er ist das Superhirn hinter dem Europa- und dem Weltmeistertitel, er ist der Leader der besten Mannschaft der Welt und obendrein das Idol des stolzen Kataloniens. Mesut Özil ist zwar schon der lebende Beweis für funktionierende Integration. Ob er bereits in seinen jungen Jahren für Deutschland einen Europameister-Titel designen kann, darf bezweifelt werden. Schließlich ruht die Last bei Real Madrid auf Xavi Alonso, einem Welt- und Europameister aus Spanien.

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