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EM 2016: Jonas Hector - der stille Star

EM 2016

Jonas Hector - der stille Star

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    Jonas Hector ist beim DFB-Team auf der Linksverteidiger-Position gesetzt.
    Jonas Hector ist beim DFB-Team auf der Linksverteidiger-Position gesetzt. Foto: Peter Kneffel (dpa)

    Da stand er nun. Hände in den Hosentaschen. Unsicherer Blick. Von der anderen Seite der hüfthohen Gitter im Keller des neuen Stadions ragte ihm ein Dickicht aus Armen mit Aufnahmegeräten ins Gesicht. Jonas Hector ist die Aufmerksamkeit der Journalisten, so scheint es, fast peinlich. Der 26-Jährige vom 1. FC Köln stand einfach nur da, und wenn er sich tatsächlich gefreut hat, so hat er es sehr gut verborgen. „Was soll ich jetzt machen?“, fragte er in die Runde.

    Wenn der gockelhafte Cristiano Ronaldo im Universum des Profifußballs die Sonne ist, dann ist Jonas Hector so etwas wie ein Zwergplanet. Einer, der nicht gerne im Rampenlicht steht und der in der Stunde seines bislang größten Erfolges Sätze sagt wie diesen: „Man sollte die anderen Spieler auch nicht einfach so hinten runterfallen lassen.“ Er habe vielleicht den letzten Elfer verwandelt, „aber ohne den Manu wäre es dazu nicht gekommen und ohne diejenigen, die auch getroffen haben, ebenfalls nicht.“

    Und doch ist der Aufstieg des Jonas Hector vom Dorfkicker zum Nationalspieler eine fast märchenhafte Geschichte. Erst vor vier Jahren gelang ihm als damals 22-Jähriger unter Trainer Holger Stanislawski der Sprung in den Profikader des 1. FC Köln, für den er davor zwei Spielzeiten bei den Amateuren gekickt hatte. Entwachsen ist er keinem der vielen Jugendfußballinternate, sondern seinem Heimatverein aus Auersmacher, einem 2500-Einwohner-Dorf im Saarland, direkt an der französischen Grenze.

    Hier fing Hector das kicken an, hier läutete der Pfarrer die Kirchenglocken, als der bekannteste Sohn des Dorfes den entscheidenden Elfmeter verwandelt hatte. Seine Jugend, seine Kumpels, Hector möchte dieses behutsame Reinwachsen in den Profizirkus nicht missen: „Ich habe als Teenager Fußball gespielt, weil es mir Spaß gemacht hat.“

    Jonas Hector ist in der Nach-WM-Ära der Fixstern in der Mannschaft von Joachim Löw. Als einziger Spieler stand der Linksverteidiger seit dem 25. März 2015 in sämtlichen 18 Spielen in der Anfangsformation.

    Gegen Italien: Hector verwandelt entscheidenden Elfmeter

    Im Elfermeterschießen war „Schlaubi“, wie er wegen seiner Brille in Anlehnung an einen der Schlümpfe genannt wird, gar nicht vorgesehen. Doch Schuss um Schuss ging ins Land, ohne dass eine Entscheidung gefallen wäre.

    Und plötzlich war Jonas Hector an der Reihe: „Ich hatte nicht unbedingt damit gerechnet, noch dranzukommen“, sagte er. „Aber man kann sich das nicht immer aussuchen. Und wenn es so kommt, muss man das Herz in die Hand nehmen und antreten.“ Also nahm Jonas Hector, der in den 90 Minuten schon das 1:0 durch Özil schön vorbereitet hatte, sein Herz in beide Hände und schoss den Ball unter Buffon hindurch ins Netz.

    Außer in der Jugend beim SV Auersmacher hatte Hector noch nie einen Elfmeter geschossen. Nun schrieb er mit seinem ersten gleich ein kleines Kapitel deutscher Fußballgeschichte. „Es fühlt sich gut an“, sagte der Held wider Willen. „Im ersten Moment dachte ich, er hat ihn, dann war er doch drin – und dann ist einfach nur Freude.“

    Bislang konnte Jonas Hector sein Leben als Fußballprofi im Stillen führen und nebenbei BWL studieren. Diese Nacht von Bordeaux könnte zu einem Wendepunkt werden. Soll man es ihm wünschen? „Ich bin“, sagt Hector, „mit meinem Leben bislang wirklich sehr zufrieden“.

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