Die Favoritenrolle für die Vierschanzentournee nimmt Richard Freitag jetzt auch mit unter den Weihnachtsbaum. Doch der Gelb-Träger lässt sich knapp zwei Wochen vor dem ersten Saisonhöhepunkt der Skispringer nicht verrückt machen.
Er freut sich lieber über drei Siege in diesem Winter und die Leichtigkeit des Seins von einem, der derzeit der Konkurrenz die entscheidenden Meter voraus zu sein scheint. "Es gibt natürlich ein schönes Gefühl, wenn du am 24. zufrieden in den Weihnachtsbraten beißen kannst. Ich lasse es auf mich zukommen", sagt Freitag mit Blick auf die Tournee, die am 30. Dezember in seinem neuen Trainingsort Oberstdorf beginnt.
In der Idylle von Engelberg hatte der 26-Jährige einmal mehr allen Widrigkeiten getrotzt. Weder das Schneegestöber vom Samstag noch der auffrischende Wind bei eigentlich perfekten Skisprung-Bedingungen stoppten Freitag, der die Plätze eins und zwei holte und seine Führung im Gesamtweltcup auf respektable 151 Punkte ausbaute. "Es war ein schöner Tag. Ich konnte es genießen", sagte Freitag, nachdem er der Konkurrenz am Fuße des eingeschneiten Titlis-Berges rund sechs Meter abnahm und damit ein echtes Ausrufezeichen setzte.
Freitags Rezept scheint einfach. Nach dem Umzug nach Oberstdorf und vielen, vielen Rückschlägen scheint er seine Stabilität und sein Selbstvertrauen gefunden zu haben. Einen richtig missglückten Sprung im Wettkampf hatte er in diesem Winter noch nicht. "Seine sieben Sachen beieinander haben und weiter üben", beschreibt der Sachse sein Erfolgsrezept. Bundestrainer Werner Schuster lobt seinen derzeit besten Schützling: "Dass er so stabil springt, ist eine Riesenfreude."
Für den Österreicher Schuster ist es schon der zehnte Winter mit den DSV-Adlern, in einer solch komfortablen Situation wie dieses Jahr ist er noch nie zur Tournee angereist. "Das ist toll für uns, dass wir mit drei Top-Leuten reingehen können", sagte Schuster und meinte damit auch Andreas Wellinger und Markus Eisenbichler, die in Engelberg ebenso in die Top-Platzierungen sprangen, derzeit aber sowohl bei der Konstanz als auch in der Spitze hinter Freitag liegen.
Der Bayer Wellinger war bereits im vorigen Jahr auf Erfolgskurs und hatte Podestplätze eingesammt. Zum Start in den Olympia-Winter zeigte sich der 22-Jährige trotz Knieproblemen im Sommer schnell wieder auf dem alten Level. "Der Druck, den man sich selbst macht, kann dich deutlich mehr hindern, als der Druck von außen", sagt Wellinger, der einen lockeren und gelösten Eindruck macht. Als derzeitiger Weltcup-Zweiter gehört er bei der Tournee ebenfalls zu den Siegkandidaten, wird aber nicht so im Rampenlicht stehen wie sein Teamkollege Freitag.
Vier Siege in sieben Einzelwettkämpfen haben die Deutschen in diesem Winter bislang verbucht. Mit Karl Geiger und Stephan Leyhe stehen hinter Freitag, Wellinger und Eisenbichler zwei weitere Top-15-Springer bereit. "Es ist schön, dass es für das gesamte Team gut läuft. Wir können es gemeinsam genießen", sagte Freitag. "Ich bin optimistisch für die Vierschanzentournee, unser Teamspirit hilft uns." Doch bevor es in Oberstdorf losgeht, kann der Mann in Gelb noch sein Festmahl an Weihnachten genießen.
Informationen zum Weltcup in Engelberg