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Doping: Nationalkader der Reiter aufgelöst

Doping

Nationalkader der Reiter aufgelöst

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    Lob für Konsequenz der Reiter - Machtkampf in FEI
    Lob für Konsequenz der Reiter - Machtkampf in FEI Foto: DPA

    Warendorf (dpa) - Mit einer historisch einmaligen Aktion hat die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) die Notbremse gezogen und die Nationalmannschafts-Kader mit sofortiger Wirkung aufgelöst.

    Der Verband reagierte mit nie gekannter Härte auf den Dopingfall Christian Ahlmann, weitere Manipulationsvorwürfe und das Geständnis von Ludger Beerbaum über den Umgang mit Medikamenten. Neben der vorläufigen Streichung der Kader für die Spring-, Dressur- und Vielseitigkeitsreiter wurde der viermalige Olympiasieger Beerbaum bis auf weiteres für die Nationalmannschaft gesperrt. Eine unabhängige Kommission soll nun Klärung bringen.

    "Wir mussten ja was machen, dass die aufwachen", erklärte FN-Präsident Breido Graf zu Rantzau das ungewöhnliche Vorgehen. Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), sagte: "Ich begrüße diesen Schritt. Das ist ein radikaler Schnitt, mit dem die Reiterliche Vereinigung umfassende Aufklärung mit Hilfe unabhängiger Fachleute durchführen will."

    Beerbaum reagierte gelassen. "Ich muss das akzeptieren", sagte der erfolgreichste Springreiter der vergangenen 20 Jahre der dpa. "Mir ist daran gelegen, dass dadurch rauskommt, dass wir klare und für alle verständliche Regeln haben." Beerbaum fühlt sich unter anderem durch die nur im Pferdesport übliche Unterscheidung von Doping und im Wettkampf verbotener Medikation verunsichert. Er darf weiter als Einzelreiter bei Turnieren starten, aber nicht mit dem deutschen Team bei Nationenpreisen.

    Auch unter den Springreitern fanden die Maßnahmen durchaus Zustimmung. Der suspendierte Beerbaum reagierte gelassen. "Ich muss das akzeptieren", sagte der erfolgreichste Springreiter der vergangenen 20 Jahre der dpa. "Mir ist daran gelegen, dass dadurch rauskommt, dass wir klare und für alle verständliche Regeln haben." Beerbaum, der weiter als Einzelreiter bei Turnieren starten darf, aber nicht mit dem deutschen Team bei Nationenpreisen, fühlt sich unter anderem durch die nur im Pferdesport übliche Unterscheidung von Doping und im Wettkampf verbotener Medikation verunsichert.

    Nach den Regularien dürfen Pferde bei Krankheiten oder Verletzungen medizinisch behandelt werden, viele Mittel allerdings während eines Wettkampfes nicht mehr im Körper sein. Einige Substanzen können nach Beantragung auch zugelassen werden. Darüber hinaus gibt aber auch es eine Liste mit reinen Dopingmitteln, deren Auffinden zu längeren Sperren führt. Bei verbotener Medikation im Wettkampf sind die Strafen deutlich geringer.

    Seine Schwägerin und Weltranglisten-Erste Meredith Michaels-Beerbaum meinte: "Es musste ein Schnitt gemacht werden. Es ist positiv, wenn es nach vorne geht. So konnte es nicht weitergehen." Bundestrainer Otto Becker unterstützte ebenfalls die Beschlüsse. "Ich finde es grundsätzlich gut, denn das macht den Weg frei für einen Neuanfang", sagte Becker, der nach Olympia die Nationalmannschaft übernommen hatte. "Wir brauchen eine Bestandsaufnahme."

    Auf Unverständnis stießen die Beschlüsse dagegen bei der stellvertretenden Aktivensprecherin. "Ich bin sprachlos, mit einer solchen Entscheidung hatte ich nicht gerechnet", sagte Dressurreiterin Heike Kemmer aus Winsen/Aller dem "Hamburger Abendblatt". "Im Namen aller Reiter habe ich zum Ausdruck gebracht, dass wir mit der Entscheidung nicht einverstanden sind", sagte Kemmer, die bei der vierstündigen Sitzung in Warendorf den verhinderten Aktivensprecher Hinrich Romeike vertrat.

    Die selber durch die Vorgänge bei den Olympischen Spielen belastete FN übergibt die Aufklärung nun an eine unabhängige DOSB- Kommission. Das dreiköpfige Gremium unter Leitung des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Udo Steiner soll alle Vorgänge überprüfen, Empfehlungen geben, wie mit der Manipulations- und Dopingproblematik im Pferdesport umzugehen ist sowie Sanktionen für Funktionäre und Reiter vorschlagen. Im Juli werden erste Ergebnisse erwartet. Man gehe aber davon aus, dass die Kommission für ihren Abschlussbericht noch deutlich länger benötigen werde.

    Bisher wirkte das Vorgehen der FN nur halbherzig, nun greift sie umso härter durch. Auslöser scheint die Drohung der öffentlich- rechtlichen Sender zu sein, Pferdesport nicht mehr zu übertragen. ARD und ZDF haben die anstehenden Verhandlungen über die Verlängerung des TV-Vertrages aufgrund der aktuellen Enthüllungen auf Eis gelegt. "Wir warten, wie die FN mit diesen Dingen umgeht", hatte ARD- Sportkoordinator Axel Balkausky gesagt: "Es ist eindeutig, dass wir gerne Aufklärung hätten." FN-Chef zu Rantzau erklärte dazu: "Wir haben auch das umgesetzt, was von außen gefordert worden ist."

    Durch die Maßnahmen hofft der Verbandspräsident dem Reitsport wieder mehr Glaubwürdigkeit zurückzugeben: "Bevor ein Reiter wieder in den Kader aufgenommen werden kann, muss er sich der Sonderkommission stellen und sich zu seiner Einstellung sowie seinem Verhalten als Spitzenreiter äußern." Erst nach einer entsprechenden Auskunft gegenüber der Sonderkommission kann diese den Reiter wieder für eine Kadermitgliedschaft vorschlagen, erklärte die FN.

    Trotz der Auflösung der Kader kann Deutschland Teams zu Nationenpreisen senden. Doch zu den diesjährigen EM-Turnieren im Springen und in der Dressur im August in Großbritannien und in der Vielseitigkeit im September in Frankreich können nur Reiter mitfahren, die nach der Untersuchung vor der Kommission wieder in den Kader berufen werden.

    Am härtesten trifft es zunächst den viermaligen Olympiasieger Beerbaum. Er hatte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt: "Im Laufe der Jahre habe ich mich darin eingerichtet, auszuschöpfen, was geht." Und: "In der Vergangenheit hatte ich die Haltung: Erlaubt ist, was nicht gefunden wird." Damit hatte Beerbaum das Fass zum Überlaufen gebracht.

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