Die Bundesliga steht wegen des Coronavirus bis mindestens Anfang April still. 18 Vereine haben weiterhin Ausgaben, aber die Einnahmen brechen zu einem Großteil in Form von ausbleibenden Ticketverkäufen und fehlenden TV-Geldern weg. Wie existenziell ist die Krise? Und welche Klubs zittern derzeit besonders?
Mit 37 Prozent, etwa 1,5 Milliarden Euro jährlich, macht die mediale Vermarktung den größten Anteil an den Einnahmen aus – er wackelt aktuell. Rund 500 Millionen Euro erzielen die Klubs an Spieltagserlösen, weitere 800 Millionen durch Werbung. Insgesamt ist die finanzielle Lage der Bundesligisten solide. Der weit überwiegende Teil der Vereine erwirtschaftet Gewinne. Dennoch dürften einige nicht in der Lage sein, die derzeitigen Einschnitte dauerhaft zu verkraften.
FC Bayern hat trotz Corona keine finanziellen Sorgen
Nicht bedroht: Keine Sorgen muss sich der FC Bayern München machen. In der vergangenen Spielzeit standen beim Rekordmeister über 50 Millionen Euro Gewinn nach Steuern zu Buche, der Umsatz betrug 750 Millionen Euro. Der Verein besitzt gleichzeitig allerdings auch den wertvollsten Kader und gibt allein für Gehälter jährlich an die 200 Millionen Euro aus.
Rechenbeispiel: Zahlt der Verein den Spielern zwei Monate lang ihr Gehalt, kostet das maximal 40 Millionen Euro. In Champions League, Bundesliga und DFB-Pokal könnten höchstens sechs Heimpartien ausfallen. Dies entspricht geschätzt Einbußen von 20 Millionen Euro. Dazu fehlen Millionen an TV-Geldern. Laut Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge steht eine Zahlung im dreistelligen Millionenbereich aus und noch zur Debatte. Zieht man dem FC Bayern München für diese Saison von seinen erwarteten 70 Millionen an Einnahmen 25 Millionen hypothetisch ab, landet man bei einem Gesamtschaden für den Tabellenführer von 85 Millionen Euro. Angesichts eines Eigenkapitals von etwa 500 Millionen Euro allerdings könnte der Klub die derzeitige Situation lange stemmen.
Dortmund, Schalke, Gladbach, Frankfurt, Leverkusen, Leipzig, Wolfsburg, Hoffenheim, Mainz und Hertha fuhren zuletzt deutliche Gewinne ein und/oder haben finanzkräftige Investoren in der Hinterhand. Sie gelten als mehr oder weniger sorgenfrei.
Der FC Augsburg ist stark abhängig von TV-Geldern
Eher nicht bedroht: Bei mittleren und kleineren Vereinen sind die anfallenden beziehungsweise wegbrechenden Beträge wegen geringerer Gehälter und TV-Gelder zwar nicht so hoch. Das gilt bei manchen in noch stärkerem Maße aber auch für die finanziellen Möglichkeiten. Augsburg und Freiburg sind recht stabil, aber dennoch Sonderfälle.
So erwirtschaftete der FCA in der abgelaufenen Saison einen Überschuss von 9,6 Millionen Euro. Ein gewisses Finanzpolster ist also vorhanden, wie auch eine Kapitalrücklage von 1,5 Millionen Euro. Und auch das Eigenkapital ist beruhigend. Das betrug zum Beispiel zum 30. Juni 2018 fast 44 Millionen Euro. Der FCA gehört also zu den gesunden Klubs der Liga. Doch so eine Herausforderung wie in diesen Tagen gab es in der Geschichte der Bundesliga noch nie.
Beim FCA ist die Abhängigkeit von den TV-Einnahmen überdurchschnittlich hoch. In der Bilanz 2018/19 waren es bei einem Gesamtetat von fast 95 Millionen Euro fast 59 Millionen Euro, was einen Anteil von 62 Prozent ausmacht. Im Liga-Schnitt sind es 37 Prozent. Allerdings hat der FCA in den letzten Jahren im Gegensatz zu einigen anderen Klubs in der Liga immer Gewinne eingefahren.
Michael Ströll als Geschäftsführer Finanzen sagte am vergangenen Donnerstag: "Wir haben in den letzten Jahren vernünftig gewirtschaftet mit einer gewissen Sorgfalt. Es muss sich keiner Sorgen um den FC Augsburg machen.“ Zu diesem Zeitpunkt standen die Spielabsagen bis April in der Bundesliga noch nicht fest.
Diese Bundesliga-Vereine sind durch Corona in Existenz bedroht
Bedroht: Wegen ihres generell kleinen Finanzrahmens oder aufgrund anhaltender finanzieller Engpässe könnte die Corona-Krise Köln, Bremen, Düsseldorf, Union Berlin und Paderborn am härtesten treffen. Paderborn und Union weisen die niedrigsten Umsätze und keinen oder kaum Gewinn auf. Düsseldorfs Vorstandschef Thomas Röttgemann sagte der Bild, der Klub komme mit den wegfallenden Spieltagseinnahmen eine Weile zurecht. Ausbleibendes TV-Geld dagegen wäre bitter.
Doch wie lassen sich Pleiten abwenden? Der Arbeitsrechtler Johan-Michael Menke hält angesichts der Coronakrise auch im deutschen Fußball Kurzarbeit für möglich. Alternativen könnten Gehaltsstundungen oder der freiwillige Verzicht von Profis auf ihr Einkommen sein.
Eine weitere Option: Die Bundesligisten zeigen sich untereinander solidarisch. Das forderte Ex-Bayern-Präsident Uli Hoeneß bereits am Wochenende im „Doppelpass“ auf Sport1. Er meinte: „Die Großen müssen den Kleinen helfen.“ DFL-Geschäftsführer Christian Seifert machte sich am Montag für Geisterspiele stark. So erhielten die Vereine zumindest verlässlich TV-Einnahmen und könnten dadurch ihre Zukunft sichern – anders als bei Spielabsagen.
Schmadtke gegen Staatshilfen für Bundesligisten
Wolfsburgs Manager Jörg Schmadtke, der die Lage durch das Coronavirus als „für so manchen Verein existenzbedrohend“ einstuft, hält staatliche Hilfen trotz aller Finanzsorgen für den falschen Weg: „Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich die Vereine darum bitten, diesen Aspekt nicht aufzugreifen. Das würde nämlich zu null Verständnis führen und einen Imageschaden mit sich bringen, der aus meiner Sicht nicht mehr reparabel erscheint“, sagte er.
Über alle neuen Erkenntnisse rund um das Corona-Virus informieren wir Sie in unserem Live-Blog.
Lesen Sie dazu auch:
- FC Augsburg fährt "Geschäftsbetrieb" auf Minimum herunter
- Fußball-Stopp! So hektisch lief der Tag beim FC Augsburg
- Drei Wochen Spielpause: Was machen die Bundesliga-Clubs?
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.