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Coronavirus: Sportpsychologin zu Corona: "Es gibt keinen Maulkorb für Sportler"

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Sportpsychologin zu Corona: "Es gibt keinen Maulkorb für Sportler"

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    Zahlreiche Sportveranstaltungen finden wegen des Coronavirus mindestens bis Ostern ohne Zuschauer statt.
    Zahlreiche Sportveranstaltungen finden wegen des Coronavirus mindestens bis Ostern ohne Zuschauer statt. Foto: Jens Ressing, dpa (Archivfoto)

    Wie sollten sich Sportler aktuell auf ihre Wettkämpfe vorbereiten, wenn sie gar nicht wissen, ob und in welchem Rahmen diese wegen des grassierenden Coronavirus stattfinden?

    Dr. Rita Regös: Sie sollten sich zwar damit beschäftigen, dass sie sich womöglich kurzfristig anpassen müssen, andererseits jedoch fokussiert bleiben. Bei Änderungen ist eine schnelle und passende Reaktion erforderlich. Es sollten aber jetzt auch entsprechende Vorgaben von den Trainern kommen.

    Fokus der Sportler darf wegen Coronavirus nicht verloren gehen

    Was ist denn das größte Problem an der derzeitigen Situation?

    Regös: Die Frage ist weniger der Zeitfaktor, sondern eher, ob ein Wettbewerb aktuell überhaupt stattfindet. Dabei kommt es darauf an, erst dann zu reagieren, wenn sich wirklich etwas ändert.

    Kann die Trainingsleistung leiden, weil sich Sportler gedanklich mit anderen Dingen beschäftigen?

    Regös: Die Leistung leidet, wenn der Fokus verloren geht. Ich arbeite viel mit Athleten, die derzeit für die Olympischen Spiele in Tokio trainieren. Ich sehe deren Umgang mit der Lage aber sehr positiv.

    Woran machen Sie das fest?

    Regös: Die Gedanken über mögliche Verschiebungen oder Absagen, zum Beispiel auch bei den Vorbereitungswettkämpfen, sind Thema. Sie nehmen aber keinen Platz im Training ein. Es ist genau der richtige Weg, Schritt für Schritt weiterzumachen.

    Dr. Rita Regoes arbeitet als Psychologin seit Jahren mit Athleten, Betreuern und Teams aus dem Spitzensport zusammen.
    Dr. Rita Regoes arbeitet als Psychologin seit Jahren mit Athleten, Betreuern und Teams aus dem Spitzensport zusammen. Foto: Regös

    Geisterspiele wegen Corona: "Fans teilen Freude und Leid mit Sportlern"

    Dennoch ist das Szenario, vor leeren Rängen anzutreten, für viele Sportler nun Wirklichkeit, unter anderem für Profis aus der Fußball-Bundesliga. Was verändert sich dadurch im Spiel beziehungsweise Wettkampf?

    Regös: Das Publikum hat den Effekt, dass man Freude und Leid mit ihm teilt. Das ist ein erhabenes Gefühl für einen Sportler. Festzuhalten ist aber ehrlicherweise auch: Wir haben aus der Vergangenheit kaum Erfahrungen damit, wie es ist, auf diesem Top-Niveau ohne Zuschauer zu agieren. Deshalb ist es so schwierig zu sagen, wie sich das genau auswirkt.

    Denken Sie, dass die Leistungsfähigkeit der Sportler beeinträchtigt wird?

    Regös: Die Sportler wollen grundsätzlich ihre Bestleistung abrufen. Und ich gehe davon aus, dass sie das auch können.

    Wie kann das gelingen? Braucht es in den kommenden Wochen eventuell zusätzliche Rituale vor dem Wettkampfbeginn, um das gewohnte Spannungslevel zu erreichen?

    Regös: Nein. Der Ablauf sollte auf die eigene Leistung ausgerichtet sein. Alles andere sollten die Sportler ausblenden, so gut es geht.

    Umgang mit Corona ist zwischen Sportlern sehr unterschiedlich

    Wie unterschiedlich reagieren Athleten auf Unwägbarkeiten?

    Regös: Das ist wirklich eine Frage der Persönlichkeit. Manche haben sicherlich öfter diese Gedanken. Andere bleiben total zielstrebig.

    Stehen Sie in diesen Tagen mit Sportlern diesbezüglich in Kontakt?

    Regös: Ja, mit mehreren, die sich für Olympia fit machen. Wir sind in der sensiblen Vorbereitungsphase. In erster Linie arbeiten wir intensiv im Betreuerstab, um alles durchzuspielen und adäquat reagieren zu können.

    Sportler sollen Corona nicht zwanghaft ignorieren

    Wie gehen Sie als Sportpsychologin damit um, wenn sich einer Ihrer Schützlinge schwer tut, die potenziellen Beeinträchtigungen durch den Coronavirus auszublenden? Tauschen Sie sich darüber aus?

    Regös: Es gibt keinen Maulkorb. Falls es unweigerlich ein Thema ist, sollte man darüber reden, aber das sollte verhältnismäßig passieren. Beispielsweise würde ich in einem solchen Fall Szenarien durchspielen und versuchen, die Gedanken zu rationalisieren und die Aufmerksamkeit des Sportlers gezielt auf das Wesentliche zu lenken. In dem Zusammenhang ist eine Grundregel allerdings zentral.

    Welche ist das?

    Regös: Dass es keine Generalmaßnahme dafür gibt, wie ich mit Athleten arbeite. Das gilt insbesondere für den Spitzensport. Da arbeite ich gemeinsam mit dem Sportler und sehr individuell.

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