Ein lauer Sommerabend in London. Tausende Fans strömen voller Vorfreude in das imposante Wembley-Stadion. Bald wird das EM-Finale angepfiffen.
Die Hygiene- und Testkonzepte greifen einwandfrei - so stellen sich die Organisatoren der Europäischen Fußball-Union den Verlauf des 11. Juli vor. Aus deutscher Sicht wirkt das inmitten der dritten Corona-Welle befremdlich, doch in England sind die Vorbereitungen schon viel weiter. Der Deutsche Fußball-Bund registriert das hinsichtlich des Spielortes München mit Sorge.
In anderen Ländern sei "offenkundig insbesondere das Impf-Tempo" schneller und "die Entwicklung sowie Umsetzung von Spielkonzepten mit Zuschauern sehr viel weiter fortgeschritten", sagte DFB-Vizepräsident Rainer Koch der Deutschen Presse-Agentur. Um nicht weiter ins Hintertreffen zu geraten, appelliert der 62-Jährige "an die Verantwortlichen in der Stadt München und der Bayerischen Staatsregierung, alle Anstrengungen zu unternehmen, um tragfähige Konzepte für zumindest eine Teilzulassung von Zuschauern auch bei den Spielen in München zu ermöglichen." So wie in London.
Noch im April sollen in Wembley zwei Testevents mit 4000 Fans beim Pokalhalbfinale und 8000 Zuschauern beim Ligapokalfinale stattfinden. Das Endspiel des FA Cups am 15. Mai - knapp einen Monat vor EM-Beginn - sollen 21 000 Fans verfolgen. "Das ist ein wichtiger erster Schritt, um die Fans zurückzubringen - mit dem Ziel der vollen Stadien", sagte FA-Geschäftsführer Mark Bullingham. Dieses werde "hoffentlich" schon zum Ende der Europameisterschaft erreicht. Insgesamt passen 90 000 Zuschauer in den Londoner Fußballtempel.
Bis zu diesem Mittwoch müssen die zwölf EM-Gastgeberstädte bei der UEFA ihre Szenarien für die Durchführung der Partien einreichen. Ursprünglich gab der Verband vier mögliche Modelle vor - vom Geisterspiel bis zur Vollauslastung. UEFA-Präsident Aleksander Ceferin hatte aber zuletzt für Aufregung mit der Aussage gesorgt, dass nur jene Spielorte dabei bleiben, die eine Zulassung von Zuschauern garantieren könnten.
"Ich unterstütze die Haltung der UEFA, die Spiele der Europameisterschaft im Grundsatz vor Zuschauern austragen zu wollen", sagte Koch. "Natürlich ist die Pandemie-Lage in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich und es sind die Entscheidungen der jeweiligen Regierungen zu respektieren."
Im Stadion von Rekordmeister FC Bayern sollen die drei Gruppenspiele der deutschen Nationalmannschaft gegen Weltmeister Frankreich (15. Juni), Europameister Portugal (19. Juni) und Co-Gastgeber Ungarn (23. Juni) sowie ein Viertelfinale (2. Juli) ausgerichtet werden.
Die Münchner Organisatoren hatten wohl auch angesichts der aktuell angespannten Corona-Lage in Deutschland vehement vermieden, öffentliche Zusagen für Spiele vor Fans zu machen - im Gegensatz zu weiteren Ausrichtern. Bekannt sind die Pläne der dänischen Hauptstadt Kopenhagen, der rumänischen Hauptstadt Bukarest und der russischen Metropole St. Petersburg für Spiele zumindest vor einigen Fans.
"Die Fußball-Europameisterschaft ist ein einzigartiges und historisches Ereignis in Dänemark", sagte Kulturministerin Joy Mogensen. Die ungarische Hauptstadt Budapest gilt wegen der Durchführung zahlreicher Ausweichspiele im Europapokal als UEFA-Liebling. Wegen der Bekenntnisse aus den Ländern scheint die Komplett-Verlegung des Turniers in nur ein Land, beispielsweise England, derzeit unwahrscheinlich.
Kein Gastgeber würde "automatisch" gestrichen, sollte nur das Szenario mit Spielen ohne Fans eingereicht werden, hatte die UEFA nach den Ceferin-Aussagen diplomatisch mitgeteilt. Allerdings wurde dies mit dem Zusatz versehen, dass dann überlegt werden müsse, ob die Partien nicht besser an einen anderen Ort verlegt werden sollten. Der britische Premier Boris Johnson hatte sich schon öffentlich bereit erklärt, noch mehr Spiele in England auszurichten. In Wembley finden bislang insgesamt sieben Partien statt. "Im Verlauf des Aprils" wird der UEFA zufolge eine Entscheidung getroffen, am 20. April tagt der UEFA-Kongress.
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EM 2021 beim Deutschen Fußball-Bund