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Corona-Krise: Augsburger Sportvereine bangen um ihre Existenz

Corona-Krise

Augsburger Sportvereine bangen um ihre Existenz

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    Leere Trainingsräume wie hier der Fitnessbereich des Post SV Augsburg sind seit Wochen die Realität in den Sportvereinen.
    Leere Trainingsräume wie hier der Fitnessbereich des Post SV Augsburg sind seit Wochen die Realität in den Sportvereinen. Foto: Siegfried Kerpf

    Die Appelle der Augsburger Sportvereine an die Solidarität ihrer Mitglieder klingen alle in etwa so wie der auf der Homepage des Turnvereins Augsburg: „Die Stilllegung des Sportbetriebs bringt auch unseren Verein wirtschaftlich an seine Grenzen, bedroht möglicherweise seine Existenz. Wir bitten Sie daher: Bleiben Sie dem TVA treu und kündigen Sie Ihre Mitgliedschaft nicht, damit unser Verein überleben kann und wir in Zukunft wieder gemeinsam Sport treiben können.“ Wie dem TVA geht es den meisten der rund 200 Sportvereine in der Stadt Augsburg. Solche Aufrufe sind für sie derzeit die einzige Möglichkeit, an ihren Existenzkampf zu erinnern. Denn sollten alle Mitglieder für die Ausfallzeiten ihr Geld zurückverlangen oder kündigen, würde das die Vereine, die meist finanziell nicht auf Rosen gebettet sind, in ihren Grundfesten erschüttern.

    Am Anfang der Corona-Maßnahmen war die Solidarität mit Sportvereinen groß

    „Am Anfang war die Solidarität groß und die Mitglieder haben Verständnis gezeigt“, berichtet Doris Panacek, Geschäftsführerin des Turnvereins Augsburg, „doch als die Zeiten der Sperre länger und länger wurden, war das Verständnis nicht mehr allzu groß.“ Mittlerweile haben schon etwa 150 der bisher 5050 Mitglieder ihre halbjährliche Option zur Kündigung gezogen, schätzt sie. „Dabei haben wir ganz viel auch das persönliche Gespräch gesucht, um zu zeigen, dass wir die Mitglieder brauchen.“ Zumal der TVA zahlreiche Festangestellte hat, die nun in Kurzarbeit sind. „Bei unseren Erklärungen sind die Leute immer ganz überrascht, was da für ein Personal-Apparat dahintersteckt.“ Weil dem Verein auch sämtliche Einnahmen aus Veranstaltungen oder dem Studiobetrieb wegbrechen, werde es „immer schlimmer. Zumal wir derzeit ja auch keine Perspektive haben, wann wir wieder aufschließen dürfen“, sagt Panacek.

    Keine Perspektive von der Politik

    Auch beim Post SV Augsburg, der sein neues Fitness- und Gesundheitszentrum im Pferseer Sheridanpark vor knapp eineinhalb Jahren eröffnet hat, herrscht seit Wochen Stillstand. Ganz unterschiedlich seien die Reaktionen der Mitglieder, berichtet Vorsitzender Heinz Krötz: „Auf der einen Seite haben wir ganz viele loyale Mitglieder, auf der anderen Seite aber auch Leute, die den Anlass als gelungenes Sprungbrett sehen, um sich aus dem Vereinsleben zu verabschieden.“

    Schnell habe man nach der Schließung den Kontakt mit den Mitgliedern gesucht und auch Lösungen gefunden, wie etwa die „Ruhephase für den Fitnessbereich“, eine zeitlich begrenzte Stilllegung. „Dadurch sind wir bisher relativ gut über die Runden gekommen, denn etwa 40 bis 45 Prozent der Mitglieder haben das angenommen.“ Frustriert hat allerdings auch Krötz, dass die bayerische Politik den Sportvereinen bisher keinerlei Öffnungsperspektiven in Aussicht gestellt hat. Gerade der moderne PSV-Vereinsbau biete viele Möglichkeiten, Hygienekonzepte umzusetzen. Die Kosten für den Bauunterhalt würden ja weiterlaufen. „Selbst für da leer stehende Gebäude zahle ich im Monat 3000 Euro Stromkosten“, nennt er ein Beispiel.

    Keinen Handlungsspielraum sieht man auch bei der TG Viktoria Augsburg. Selbst wenn sich der Verein in einem Schreiben an seine Mitglieder schon fast entschuldigt, die quartalsmäßig anfallenden Beiträge einzuziehen. Obwohl man bereits Ausgaben reduziert habe, seien weiter „Gehälter zu zahlen und Darlehen zu bedienen.“ Als gemeinnütziger Verein könne man generell keine größeren Rücklagen aufbauen.

    Kontaktfreies Training mit dem Sandsack während der Corona-Krise

    Im Boxclub Haan haben viele Leistungs- wie Breitensportler dem Verein noch ihre Treue signalisiert. „Ich bin meinen Mitgliedern ziemlich dankbar, auch wenn die Situation eigentlich unerträglich ist. Bisher konnten wir das noch abdecken“, sagt Sergej Haan. Wenn die Sperre seines Boxclubs noch länger anhält, hofft er, dass er mit seinen Mitgliedern eine Lösung findet, die Beitragsdauer zu verlängern und die verpasste Zeit hinten ans Trainingsabo anzuhängen. Und obwohl Boxen ein echter Kontaktsport ist, hat Haan schon Ideen für ein berührungsfreies Basic-Training. „Wenn man am Sandsack einzeln trainiert oder Trockenübungen macht, gibt es keinen Kontakt. Das würde wunderbar funktionieren und den Mitgliedern schon helfen, weil sie dann wieder etwas tun könnten.“

    Eine Reduzierung des Mitgliedsbeitrags, verbunden mit einer terminlichen Verschiebung, stellt hingegen der Schwimmverein Augsburg seinen Mitgliedern in Aussicht. „Es geht um Ermäßigungen auf den Jahresbeitrag, um eine Austrittswelle zu verhindern, weil wir unsere Schwimmkurse und unser Training momentan nicht anbieten können“, sagt SVA-Vorsitzender Taylan Toprak.

    Corona-Krise: SVA will Vereinsbeiträge später einziehen als üblich

    Eine konkrete Entscheidung habe sein Vorstandsteam noch nicht getroffen, weil noch nicht klar sei, wie sich die Möglichkeiten zu schwimmen im zweiten Halbjahr entwickeln werden. Dennoch habe man sich auf zwei Punkte geeinigt. „Wir werden nicht wie bisher Usus Ende April die Jahresbeiträge einziehen. Wir werden das erst Ende Juni machen, um den Mitgliedern nicht jetzt in dieser schwierigsten Phase das Geld aus der Tasche zu ziehen.“ Schließlich zahle eine vierköpfige Familie schon einen Jahresbeitrag von rund 230 Euro.

    Am Ende des Kalenderjahres soll dann noch einmal neu über die zweite Hälfte des Betrags entschieden werden. „Dann wissen wir, was wir unseren Mitgliedern an Leistungen noch zur Verfügung stellen konnten. Wir sind zum Glück in der Situation, derzeit keine laufenden Kosten zu haben.“ Der Verein muss nämlich gerade keine Bädermieten zahlen. „Für Wasserflächen, die wir zurzeit nicht nutzen, zahlen wir auch nicht. Jetzt spielen wir endlich einmal diese Karte aus. Bisher haben wir immer bedauert, dass wir keine eigene Halle, keine eigenen Wasserflächen, kein Vereinsheim und keine Pachtverträge haben. Aber das kommt uns jetzt in der Krise entgegen“, sagt Toprak.

    "Menschen können sich den Sportverein nicht mehr leisten"

    Anders bei der DJK Augsburg-Hochzoll, wo die Kosten für die Sportstätten ebenfalls unvermindert weiterlaufen. Gesamtvorstand Martin Doller und sein Team kämpfen um jedes der 1500 Mitglieder und sind dabei, für Problemfälle individuelle Lösungen zu finden. „Momentan ist die Lage noch überschaubar, aber auch wir merken, dass sich Menschen den Sportverein durch Kurzarbeit oder Kündigungen nicht mehr leisten können.“

    Wie in nahezu allen Vereinen arbeite man mit Hochdruck daran, das Sportangebot der DJK zumindest an die DOSB-Empfehlungen anzupassen. Doller will schließlich, dass sein Verein schnellstmöglich ein corona-kompatibles Sportangebot präsentieren kann. „Alles andere bleibt da auf der Strecke. Wir hoffen, dass wir bis Ende Mai zumindest mit den Freiluftsportarten wieder anfangen können. Dafür arbeiten wir jeden Tag hart.“

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