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Champions League: Was macht Luis Enrique?

Champions League

Was macht Luis Enrique?

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    Trainer Luis Enrique (Barcelona) genießt mit seiner Tochter den Gewinn der Champions League.
    Trainer Luis Enrique (Barcelona) genießt mit seiner Tochter den Gewinn der Champions League. Foto: Tim Groothuis (Witters)

    Es war schon nach Mitternacht, als Luis Enrique begann, den etwa 200 Journalisten im Medienzentrum des Berliner Olympiastadion seine Sicht von Barcas 3:1-Triumph im Champions-League-Finale über Italiens Meister Juventus Turin darzulegen. Man hätte deshalb vermuten können, Enrique habe sich nicht mehr aus dem katalanischen Jubelbad lösen können, wäre in der Umkleidekabine von Messi & Co. mit Champagnerströmen übergossen worden. Doch der Kerl, der da auf dem Pressepodium saß, trug noch immer ordentlich Anzug und Krawatte.

    Er sah nicht aus, als habe er in edlen Getränken gebadet. Dass seine Stimme klang, als hätte er mit Reißnägeln gegurgelt, war auch kein Hinweis auf ein Kabinengelage. Sie klingt immer so. Und jedes Mal, wenn der FC Barcelona etwas zu feiern hat, ist Enrique der erste, der sich verdrückt.

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    Der 45-jährige Asturier ist kein Mann großer Gefühlsausbrüche. "Ich ziehe es vor, still für mich zu feiern, so bin ich eben", erklärt er sich. Zu stiller Freude hatte Enrique in dieser Saison reichlich Anlass. Mehr, als die Anfangsmonate seiner ersten Amtszeit bei den Katalanen erwarten ließen. "Es war ein schweres Jahr", sagte der Barca-Trainer deshalb Samstagnacht, "ein Jahr des Übergangs".

    Kein Satz, wie man ihn erwartet, wenn einem im ersten Anlauf das Triple gelungen ist. Meisterschaft, Copa del Rey und als Krönung auch noch der Champions-League-Triumpf. Das hat vor ihm nur der in Barcelona hoch verehrte Pep Guardiola geschafft. Enrique zu verehren fällt den Katalanen aber noch schwer.

    Enrique lässt Zukunft beim FC Barcelona offen

    Der trockene Asket Enrique hat nichts vom Charme seines Freundes Guradiola. Wenn Enrique sauer ist, wird er sarkastisch. Seine schlechte Laune trifft besonders Journalisten. Sie wüssten ja, hat sich in Berlin einer von ihnen zu Wort gemeldet, dass er sie nicht leiden könne, aber heute hätten ihn die katalanischen Fans im Stadion einmal richtig gefeiert und vielleicht möge er jetzt erklären, ob es mit ihm als Trainer in Barcelona weitergehe.

    Das nämlich ist gar nicht so sicher, wie es das Triple vermuten lässt. Enriques Antwort: "Nach den Feiern kommen die Wochen in denen Entscheidungen getroffen werden müssen", was nur heißen kann: weiter mit ihm, oder weiter ohne ihn. Im Übrigen lege er Wert darauf, dass er nicht nur heute Abend gefeiert worden sei, sondern schon die gesamte Saison über und was in der Presse stehe, wäre ihm sowieso nicht wichtig.

    Es war wenig Erfreuliches, was der 45-Jährige, der selbst acht Jahre für Barcelona gespielt hat, am Ende des vergangenen Jahres hatte lesen müssen. Der Neue stand kurz vor der Entlassung. Was war passiert? Der Trainer, der das Personal gerne rotieren lässt, hatte seine beiden Top-Stars, Messi und Neymar, auf die Bank gesetzt. Vor allem Messi war derart beleidigt, dass die Klubspitze einschreiten musste, das Verhältnis mit Enrique wieder zu befrieden.

    Ein Einsatz, der am Ende ins Triple mündete. Messi war im Finale wieder einmal strahlendste Stern eines glänzenden katalanischen Ensembles, das größte Spektakel, dass der Weltfußball zu bieten hat. Dass nicht er, sondern Rakitic (4.), Suarez (68.) und Neymar (90.+5) Barcas Tore erzielten, spielte keine Rolle. Der Argentinier fädelt inzwischen genauso gerne ein, wie er selbst trifft.

    Enrique hat schon bessere Spiele seiner Mannschaft gesehen

    Die frühe Führung durch den ehemaligen Schalker Ivan Rakitic, initiert von Messi, war ein Paradebeispiel katalanischer Fußballkunst. Enrique hat das rasante Kurpass-Spiel Guardiolas um lang geschlagene, großräumige Verlagerungen erweitert, für die vor allem Messi zuständig ist. Trotzdem grantelte der Trainer hinterher ein wenig, dass es "kreativ vielleicht nicht das beste Spiel seiner Mannschaft war."

    Das hat Juve mit Leidenschaft, aber auch Körpereinsatz bis an die Grenzen des erlaubten, verhindert. "Sie haben uns das Leben schwer gemacht", räumte Andres Iniesta ein. Die Uefa hatte den Barca-Kapitän zum Man of the Match erkoren. Ein Auszeichnung mit romantischen Züge. Iniesta, zusammen mit Xavi, ein Jahrzehnt lang das beste Mittelfeldpaar der Fußball-Welt, machte nach 75 Minuten für seinen kongenialen Partner Platz. Eine Verneigung Enriques vor dem 35-jährigen Xavi, der Barca als Champions-League-Rekordspieler mit 151 Einsätzen in Richtung Katar verlässt.

    Entschieden hat das Finale aber wieder einmal Barcas phänomenales Offensiv-Trio Messi-Suarez-Neymar. Mit den beiden Treffern von Suarez und Neymar schraubte MSN seine Saisonausbeute auf sagenhafte 122 Tore. "Wir waren einfach besser", urteilte Enrique – und kein Journalist mochte ihm dieses Mal widersprechen. Eineinhalb Stunden zuvor hatte Gerard Pique die katalanische Flagge auf den Anstoßpunkt gepflanzt. Barcas eleganter Innenverteidiger hat sich im Zuge der zahlreichen Feiern des Klubs den Ruf eines Aktionskünstlers erworben. So rückte er, mit einer Schere bewaffnet, dem Tornetz vor der Ostkurve zu Leibe. Ungerührt vom Trubel trennte Pique Minuten lang Masche für Masche vom Gebälk. Piques Teamkollegen ließen derweil den Trainer in den Berliner Nachthimmel fliegen. Enrique hatte es diesmal nicht geschafft, dem Jubel zu entkommen.

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