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Champions-League-Finale: Real vs. Atlético: Wie der Fußball eine ganze Stadt spaltet

Champions-League-Finale

Real vs. Atlético: Wie der Fußball eine ganze Stadt spaltet

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    Reals Superstar Cristiano Ronaldo (l) und Atléticos Diego Costa sehen sich im Finale wieder.
    Reals Superstar Cristiano Ronaldo (l) und Atléticos Diego Costa sehen sich im Finale wieder. Foto: Emilio Naranjo (dpa)

    Der Riss geht quer durch die Stadt, durch ihre Viertel, durch viele Familien. Und sogar durchs spanische Königshaus: Thronerbe Felipe ist ein leidenschaftlicher Fan von Atlético de Madrid, Spaniens armen Aufsteigerklub, der gerade mit dem Gewinn der Meisterschaft für eine Sensation sorgte. Monarch Juan Carlos feuert derweil lieber den ehrwürdigen „königlichen“ Verein Real Madrid an. Dieser trägt ja schließlich auch die Königskrone im Wappen, musste sich in der Liga dieses Mal aber mit dem dritten Platz begnügen.

    Erstmals in der Geschichte treffen die beiden Madrider Stadtrivalen nun im Finale der Champions League, am Samstagabend in Lissabon, aufeinander. Kämpfen um den wichtigsten Vereinstitel Europas. Der lange Zeit belächelte Arbeiterklub aus dem Süden Madrids, der sich mit wenig Geld und viel Teamgeist nach ganz oben durchboxte. Und der reiche Nobelverein aus der nördlichen Stadthälfte, bei dem der Klubpräsident und Milliardär Florentino Pérez mit dem Scheckheft regiert und gerne die teuersten Spieler der Welt einkauft.

    Real vs. Atlético - oder: 500 Millionen gegen 120 Millionen

    Doch Geld ist nicht alles, wie man gerade sieht: Der Außenseiter Atlético de Madrid hat nicht einmal ein Viertel jenes Etats, mit dem die Fußball-Weltmacht Real Madrid klotzen kann – etwa 120 Millionen Euro gegen mehr als 500 Millionen. Kein Atlético-Spieler wird mit einem einzigen Monatsnettogehalt zum Millionär, wie es etwa bei Real-Star und Weltfußballer Cristiano Ronaldo der Fall ist. Und die Finanzprobleme von „Atleti“, wie der Underdog-Verein kurz genannt wird, zwingen ihn regelmäßig dazu, die besten Spieler zu verkaufen – auch Torjäger Diego Costa wird sich deswegen wohl verabschieden.

    Was ist das Erfolgsgeheimnis von Atlético? „Arbeit, Arbeit, Arbeit“, sagt Trainer Diego Simeone knapp. Der Argentinier hat es in zweieinhalb Jahren geschafft, aus seinem wilden Haufen von Spielern ein Team zu formen, in dem jeder bereit ist, für die Mannschaft zu sterben. „Gehe in jedes Spiel so, als wäre es dein letztes!“, feuert Simeone seine Männer an. „Hier ist keiner besser als der andere“, hämmerte er ihnen ins Gehirn. Mit Erfolg: Seine Kicker zeigen einen Kampfgeist, wie man ihn bei Real Madrid selten zu sehen bekommt.

    Zwei Welten spiegeln sich schon in den Stadien der beiden Rivalen wider: Die „Königlichen“ logieren in der komfortablen Bernabéu-Arena an Madrids feiner Prachtallee Paseo de la Castellana. Wo schon allein eine Besichtigungstour des Stadions happige 19 Euro kostet. Und die sündhaft teuren Spiel-Eintrittskarten für viele unter der Wirtschaftskrise leidenden Spanier unerschwinglich sind. Die „Matratzenmacher“, wie die Atlético-Kicker wegen ihres rot-weiß gestreiften Trikots genannt werden, rackern derweil im zugigen Calderón-Stadion an der Stadtautobahn. Stadion-Tour wie Spielbesuch sind sehr viel billiger als beim edlen Nachbarn.

    Fangesänge bei Atlético, Klassik bei Real

    Das Caldéron gilt als einer der „heißesten“ Plätze Spaniens, wo keine Lautsprechermusik, sondern Fangesänge die Tribünen vibrieren lassen. „Atleti, Atleti, Atlético de Madrid“ klingt es vielstimmig von den Rängen, „wir kämpfen wie Brüder“. Im Bernabéu läuft vor Spielbeginn die Puccini-Opernarie „Nessun Dorma“ vom Band mit den aufmunternden Zeilen „Ich werde siegen, ich werde siegen.“ Was die Anhänger vielleicht noch mit einem braven „Hala Madrid!“ (Auf gehts, Madrid) begleiten, und was dem Stadion den Beinamen „Oper“ einbrachte.

    Das ist Real Madrid

    Real Madrid ist der womöglich berühmteste Fußballverein der Welt.

    Der am 6. März 1902 gegründete Club hat etwa 90 000 Mitglieder.

    In seiner Vereinsgeschichte ist Real Madrid 32 Mal spanischer Meister geworden, hat 19 Mal den nationalen Pokal gewonnen und neun Mal die Champions League.

    Im legenären Santiago-Bernabéu-Stadion spielt Real Madrid seit 1947. Das Stadion fasst rund 81 000 Zuschauer.

    Die traditionelle Vereinsfarbe ist weiß. Der argentinische Fußballstar Alfredo di Stefano leitete in den 1950er Jahren die erfolgreichste Phase des Vereins ein und begründete dessen Ruf als "weißes Ballett".

    Um die Jahrtausendwende wurde wegen Spielern wie Ronaldo und Zinédine Zidane aus dem "weißen Ballett" die Galaktischen.

    Seit 1. Juni 2009 steht dem Verein Florentino Pérez als Präsident voran.

    Zu den aktuellen Stars gehören Spieler wie Cristiano Ronaldo, Sergio Ramos, Sami Khedira und Gareth Bale

    Das „Finalísima“ spaltet die spanische Hauptstadt derart, dass die Polizei den Plan der Madrider Bürgermeisterin Ana Botella, eine Riesenleinwand auf dem zentralen Platz „Puerta del Sol“ aufzustellen, entsetzt ablehnte. Das Champions-League-Finale sei „ein Spiel mit hohem Risiko“, warnte eine Sprecherin der Sicherheitsbehörden. Es sei „nicht die beste Idee“, die aufgeputschten Fans beider Klubs in der City aufeinandertreffen zu lassen. Beide Vereine bauen nun in ihren Stadien, die sieben Kilometer auseinander liegen, gigantische Bildschirme auf.

    Wie auch immer das Duell am Samstag in Lissabon ausgeht: In der spanischen Hauptstadt, in der die Herzen gespalten sind, wird es auf jeden Fall eine euphorische Siegesfiesta geben. Die drei Millionen Einwohner der Metropole befinden sich jetzt schon im Fußballrausch, der die Europawahl am Sonntag und die spanische Wirtschaftskrise aus den Köpfen verdrängt. Zumal es bei aller Rivalität ja keinen Zweifel gibt, dass ein Gewinner feststeht: „Madrid gewinnt die Champions League.“

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