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Champions League: FC Bayern: Verdrängen und hoffen

Champions League

FC Bayern: Verdrängen und hoffen

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    Bayern-Stürmer Luca Tonmi im Heimspiel gegen Girondins Bordeaux.
    Bayern-Stürmer Luca Tonmi im Heimspiel gegen Girondins Bordeaux. Foto: dpa

    In seiner bislang schwersten Stunde als Trainer des FC Bayern flüchtete sich Louis van Gaal zum serbisch-hessischen Fußball-Philosophen Dragoslav Stepanovic. "Das Leben geht weiter", verkündete der Holländer nach der 0:2-Niederlage Dienstagnacht gegen Girondins Bordeaux.

    Nicht für alle Beteiligten schien das so sicher. Die drei Herren auf den VIP-Plätzen, die nach dem Schlusspfiff stumm in sich zusammensanken, schienen mit dem Gedanken zu spielen, sich die Tribüne hinunterzustürzen. Die FC-Bayern-Troika mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, Manager Uli Hoeneß und Finanzchef Karl Hopfner hatte das Treffen mit den Franzosen vorher zum "Endspiel" ausgerufen. Ein Sieg sollte her, um aus eigenen Kräften das Achtelfinale zu erreichen. In solcher Situation erhöhen die Bosse gerne den Druck, weil sie noch immer glauben, dass ein in die Enge getriebener FC Bayern seine größten Taten vollbringt.

    Dienstagnacht sind die Münchner unter diesem Druck in die Knie gegangen. Bordeaux genügten zwei Torchancen, um das Spiel durch Treffer von Yoann Gourcuff (37.) und Marouane Chamakh (90.) für sich zu entscheiden. Dass beim 0:1 Mark van Bommel patzte ("das muss ich auf meine Kappe nehmen), beim 0:2 Butt und Badstuber sich gegenseitig behinderten, passt in den missratenen Auftritt. Mit ein wenig Glück hätten die Münchner das Blatt trotzdem wenden können. Fortuna aber zierte sich. Schon als Braafheids Flankenball die Querlatte des Girondins-Gehäuses touchiert hatte und erst recht nach einem Handspiel von Michael Ciani auf der Torlinie, das für die Gäste ohne Folgen geblieben war.

    "Es sind die Kleinigkeiten, die ein Spiel in der Champions League entscheiden", sagte van Gaal hinterher. Zu den Kleinigkeiten sind auch einige gute Torchancen zu rechnen, die Toni & Co. vergaben, nachdem die Münchner alles nach vorne geworfen hatten. Tatsächlich gescheitert aber sind die Bayern an den großen Dingen. Das Spiel des französischen Meisters war schneller, beweglicher und stabiler. Die Bayern dagegen kämpften sich erst spät mit holperigem Kraftfußball in die Partie. Am Ende triumphierte das Leichte über das Schwere.

    "In der Champions League muss man für den Erfolg sein bestes Spiel zeigen, aber es war nicht unser bestes Spiel. Wir waren einfach nicht gut genug", räumte van Gaal ein. Tatsächlich war es erschreckend, wie hilflos sich der Rekordmeister lange Zeit die Bälle zuschob. "Man hat gespürt, dass die Bayern ein geschwächtes Selbstvertrauen hatten, das haben wir ausgenutzt", sagte Girondins-Trainer Laurent Blanc.

    Vor allem über die linke Seite, wo Danijel Pranijc den gesperrten Thomas Müller vertrat, lief fast nichts. Zudem nährte Edson Braafheid wieder einmal den Verdacht, dass seine Verpflichtung auf einem Missverständnis beruht.

    Vorne fiel Miroslav Klose völlig aus und als am Ende Mario Gomez neben Luca Toni stürmte, drängten zwei Schwergewichte in dieselben Räume. "Wir können den französischen Meister noch nicht wegspielen", sagte van Gaal und betonte das "noch". Der Holländer sieht sein Millionen-Ensemble im Wachstum. Rummenigge & Co. aber mögen keine Mannschaft, die erst wachsen muss. In München schätzt man gereifte Teams. Ohne Franck Ribéry und einen austrainierten Arjen Robben kann van Gaal sein bevorzugtes 4-3-3-System nicht spielen. Die Alternative mit vier Mittelfeldakteuren und zwei Angreifern dagegen funktioniert nicht.

    Die Bayern klammern sich nun an den letzten Rest Hoffnung, es doch noch ins Viertelfinale zu schaffen, was mit viel Glück möglich ist, aber nicht mehr allein in Münchner Hand liegt. "Es sind noch zwei Spieltage, davor reden wir sicherlich nicht von der Euro League", verspricht beispielsweise Jörg Butt. Platz drei und der Abstieg in den UEFA-Cup-Nachfolgewettbewerb ist noch nicht einmal das Schlimmste, was den Bayern drohen könnte. (Siehe weiteren Artikel.) Gestern gab van Gaal dem Großteil der Mannschaft frei, "um den Kopf frisch zu machen und den Fokus auf Schalke zu kriegen".

    Wieder eine Art "Endspiel". Sollten die Bayern noch einmal 0:2 verlieren, wird das Leben in München zwar weitergehen, möglicherweise aber ohne Louis van Gaal. Anton Schwankhart

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