Die Trikotpanne war's nicht, die Matchwinner Joshua Kimmich beim mühsamen Champions-League-Erfolg des FC Bayern München in Moskau "peinlich" war.
Den jungen Anführer ärgerte beim 2:1 gegen Lokomotive Moskau vielmehr der von ihm als Peinlichkeit eingestufte Fehlversuch bei einer Großchance vor seinem späteren Siegtor. Durch den Fauxpas fühlte sich der Fußball-Nationalspieler in einer Art Bringschuld.
"Ich war es der Mannschaft auf jeden Fall schuldig", sagte Kimmich, der seinen sehenswerten Volleytreffer in der 79. Minute dann auch im richtigen Trikot erzielte. Vor der Pause zierte sein weißes Dress ein schwarzes Brust-Logo des Bayern-Sponsors. Erst nach dem Seitenwechsel war das auch bei ihm orange wie bei den Kollegen. Es war eine kleine Panne am Rande, so wie einige Münchner Defensivnachlässigkeiten, die den Gegner nach dem Führungstor von Leon Goretzka zum 1:1 durch Anton Mirantschuk eingeladen hatten. Aber Kimmich regelte ja auch diese Sache dann noch.
"Es waren drei Meter, die Hälfte des Tores war frei", beschrieb er seine vergebene Möglichkeit zum vorentscheidenden 2:0 nach einem perfekten Zuspiel von Serge Gnabry im Strafraum. "Ich habe den Ball schon auf mich zufliegen sehen und habe gedacht, den musst du jetzt machen, sonst bist du der Idiot hier", erzählte Kimmich bei Sky: "Am Ende war ich der Idiot." Aber nur am Ende dieser Aktion, später war der Führungsspieler wieder mal Matchwinner und Bayern-Retter.
"Zum Glück konnte ich das noch ausbessern", sagte Kimmich zu seinem Siegtor, bei dem sich Technik, Kraft und Mut zusammenfügten. Mit weit ausgebreiteten Armen empfing er anschließend die Gratulanten. "Ich habe es schon das eine oder andere Mal trainiert, auch außerhalb der Box das Tor zu machen. Eigentlich war das früher nicht wirklich meine Stärke, weil mir gerade in der Jugend ein bisschen die Schusskraft gefehlt hat. Jetzt in letzter Zeit klappt es ganz gut", berichtete Kimmich erfreut nach seinem unhaltbaren Distanzschuss.
Zum Auftakt der Mission Titelverteidigung in der Königsklasse fällt bei den Bayern die Torgefahr des Mittelfeldtrios Kimmich, Goretzka und Corentin Tolisso auf - auch dem Trainer. "Klar, ich freue mich, dass unsere Mittelfeldspieler torgefährlich sind", sagte Hansi Flick.
Beim 4:0-Auftakt gegen Atlético Madrid hatten Tolisso und Goretzka getroffen. In Moskau trafen Goretzka und Kimmich. Das Trio bildet das neue Kraftzentrum im Maschinenraum des Münchner Spiels. Vor allem Weltmeister Tolisso schickt sich nach reichlich Verletzungspech an, mit seinen speziellen Qualitäten als Box-to-Box-Spieler die Lücke zu füllen, die der zum FC Liverpool gewechselte Thiago hinterließ.
Dauerleister Kimmich ist längst ein unverzichtbarer Leader. Auch verbal. Der "Arbeitssieg" vor 8196 Zuschauern in der RŽD-Arena entsprach darum auch nicht seinen hohen Maßstäben. "Wir wissen, dass wir nicht jedes Spiel 3:0, 4:0, 5:0 gewinnen können, auch wenn das unser Anspruch irgendwo schon geworden ist, dass wir die Spiele souverän und auch deutlich gewinnen möchten", sagte der 25-Jährige.
Als der Bayern-Tross aber nach dem sofortigen Heimflug am Mittwoch um 3.00 Uhr wieder am Vereinsgelände in München angekommen war, hatte auch der Trainer längst einen Haken unter den extra kurz gehaltenen Russland-Trip gemacht. "Arbeitssieg, abhaken - und jetzt bereiten wir uns auf Köln vor", sagte Flick. Ausschlafen, ausruhen, auftanken - der Trainer verordnete Regeneration am trainingsfreien Mittwoch.
Moskau war ja nur die erste von vier Auswärtsaufgaben bis zur nächsten Länderspielpause. Auf Moskau folgen Köln, Salzburg und der Liga-Clásico am 7. November beim Rivalen Borussia Dortmund. Immer weiter, von Sieg zu Sieg, lautet das Bayern-Motto im Herbst 2020. "Dieser Spirit ist in der Mannschaft", sagte Kapitän Manuel Neuer.
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