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Bundesliga: Helden der Arbeit

Bundesliga

Helden der Arbeit

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    München Hinterher hob Jupp Heynckes zu einer solchen Hymne auf den Gegner an, dass die Journalisten den Eindruck hatten, er wolle sich für den nur knappen 2:1-Sieg gegen Hannover rechtfertigen. Den Erfolg aufwerten nach all den 6:0-, 7:1- und 7:0-Spektakeln.

    Dabei hatte die Führungsetage der Münchner ihren leitenden Angestellten gleich nach dem Schlusspfiff von jedem Rechtfertigungsdruck befreit. „Ein Riesenkompliment“ sprach Sportdirektor Christian Nerlinger der Truppe aus, „die sich einen Arbeitssieg erkämpft hatte“. In München haben sie ja mitunter die Sorgen, die Mannschaft könne nur spielen. Sobald ihr Zauber aber nicht verfängt und die Ärmel hochgekrempelt werden müssten, trete sie auf der Stelle.

    Das war ihr dieses Mal sicher nicht vorzuwerfen. Die 69000 Zuschauer in der Allianz-Arena hatten eine temporeiche und unterhaltsame Partie erlebt, in der die Gastgeber in den entscheidenden Momenten ihre Klasse ausgespielt haben. Damit bleiben sie Tabellenführer Dortmund auf den Fersen, konnten den Fünf-Punkte-Rückstand aber nicht verkleinern.

    Das 1:0 durch Kroos (39.) war ein fußballerisches Gesamtkunstwerk, für das Ribéry mit kurzem Solo und Außenristpass auf Robben das Gerüst lieferte. Der Holländer, ahnend, dass in seinem Rücken Kroos wartet, verlängert mit der Hacke weiter und Kroos schaufelte den Ball über Hannovers Torhüter Zieler ins Netz. Den Bruchteil einer Sekunde herrschte fassungslose Stille im Stadion, dann rollte die Begeisterung lärmend über die Ränge.

    Oft ist es ja so, dass sich die Qualität einer Mannschaft nicht an den Spielern auf dem Rasen bemisst, sondern an jenigen, die auf der Bank sitzen. Im Fall des FC Bayern waren das der Bundesliga- und der WM-Torschützenkönig, Mario Gomez und Thomas Müller.

    Heynckes hatte ihnen eine Pause gegönnt. Ein riskanter Luxus, den sich nur die Münchner leisten können. Was, wenn Heynckes mit seinen Pausennummern die Meisterschaft endgültig verspielt hätte? Rummenigge und Beckenbauer hätten getobt. („Wer gewinnen will, muss mit der besten Elf spielen.“) Schließlich, das hat auch Uli Hoeneß eingeräumt, „war Hannover stark“. Die Mannschaft von Trainer Slomka zählt inzwischen zur gehobenen Mittelklasse der Bundesliga und hat nicht zufällig das Viertelfinale der Europa League erreicht. In München waren die Niedersachsen am Ende dem 2:2 so nahe wie zur Halbzeit einem mittelprächtigen Debakel. Hätten Ribéry, Olic, der erstmals in der Startelf stand, oder Robben ihre Chancen so entschlossen genutzt, wie in den Wochen zuvor – Hannover wäre nichts mehr geblieben, als den Schaden zu begrenzen.

    So aber blieb immer Hoffnung für die Gäste. Auch genährt von Manuel Neuer, dessen Feldspielversuche Heynckes’ Blutdruck in den roten Bereich treiben. Neuers schlampige Ballannahme zwang Badstuber zu einer riskanten Rettungsaktion, an der sich noch ein halbes Dutzend Akteure beider Lager unter Einsatz ihres Lebens beteiligte.

    Nach einer Stunde spielte Heynckes doch seine Trümpfe aus. Gomez führte sich mit einem Pfostenschuss ein, der an jenen aus dem Pokalhalbfinale zwischen Greuther Fürth und Dortmund erinnerte. Vom Pfosten prallte der Ball an den Rücken von Torhüter Zieler – überquerte aber nicht die Torlinie (62.). Im zweiten Anlauf aber lag die Kugel im Netz. Gomez tanzte Pander auf der Fläche von vier Bierdeckeln aus und erzielte das 2:0 (69.). Beinahe hätte auch Boateng noch getroffen – allerdings ins eigene Tor. Neuer aber parierte den Versuch glänzend.

    „Die Bayern haben zum richtigen Zeitpunkt ihre Tore gemacht“, bedauerte Mirko Slomka. Für einen, der mit null Punkten nach Hause fährt, wirkte Hannovers Trainer heiter. Es war Ya Konans artistischer Fallrückzieher, der ihn nach dem Schlusspfiff noch lächeln ließ. Slomka: „Wir waren nah dran, das tut auch gut. Das Tor hat gezeigt, dass wir auch Power haben.“

    Die werden sie weiter brauchen, wenn sie am Donnerstag im Viertelfinal-Hinspiel der Europa League zu Atletico Madrid müssen. Klubchef Martin Kind wagte dennoch eine mutige Prognose für die Reise nach Spanien: „Ich bin überzeugt, dass wir in Madrid nicht verlieren.“ Uli Hoeneß lehnte sich vor dem Champions-League-Hinspiel in Marseille ebenfalls weit aus dem Fenster: „Ein Unentschieden. Das müsste dann reichen.“ In puncto Selbstbewusstsein hat Hannover wenigstens einen Punkt aus München mitgenommen.

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