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Bundesliga: Der Fall Reschke: Müssen Manager manchmal lügen?

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Der Fall Reschke: Müssen Manager manchmal lügen?

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    Michael Reschke fiel zuletzt durch „Wahrheitsbeugung“ auf – wie er seine Lüge nannte. Obwohl klar war, dass Tayfun Korkut zur Diskussion steht, gab er ihm eine Job-Garantie. Reschke ist nicht der erste Schwindler im Fußballgeschäft. So offensichtlich erzählten bisher allerdings wenige die Unwahrheit.
    Michael Reschke fiel zuletzt durch „Wahrheitsbeugung“ auf – wie er seine Lüge nannte. Obwohl klar war, dass Tayfun Korkut zur Diskussion steht, gab er ihm eine Job-Garantie. Reschke ist nicht der erste Schwindler im Fußballgeschäft. So offensichtlich erzählten bisher allerdings wenige die Unwahrheit. Foto: Witters

    Es könnte so einfach sein: Ein Ball, ein Tor, dazwischen ein paar rassige Zweikämpfe und gelungene Seitenverlagerungen – mehr braucht ein Spiel eigentlich nicht, um Fußballfans zum örtlichen Bolzplatz oder in die Allianz Arena zu locken. Taktik wird dagegen eher als spröde empfunden, dabei ist sie entscheidend – auf und neben dem Platz. Mit verdeckten Karten zu spielen, gehört zum kleinen Einmaleins des Bundesliga-Managers. Das äußert sich bisweilen in einer Rhetorik, die darauf abzielt, dem Publikum zumindest einen Teil der ganzen Wahrheit vorzuenthalten.

    Da kann man es halten wie Niko Kovac, der im Frühjahr dieses Jahres, damals noch in Diensten von Eintracht Frankfurt, erklärte: „Es gibt keinen Grund daran zu zweifeln, dass ich im nächsten Jahr hier Trainer sein werde.“ Wohlwissend, dass Jupp Heynckes demnächst den begehrten Posten als Bayern-Coach räumen würde, fügte er dann aber eilig an: „Stand jetzt.“ Knapp zwei Wochen später wurde Kovac als neuer Übungsleiter des Rekordmeisters vorgestellt. „Stand jetzt“, „Bis auf weiteres“, „Dazu ist alles gesagt“ – unter dem Gewand altbekannter Floskeln versteckt sich meist eine zweite Wahrheit, das weiß der leidgeprüfte Fußball-Fan.

    Der Fall Reschke: Erst Vertrauen aussprechen, dann entlassen

    Michael Reschke, Sportvorstand des VfB Stuttgart, entschloss sich dagegen gewissermaßen für den direkteren Weg. Er log, als er seinem Trainer Tayfun Korkut am Wochenende öffentlich das Vertrauen aussprach („Die Trainerfrage stellt sich nicht“), nur um ihn am nächsten Morgen zu entlassen. „Massive Wahrheitsbeugung“ nennt Reschke das, „ein bisschen Flunkern“ gehöre eben dazu. Müssen Manager manchmal schlichtweg lügen?

    Ottmar Hitzfeld, hinter dessen Rücken Uli Hoeneß 2008 mit Jürgen Klinsmann als neuem Bayern-Trainer verhandelte, hat für Reschkes Vorgehen keinerlei Verständnis: „Es ist immer eine Frage der Formulierung. Auch wenn man nicht weiß, ob der Trainer bleibt oder nicht, muss man das rhetorisch besser ausdrücken, sodass man sich eine Hintertür offenlassen kann“, sagte der 69-Jährige. „So, wie das in Stuttgart passiert ist, ist das kein guter Stil. Ich finde das respektlos. Man sollte offen miteinander umgehen.“ Auch der Bund Deutscher Fußball-Lehrer bezichtigte Reschke eines Stils, „der mit seriösem Fußball nichts zu tun hat“, und polterte in Person des Präsidenten Lutz Hangartner: „Die Art und Weise, wie hier mit Trainern umgegangen wird, ist nicht akzeptabel.“

    Hitzfelds und Hangartners Kommentare eint ein Wunsch, den Fans jedes Klubs wohl unterstützen würden. Ehrlichkeit, Loyalität, Vertrauen – das sind Werte, die von Ultras gleichermaßen gewünscht und gefordert werden wie von weniger organisierten Fangruppen. Fakt ist aber: Die Bundesliga ist oft ein verlogenes Geschäft. Selten kommt das so offen zum Vorschein wie in den vergangenen Tagen.

    Reschke jedenfalls empfindet sein Verhalten als notwendig. „Es geht immer um das, was in der aktuellen Situation für den VfB Stuttgart das Beste ist. Wenn dann mal ein, zwei Fälle passiert sind, wo eine massive Wahrheitsbeugung vielleicht vorgelegen hat, dann ist das einfach so“, sagte er nonchalant. „Ich kann gut damit leben. Ich glaube, dass ich sehr glaubwürdig bin im Vorgehen und vielen Aussagen, die ich treffe.“

    Seine Lüge vom Samstagnachmittag ist nicht die erste der Liga. Christoph Daum berief sich einst auf ein absolut reines Gewissen und wurde doch überführt, Kokain konsumiert zu haben. 1989 schwor Andy Möller den Fans von Borussia Dortmund über das Stadionmikrofon die Treue und wechselte doch zurück zu Eintracht Frankfurt.

    Was Reschke von all den anderen allerdings unterscheidet: Er räumt sein Verhalten ein, ohne das Wort Lüge zu benutzen. Und kündigt an, dass weitere Lügen folgen könnten. Denn eine Aussage von ihm aus dem Winter, ausgesprochen nach dem zuvor ausgeschlossenen Wechsel von Stürmer Simon Terodde von Stuttgart nach Köln, lautet wie folgt: „Wenn es sein muss und im Sinne des VfB Stuttgart ist und im Sinne von Spielern ist, dann werde ich von diesem Recht die Wahrheit zu beugen auch weiter Gebrauch machen. Auch wenn es für den einen oder anderen danach schwerer zu verarbeiten ist.“ (mit dpa)

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